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Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905.

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einen auf gleicher Höhe mit dem seinen stehenden Unterricht
zu geben.

An solchen Lehrerinnen aber fehlte es damals fast voll-
ständig. Man kannte nur seminaristisch gebildete Lehrerinnen
und die Lehrerinnen-Seminare waren und sind nach dem Ur-
teile Sachverständiger noch jetzt in hohem Maße reformbe-
dürftig.

Daher die zweite Forderung jener Petition, die Regie-
rung möge den Lehrerinnen Gelegenheit zu wissenschaftlicher
Ausbildung geben.

Auf diesen Punkt legte der Allgemeine Deutsche Lehre-
rinnenverein besonderes Gewicht.

Der Fraueneinfluß in der Schule, darauf wies Helene
Lange
, darauf wies auch Frau Loeper-Housselle in ihrer
Zeitschrift "Die Lehrerin" wieder und wieder hin, steht und
fällt mit der Möglichkeit besserer Lehrerinnenbildung. Lieber
- trotz allem - den ganzen Unterricht in Männerhänden als
Unterricht in den oberen Klassen durch minderwertig vorge-
bildete weibliche Kräfte.

Von der Persönlichkeit der Lehrenden, so führt Helene
Lange in verschiedenen ihrer Schriften aus, hängt der Er-
folg des Unterrichts ab. "Am wirksamsten sind Lehrer und
Lehrerinnen, die eine ausgesprochene Jndividualität besitzen.
Selbst wenn diese nicht ohne Ecken ist, wenn sie der land-
läufigen Charakteristik der pädagogischen Lehrbücher wider-
spricht, wenn die Lehrstunden ganz gegen alle Herbart-Ziller-
Stoyschen Regeln verlaufen, dem Zauber einer mächtigen Jn-
dividualität - solange sie echtes Menschentum verkörpert -
vermögen wir uns nicht zu entziehen."

Um zu solcher Persönlichkeit zu werden, um zu innerer
Selbständigkeit zu gelangen, verlangt sie für die Lehrerin

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einen auf gleicher Höhe mit dem seinen stehenden Unterricht
zu geben.

An solchen Lehrerinnen aber fehlte es damals fast voll-
ständig. Man kannte nur seminaristisch gebildete Lehrerinnen
und die Lehrerinnen-Seminare waren und sind nach dem Ur-
teile Sachverständiger noch jetzt in hohem Maße reformbe-
dürftig.

Daher die zweite Forderung jener Petition, die Regie-
rung möge den Lehrerinnen Gelegenheit zu wissenschaftlicher
Ausbildung geben.

Auf diesen Punkt legte der Allgemeine Deutsche Lehre-
rinnenverein besonderes Gewicht.

Der Fraueneinfluß in der Schule, darauf wies Helene
Lange
, darauf wies auch Frau Loeper-Housselle in ihrer
Zeitschrift „Die Lehrerin“ wieder und wieder hin, steht und
fällt mit der Möglichkeit besserer Lehrerinnenbildung. Lieber
– trotz allem – den ganzen Unterricht in Männerhänden als
Unterricht in den oberen Klassen durch minderwertig vorge-
bildete weibliche Kräfte.

Von der Persönlichkeit der Lehrenden, so führt Helene
Lange in verschiedenen ihrer Schriften aus, hängt der Er-
folg des Unterrichts ab. „Am wirksamsten sind Lehrer und
Lehrerinnen, die eine ausgesprochene Jndividualität besitzen.
Selbst wenn diese nicht ohne Ecken ist, wenn sie der land-
läufigen Charakteristik der pädagogischen Lehrbücher wider-
spricht, wenn die Lehrstunden ganz gegen alle Herbart-Ziller-
Stoyschen Regeln verlaufen, dem Zauber einer mächtigen Jn-
dividualität – solange sie echtes Menschentum verkörpert –
vermögen wir uns nicht zu entziehen.“

Um zu solcher Persönlichkeit zu werden, um zu innerer
Selbständigkeit zu gelangen, verlangt sie für die Lehrerin

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[51/0061] einen auf gleicher Höhe mit dem seinen stehenden Unterricht zu geben. An solchen Lehrerinnen aber fehlte es damals fast voll- ständig. Man kannte nur seminaristisch gebildete Lehrerinnen und die Lehrerinnen-Seminare waren und sind nach dem Ur- teile Sachverständiger noch jetzt in hohem Maße reformbe- dürftig. Daher die zweite Forderung jener Petition, die Regie- rung möge den Lehrerinnen Gelegenheit zu wissenschaftlicher Ausbildung geben. Auf diesen Punkt legte der Allgemeine Deutsche Lehre- rinnenverein besonderes Gewicht. Der Fraueneinfluß in der Schule, darauf wies Helene Lange, darauf wies auch Frau Loeper-Housselle in ihrer Zeitschrift „Die Lehrerin“ wieder und wieder hin, steht und fällt mit der Möglichkeit besserer Lehrerinnenbildung. Lieber – trotz allem – den ganzen Unterricht in Männerhänden als Unterricht in den oberen Klassen durch minderwertig vorge- bildete weibliche Kräfte. Von der Persönlichkeit der Lehrenden, so führt Helene Lange in verschiedenen ihrer Schriften aus, hängt der Er- folg des Unterrichts ab. „Am wirksamsten sind Lehrer und Lehrerinnen, die eine ausgesprochene Jndividualität besitzen. Selbst wenn diese nicht ohne Ecken ist, wenn sie der land- läufigen Charakteristik der pädagogischen Lehrbücher wider- spricht, wenn die Lehrstunden ganz gegen alle Herbart-Ziller- Stoyschen Regeln verlaufen, dem Zauber einer mächtigen Jn- dividualität – solange sie echtes Menschentum verkörpert – vermögen wir uns nicht zu entziehen.“ Um zu solcher Persönlichkeit zu werden, um zu innerer Selbständigkeit zu gelangen, verlangt sie für die Lehrerin 4*

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Zitationshilfe: Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905/61>, abgerufen am 24.11.2024.