Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.den zu sein. Der Schnellsegler hatte auch ihm Privatnachrichten mitgebracht. Seine freudige Sehnsucht nach der Mutter war in tiefe Wehmuth verwandelt. Jene Ausstattung, vielleicht aus einem vorahnenden Gefühl so reich, sollte ihr letztes mütterliches Opfer sein. Sie hatte ihn auf das auserwählte Meer seines Standes, so wie auf das des Lebens, fröhlich hinaussegeln gesehn und legte sich, als der Sohn ihrem Blick entschwunden war, mit Freudigkeit zu der langen Ruhe nieder. Woldemar bezwang männlich seinen Schmerz wie seine Thränen, nur eine trübe Wolke hing über seinem sonst heitern Blick, welche der Freund zu schonen und zu ehren wußte. Die Rückreise begann, glücklich und schnell, obwohl den voreilenden Wünschen nur zu langsam; doch kaum waren die Hebriden passirt, als die herbstlichen Stürme ihre fürchterlichen Rechte geltend machten, und mit um so mehr anhaltender Wuth, als das stolze Gebäude, das mit der Ruhe des Schwans durch die wilden Wogen schwamm, lange ihrer Drohungen zu spotten schien; doch endlich einmal der vereinten Gewalt des Sturmes und des Meeres hingegeben, zeigte es in seiner Niederlage der bleichen aber muthigen Mannschaft durch das Wolkengrau mehrerer Tage den Anblick eines unerbittlichen Todes, dessen schreckliche Mahnungen in den schwarzen Nächten von unten und von oben und ringsum um so lauter brüllten. Immer wo möglich in Thätigkeit gehalten, suchten die besorgten Leute ihr den zu sein. Der Schnellsegler hatte auch ihm Privatnachrichten mitgebracht. Seine freudige Sehnsucht nach der Mutter war in tiefe Wehmuth verwandelt. Jene Ausstattung, vielleicht aus einem vorahnenden Gefühl so reich, sollte ihr letztes mütterliches Opfer sein. Sie hatte ihn auf das auserwählte Meer seines Standes, so wie auf das des Lebens, fröhlich hinaussegeln gesehn und legte sich, als der Sohn ihrem Blick entschwunden war, mit Freudigkeit zu der langen Ruhe nieder. Woldemar bezwang männlich seinen Schmerz wie seine Thränen, nur eine trübe Wolke hing über seinem sonst heitern Blick, welche der Freund zu schonen und zu ehren wußte. Die Rückreise begann, glücklich und schnell, obwohl den voreilenden Wünschen nur zu langsam; doch kaum waren die Hebriden passirt, als die herbstlichen Stürme ihre fürchterlichen Rechte geltend machten, und mit um so mehr anhaltender Wuth, als das stolze Gebäude, das mit der Ruhe des Schwans durch die wilden Wogen schwamm, lange ihrer Drohungen zu spotten schien; doch endlich einmal der vereinten Gewalt des Sturmes und des Meeres hingegeben, zeigte es in seiner Niederlage der bleichen aber muthigen Mannschaft durch das Wolkengrau mehrerer Tage den Anblick eines unerbittlichen Todes, dessen schreckliche Mahnungen in den schwarzen Nächten von unten und von oben und ringsum um so lauter brüllten. Immer wo möglich in Thätigkeit gehalten, suchten die besorgten Leute ihr <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0048"/> den zu sein. Der Schnellsegler hatte auch ihm Privatnachrichten mitgebracht. Seine freudige Sehnsucht nach der Mutter war in tiefe Wehmuth verwandelt. Jene Ausstattung, vielleicht aus einem vorahnenden Gefühl so reich, sollte ihr letztes mütterliches Opfer sein. Sie hatte ihn auf das auserwählte Meer seines Standes, so wie auf das des Lebens, fröhlich hinaussegeln gesehn und legte sich, als der Sohn ihrem Blick entschwunden war, mit Freudigkeit zu der langen Ruhe nieder. Woldemar bezwang männlich seinen Schmerz wie seine Thränen, nur eine trübe Wolke hing über seinem sonst heitern Blick, welche der Freund zu schonen und zu ehren wußte.</p><lb/> <p>Die Rückreise begann, glücklich und schnell, obwohl den voreilenden Wünschen nur zu langsam; doch kaum waren die Hebriden passirt, als die herbstlichen Stürme ihre fürchterlichen Rechte geltend machten, und mit um so mehr anhaltender Wuth, als das stolze Gebäude, das mit der Ruhe des Schwans durch die wilden Wogen schwamm, lange ihrer Drohungen zu spotten schien; doch endlich einmal der vereinten Gewalt des Sturmes und des Meeres hingegeben, zeigte es in seiner Niederlage der bleichen aber muthigen Mannschaft durch das Wolkengrau mehrerer Tage den Anblick eines unerbittlichen Todes, dessen schreckliche Mahnungen in den schwarzen Nächten von unten und von oben und ringsum um so lauter brüllten. Immer wo möglich in Thätigkeit gehalten, suchten die besorgten Leute ihr<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0048]
den zu sein. Der Schnellsegler hatte auch ihm Privatnachrichten mitgebracht. Seine freudige Sehnsucht nach der Mutter war in tiefe Wehmuth verwandelt. Jene Ausstattung, vielleicht aus einem vorahnenden Gefühl so reich, sollte ihr letztes mütterliches Opfer sein. Sie hatte ihn auf das auserwählte Meer seines Standes, so wie auf das des Lebens, fröhlich hinaussegeln gesehn und legte sich, als der Sohn ihrem Blick entschwunden war, mit Freudigkeit zu der langen Ruhe nieder. Woldemar bezwang männlich seinen Schmerz wie seine Thränen, nur eine trübe Wolke hing über seinem sonst heitern Blick, welche der Freund zu schonen und zu ehren wußte.
Die Rückreise begann, glücklich und schnell, obwohl den voreilenden Wünschen nur zu langsam; doch kaum waren die Hebriden passirt, als die herbstlichen Stürme ihre fürchterlichen Rechte geltend machten, und mit um so mehr anhaltender Wuth, als das stolze Gebäude, das mit der Ruhe des Schwans durch die wilden Wogen schwamm, lange ihrer Drohungen zu spotten schien; doch endlich einmal der vereinten Gewalt des Sturmes und des Meeres hingegeben, zeigte es in seiner Niederlage der bleichen aber muthigen Mannschaft durch das Wolkengrau mehrerer Tage den Anblick eines unerbittlichen Todes, dessen schreckliche Mahnungen in den schwarzen Nächten von unten und von oben und ringsum um so lauter brüllten. Immer wo möglich in Thätigkeit gehalten, suchten die besorgten Leute ihr
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