Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.sonderbar! Nun, Kamerad! wir sprechen nicht weiter von der Sache. Das ist eine Lüge! rief Holger aufgebracht. Lüge! erwiderte John eben so, doch bald gefaßt fügte er hinzu: Es wird sich ausweisen; ich habe den Ring, ehe er vermißt ward, nur zu genau betrachtet; und dann -- nimm dein Wort zurück. -- John gesellte sich schnell zu einem Andern. Glühend vor Zorn, kaum fähig sich zurückzuhalten, starrte Holger ihm nach. Fast vergebens strebte er sich zu fassen, damit der Freund, den er geradezu fragen wollte, nicht den gemeinen Verdacht ahnete, der in John's tückischem Blick, trotz seiner Unwahrscheinlichkeit, doch nicht undeutlich sich ausgesprochen und ihm das rasche Wort entrissen, das er bereit war mit Blut zu besiegeln, obgleich er keinen Anlaß geben mochte, das Leben seines Freundes aufs Spiel zu setzen. Allein unfähig, sich zu verstellen, trat er vor Woldemar mit einem so düstern Ansehen, daß dieser verwundert fragte, was ihm fehle. habe mich ein wenig geärgert, erwiderte er, laß das! Es war nur eine unangenehme Erinnerung an den verschwundenen Ring, ein neues Wundern über dessen unbegreiflichen Verlust, und -- Ich habe ihn, unterbrach ihn Woldemar lebhaft; das Unbegreifliche läßt sich erklären. Du hast ihn? rief Holger jetzt erstaunt, du, und der Capitän -- sonderbar! Nun, Kamerad! wir sprechen nicht weiter von der Sache. Das ist eine Lüge! rief Holger aufgebracht. Lüge! erwiderte John eben so, doch bald gefaßt fügte er hinzu: Es wird sich ausweisen; ich habe den Ring, ehe er vermißt ward, nur zu genau betrachtet; und dann — nimm dein Wort zurück. — John gesellte sich schnell zu einem Andern. Glühend vor Zorn, kaum fähig sich zurückzuhalten, starrte Holger ihm nach. Fast vergebens strebte er sich zu fassen, damit der Freund, den er geradezu fragen wollte, nicht den gemeinen Verdacht ahnete, der in John's tückischem Blick, trotz seiner Unwahrscheinlichkeit, doch nicht undeutlich sich ausgesprochen und ihm das rasche Wort entrissen, das er bereit war mit Blut zu besiegeln, obgleich er keinen Anlaß geben mochte, das Leben seines Freundes aufs Spiel zu setzen. Allein unfähig, sich zu verstellen, trat er vor Woldemar mit einem so düstern Ansehen, daß dieser verwundert fragte, was ihm fehle. habe mich ein wenig geärgert, erwiderte er, laß das! Es war nur eine unangenehme Erinnerung an den verschwundenen Ring, ein neues Wundern über dessen unbegreiflichen Verlust, und — Ich habe ihn, unterbrach ihn Woldemar lebhaft; das Unbegreifliche läßt sich erklären. Du hast ihn? rief Holger jetzt erstaunt, du, und der Capitän — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0040"/> sonderbar! Nun, Kamerad! wir sprechen nicht weiter von der Sache.</p><lb/> <p>Das ist eine Lüge! rief Holger aufgebracht.</p><lb/> <p>Lüge! erwiderte John eben so, doch bald gefaßt fügte er hinzu: Es wird sich ausweisen; ich habe den Ring, ehe er vermißt ward, nur zu genau betrachtet; und dann — nimm dein Wort zurück. — John gesellte sich schnell zu einem Andern.</p><lb/> <p>Glühend vor Zorn, kaum fähig sich zurückzuhalten, starrte Holger ihm nach. Fast vergebens strebte er sich zu fassen, damit der Freund, den er geradezu fragen wollte, nicht den gemeinen Verdacht ahnete, der in John's tückischem Blick, trotz seiner Unwahrscheinlichkeit, doch nicht undeutlich sich ausgesprochen und ihm das rasche Wort entrissen, das er bereit war mit Blut zu besiegeln, obgleich er keinen Anlaß geben mochte, das Leben seines Freundes aufs Spiel zu setzen.</p><lb/> <p>Allein unfähig, sich zu verstellen, trat er vor Woldemar mit einem so düstern Ansehen, daß dieser verwundert fragte, was ihm fehle.</p><lb/> <p> habe mich ein wenig geärgert, erwiderte er, laß das! Es war nur eine unangenehme Erinnerung an den verschwundenen Ring, ein neues Wundern über dessen unbegreiflichen Verlust, und —</p><lb/> <p>Ich habe ihn, unterbrach ihn Woldemar lebhaft; das Unbegreifliche läßt sich erklären.</p><lb/> <p>Du hast ihn? rief Holger jetzt erstaunt, du, und der Capitän —</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0040]
sonderbar! Nun, Kamerad! wir sprechen nicht weiter von der Sache.
Das ist eine Lüge! rief Holger aufgebracht.
Lüge! erwiderte John eben so, doch bald gefaßt fügte er hinzu: Es wird sich ausweisen; ich habe den Ring, ehe er vermißt ward, nur zu genau betrachtet; und dann — nimm dein Wort zurück. — John gesellte sich schnell zu einem Andern.
Glühend vor Zorn, kaum fähig sich zurückzuhalten, starrte Holger ihm nach. Fast vergebens strebte er sich zu fassen, damit der Freund, den er geradezu fragen wollte, nicht den gemeinen Verdacht ahnete, der in John's tückischem Blick, trotz seiner Unwahrscheinlichkeit, doch nicht undeutlich sich ausgesprochen und ihm das rasche Wort entrissen, das er bereit war mit Blut zu besiegeln, obgleich er keinen Anlaß geben mochte, das Leben seines Freundes aufs Spiel zu setzen.
Allein unfähig, sich zu verstellen, trat er vor Woldemar mit einem so düstern Ansehen, daß dieser verwundert fragte, was ihm fehle.
habe mich ein wenig geärgert, erwiderte er, laß das! Es war nur eine unangenehme Erinnerung an den verschwundenen Ring, ein neues Wundern über dessen unbegreiflichen Verlust, und —
Ich habe ihn, unterbrach ihn Woldemar lebhaft; das Unbegreifliche läßt sich erklären.
Du hast ihn? rief Holger jetzt erstaunt, du, und der Capitän —
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