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Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905.

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halbes Jahr nach seiner Begründung, hatte der Verein soweit
ausreichende Mittel zusammengebracht, daß er die Eröffnung
eines Mädchengymnasiums für Ostern 1900 ins Auge fassen
konnte. Er erbat in einer Eingabe an die Regierung vom
10. Oktober 1899 die Erlaubnis, zunächst eine Sexta und Un-
tertertia eröffnen zu dürfen. Geldmittel, lediglich von Pri-
vaten bereitwilligst zur Verfügung gestellt, waren vorhanden.
Meldungen von Schülerinnen standen in sicherer Aussicht, einige
70 Universitätslehrer und Schulmänner unterstützten die Ein-
gabe des Vereins durch das Gewicht ihres Namens 1). Trotz-
dem wurde die Eingabe von seiten der Regierung kurzweg
abgelehnt.

Die Zeit, in welcher die Eingabe dem Ministerium zur
Entscheidung vorlag, war eine äußerst ungünstige. Kultus-
minister Studt war erst seit kurzem in sein Amt eingetreten,
in einem Erlaß, auf welchen auch der Cölner Verein bei dem
ablehnenden Entscheid verwiesen wurde, hatte sein Vorgänger,
Herr Bosse, seine Anschauungen über die gymnasiale Aus-
bildung der Mädchen niedergelegt. Der Erlaß faßte die Gym-
nasialausbildung der Frauen lediglich als nicht zu vermeidende
Vorbereitung zu dem ihnen nun einmal eröffneten Universi-
tätsstudium, welche auf möglichst kurzem Wege erworben wer-
den könne. So gering war sogar der Bildungswert des hu-
manistischen Gymnasiums eingeschätzt, daß der Erlaß ausdrück-
lich betonte, gerade den Frauen, welche durch das Studium,
wie es dann weiter heißt, "schwerere Lebensbedingungen auf

1) Darunter: Theodor Mommsen, Franz Bücheler, Hermann
Ufener, Hermann Hüffer, Alexander Conze, Ulrich v. Wilamowitz-
Möllendorf, Oskar Jäger, Reinhold Koser, Erich Marcks, Friedrich
Marx, Benno Erdmann, Otto Hirschfeld, Ernst Fabricius, Otto
Pfleiderer u. a. m.

halbes Jahr nach seiner Begründung, hatte der Verein soweit
ausreichende Mittel zusammengebracht, daß er die Eröffnung
eines Mädchengymnasiums für Ostern 1900 ins Auge fassen
konnte. Er erbat in einer Eingabe an die Regierung vom
10. Oktober 1899 die Erlaubnis, zunächst eine Sexta und Un-
tertertia eröffnen zu dürfen. Geldmittel, lediglich von Pri-
vaten bereitwilligst zur Verfügung gestellt, waren vorhanden.
Meldungen von Schülerinnen standen in sicherer Aussicht, einige
70 Universitätslehrer und Schulmänner unterstützten die Ein-
gabe des Vereins durch das Gewicht ihres Namens 1). Trotz-
dem wurde die Eingabe von seiten der Regierung kurzweg
abgelehnt.

Die Zeit, in welcher die Eingabe dem Ministerium zur
Entscheidung vorlag, war eine äußerst ungünstige. Kultus-
minister Studt war erst seit kurzem in sein Amt eingetreten,
in einem Erlaß, auf welchen auch der Cölner Verein bei dem
ablehnenden Entscheid verwiesen wurde, hatte sein Vorgänger,
Herr Bosse, seine Anschauungen über die gymnasiale Aus-
bildung der Mädchen niedergelegt. Der Erlaß faßte die Gym-
nasialausbildung der Frauen lediglich als nicht zu vermeidende
Vorbereitung zu dem ihnen nun einmal eröffneten Universi-
tätsstudium, welche auf möglichst kurzem Wege erworben wer-
den könne. So gering war sogar der Bildungswert des hu-
manistischen Gymnasiums eingeschätzt, daß der Erlaß ausdrück-
lich betonte, gerade den Frauen, welche durch das Studium,
wie es dann weiter heißt, „schwerere Lebensbedingungen auf

1) Darunter: Theodor Mommsen, Franz Bücheler, Hermann
Ufener, Hermann Hüffer, Alexander Conze, Ulrich v. Wilamowitz-
Möllendorf, Oskar Jäger, Reinhold Koser, Erich Marcks, Friedrich
Marx, Benno Erdmann, Otto Hirschfeld, Ernst Fabricius, Otto
Pfleiderer u. a. m.
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[78/0088] halbes Jahr nach seiner Begründung, hatte der Verein soweit ausreichende Mittel zusammengebracht, daß er die Eröffnung eines Mädchengymnasiums für Ostern 1900 ins Auge fassen konnte. Er erbat in einer Eingabe an die Regierung vom 10. Oktober 1899 die Erlaubnis, zunächst eine Sexta und Un- tertertia eröffnen zu dürfen. Geldmittel, lediglich von Pri- vaten bereitwilligst zur Verfügung gestellt, waren vorhanden. Meldungen von Schülerinnen standen in sicherer Aussicht, einige 70 Universitätslehrer und Schulmänner unterstützten die Ein- gabe des Vereins durch das Gewicht ihres Namens 1). Trotz- dem wurde die Eingabe von seiten der Regierung kurzweg abgelehnt. Die Zeit, in welcher die Eingabe dem Ministerium zur Entscheidung vorlag, war eine äußerst ungünstige. Kultus- minister Studt war erst seit kurzem in sein Amt eingetreten, in einem Erlaß, auf welchen auch der Cölner Verein bei dem ablehnenden Entscheid verwiesen wurde, hatte sein Vorgänger, Herr Bosse, seine Anschauungen über die gymnasiale Aus- bildung der Mädchen niedergelegt. Der Erlaß faßte die Gym- nasialausbildung der Frauen lediglich als nicht zu vermeidende Vorbereitung zu dem ihnen nun einmal eröffneten Universi- tätsstudium, welche auf möglichst kurzem Wege erworben wer- den könne. So gering war sogar der Bildungswert des hu- manistischen Gymnasiums eingeschätzt, daß der Erlaß ausdrück- lich betonte, gerade den Frauen, welche durch das Studium, wie es dann weiter heißt, „schwerere Lebensbedingungen auf 1) Darunter: Theodor Mommsen, Franz Bücheler, Hermann Ufener, Hermann Hüffer, Alexander Conze, Ulrich v. Wilamowitz- Möllendorf, Oskar Jäger, Reinhold Koser, Erich Marcks, Friedrich Marx, Benno Erdmann, Otto Hirschfeld, Ernst Fabricius, Otto Pfleiderer u. a. m.

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-11-13T13:59:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905/88>, abgerufen am 06.05.2024.