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Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Kann ihn ja immer früh genug erhalten. Ach wenn du wüßtest, was es mich kostet, mich von ihm zu trennen! Noch hat es mir an Kraft dazu gefehlt; auch sinne ich in der That auf einen unschuldigen Betrug. Niemand weiß, daß ich ihn gefunden.

Dock, -- vielleicht, wer weiß! verbesserte Holger schnell.

Ja wenn es so wäre, dürfte ich wohl nicht zögern, und doch möcht' ich so gern! -- das wäre recht verdrießlich. Setze dich zu mir und höre, wie sonderbar sich Alles gefügt, fuhr Woldemar unbefangen fort. So wisse denn: der kleine Affe des Capitäns ist der Dieb; wenigstens muß ich es vermuthen, denn er reißt sich, wie du weißt, alle Augenblicke los, und da er immer gezüchtigt wird, wenn er in seinem unerlaubten Freiheitszustande kleine Schelmstücke verübt, so mag ihn vielleicht Schlauheit oder Rache oder Gott weiß was gelockt haben, den Raub irgendwo zu verstecken, wo er nicht mehr hinkommen konnte, weil er wieder erwischt und angebunden war. Jedoch vor ein Paar Tagen hatte er sich wieder losgerissen, und sei es nun Zufall oder wirklich Absicht, er hat seinen Schlupfwinkel aufgesucht und sich nachher an einen Ort versteckt, wo ich ihn gewahr wurde; als ich mich nun ihm behutsam näherte, denn noch hatte Niemand außer mir seine Flucht bemerkt, und mit einem vorgehaltenen Stück Segeltuch vorbeugen wollte, daß er nicht den Mastkorb suchte, fuhr er indessen die Treppe zum Raume hinab.

Kann ihn ja immer früh genug erhalten. Ach wenn du wüßtest, was es mich kostet, mich von ihm zu trennen! Noch hat es mir an Kraft dazu gefehlt; auch sinne ich in der That auf einen unschuldigen Betrug. Niemand weiß, daß ich ihn gefunden.

Dock, — vielleicht, wer weiß! verbesserte Holger schnell.

Ja wenn es so wäre, dürfte ich wohl nicht zögern, und doch möcht' ich so gern! — das wäre recht verdrießlich. Setze dich zu mir und höre, wie sonderbar sich Alles gefügt, fuhr Woldemar unbefangen fort. So wisse denn: der kleine Affe des Capitäns ist der Dieb; wenigstens muß ich es vermuthen, denn er reißt sich, wie du weißt, alle Augenblicke los, und da er immer gezüchtigt wird, wenn er in seinem unerlaubten Freiheitszustande kleine Schelmstücke verübt, so mag ihn vielleicht Schlauheit oder Rache oder Gott weiß was gelockt haben, den Raub irgendwo zu verstecken, wo er nicht mehr hinkommen konnte, weil er wieder erwischt und angebunden war. Jedoch vor ein Paar Tagen hatte er sich wieder losgerissen, und sei es nun Zufall oder wirklich Absicht, er hat seinen Schlupfwinkel aufgesucht und sich nachher an einen Ort versteckt, wo ich ihn gewahr wurde; als ich mich nun ihm behutsam näherte, denn noch hatte Niemand außer mir seine Flucht bemerkt, und mit einem vorgehaltenen Stück Segeltuch vorbeugen wollte, daß er nicht den Mastkorb suchte, fuhr er indessen die Treppe zum Raume hinab.

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[0041] Kann ihn ja immer früh genug erhalten. Ach wenn du wüßtest, was es mich kostet, mich von ihm zu trennen! Noch hat es mir an Kraft dazu gefehlt; auch sinne ich in der That auf einen unschuldigen Betrug. Niemand weiß, daß ich ihn gefunden. Dock, — vielleicht, wer weiß! verbesserte Holger schnell. Ja wenn es so wäre, dürfte ich wohl nicht zögern, und doch möcht' ich so gern! — das wäre recht verdrießlich. Setze dich zu mir und höre, wie sonderbar sich Alles gefügt, fuhr Woldemar unbefangen fort. So wisse denn: der kleine Affe des Capitäns ist der Dieb; wenigstens muß ich es vermuthen, denn er reißt sich, wie du weißt, alle Augenblicke los, und da er immer gezüchtigt wird, wenn er in seinem unerlaubten Freiheitszustande kleine Schelmstücke verübt, so mag ihn vielleicht Schlauheit oder Rache oder Gott weiß was gelockt haben, den Raub irgendwo zu verstecken, wo er nicht mehr hinkommen konnte, weil er wieder erwischt und angebunden war. Jedoch vor ein Paar Tagen hatte er sich wieder losgerissen, und sei es nun Zufall oder wirklich Absicht, er hat seinen Schlupfwinkel aufgesucht und sich nachher an einen Ort versteckt, wo ich ihn gewahr wurde; als ich mich nun ihm behutsam näherte, denn noch hatte Niemand außer mir seine Flucht bemerkt, und mit einem vorgehaltenen Stück Segeltuch vorbeugen wollte, daß er nicht den Mastkorb suchte, fuhr er indessen die Treppe zum Raume hinab.

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T13:52:36Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T13:52:36Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kruse_freundschaft_1910/41>, abgerufen am 23.11.2024.