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Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905.

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nachträglich versuchte. Jn welch hohem Maße unser Dienst-
botenelend auf die Unfähigkeit der Hausfrauen zurückzuführen
ist, auf ihre Unlust, im Hause mit anzugreifen, und auf ihre
Unfähigkeit, die richtige Anweisung zu geben, das übersah man
allzulange. Man übersah, daß Nichtstun, in Vergnügungen-
Aufgehen, wie es bei unseren jungen Mädchen gerade in den
entscheidenden Jahren des Reifens und Werdens zum guten
Ton gehört, demoralisierend auch auf ihre Zukunft einwirken
mußte. Man vergaß, daß man von so oberflächlich erzogenen
jungen Mädchen unmöglich erwarten konnte, daß sie als Frauen
plötzlich Pflichtgefühl besäßen.

Erst die Frauenbewegung, man muß das ent-
stellenden Darstellungen gegenüber besonders hervorheben, hat
einer vertiefteren Auffassung der Pflichten
als Gattin, als Mutter, als Hausfrau den
Weg geebnet
, hat Ausbildung für solche Lebensaufgaben
als zwingend notwendig gefordert, hat insbesondere die große
Bedeutung mütterlichen Einflusses auf die Kinder immer wieder
betont. Praktische Ausbildung zum Hausfrauenberuf scheint
ihr unerläßlich, aber auch ihren Erzieher-, ihren Mutterpflichten
soll die junge Frau nicht ganz hilflos gegenüberstehen. Un-
wissenheit über Zweck und Ziel der Ehe, eine Unwissenheit,
die zum Schaden der Gesundheit des noch ungeborenen Kindes,
zum Schaden der eigenen Gesundheit in der jungen Frau künst-
lich aufrecht erhalten wird, kann nicht als wünschenswerter
Zustand bezeichnet werden. Zu leicht kann darüber das Glück
der ganzen Familie in Stücke gehen.

Die Frauenbewegung versuchte - nachdem sie die Er-
kenntnis der bestehenden Schäden gewonnen - ungesäumt
durch praktisches Vorgehen zu ihrer Beseitigung mit beizutra-
gen. Auf dem Gebiete hauswirtschaftlicher Schulung haben auch

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nachträglich versuchte. Jn welch hohem Maße unser Dienst-
botenelend auf die Unfähigkeit der Hausfrauen zurückzuführen
ist, auf ihre Unlust, im Hause mit anzugreifen, und auf ihre
Unfähigkeit, die richtige Anweisung zu geben, das übersah man
allzulange. Man übersah, daß Nichtstun, in Vergnügungen-
Aufgehen, wie es bei unseren jungen Mädchen gerade in den
entscheidenden Jahren des Reifens und Werdens zum guten
Ton gehört, demoralisierend auch auf ihre Zukunft einwirken
mußte. Man vergaß, daß man von so oberflächlich erzogenen
jungen Mädchen unmöglich erwarten konnte, daß sie als Frauen
plötzlich Pflichtgefühl besäßen.

Erst die Frauenbewegung, man muß das ent-
stellenden Darstellungen gegenüber besonders hervorheben, hat
einer vertiefteren Auffassung der Pflichten
als Gattin, als Mutter, als Hausfrau den
Weg geebnet
, hat Ausbildung für solche Lebensaufgaben
als zwingend notwendig gefordert, hat insbesondere die große
Bedeutung mütterlichen Einflusses auf die Kinder immer wieder
betont. Praktische Ausbildung zum Hausfrauenberuf scheint
ihr unerläßlich, aber auch ihren Erzieher-, ihren Mutterpflichten
soll die junge Frau nicht ganz hilflos gegenüberstehen. Un-
wissenheit über Zweck und Ziel der Ehe, eine Unwissenheit,
die zum Schaden der Gesundheit des noch ungeborenen Kindes,
zum Schaden der eigenen Gesundheit in der jungen Frau künst-
lich aufrecht erhalten wird, kann nicht als wünschenswerter
Zustand bezeichnet werden. Zu leicht kann darüber das Glück
der ganzen Familie in Stücke gehen.

Die Frauenbewegung versuchte – nachdem sie die Er-
kenntnis der bestehenden Schäden gewonnen – ungesäumt
durch praktisches Vorgehen zu ihrer Beseitigung mit beizutra-
gen. Auf dem Gebiete hauswirtschaftlicher Schulung haben auch

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[35/0045] nachträglich versuchte. Jn welch hohem Maße unser Dienst- botenelend auf die Unfähigkeit der Hausfrauen zurückzuführen ist, auf ihre Unlust, im Hause mit anzugreifen, und auf ihre Unfähigkeit, die richtige Anweisung zu geben, das übersah man allzulange. Man übersah, daß Nichtstun, in Vergnügungen- Aufgehen, wie es bei unseren jungen Mädchen gerade in den entscheidenden Jahren des Reifens und Werdens zum guten Ton gehört, demoralisierend auch auf ihre Zukunft einwirken mußte. Man vergaß, daß man von so oberflächlich erzogenen jungen Mädchen unmöglich erwarten konnte, daß sie als Frauen plötzlich Pflichtgefühl besäßen. Erst die Frauenbewegung, man muß das ent- stellenden Darstellungen gegenüber besonders hervorheben, hat einer vertiefteren Auffassung der Pflichten als Gattin, als Mutter, als Hausfrau den Weg geebnet, hat Ausbildung für solche Lebensaufgaben als zwingend notwendig gefordert, hat insbesondere die große Bedeutung mütterlichen Einflusses auf die Kinder immer wieder betont. Praktische Ausbildung zum Hausfrauenberuf scheint ihr unerläßlich, aber auch ihren Erzieher-, ihren Mutterpflichten soll die junge Frau nicht ganz hilflos gegenüberstehen. Un- wissenheit über Zweck und Ziel der Ehe, eine Unwissenheit, die zum Schaden der Gesundheit des noch ungeborenen Kindes, zum Schaden der eigenen Gesundheit in der jungen Frau künst- lich aufrecht erhalten wird, kann nicht als wünschenswerter Zustand bezeichnet werden. Zu leicht kann darüber das Glück der ganzen Familie in Stücke gehen. Die Frauenbewegung versuchte – nachdem sie die Er- kenntnis der bestehenden Schäden gewonnen – ungesäumt durch praktisches Vorgehen zu ihrer Beseitigung mit beizutra- gen. Auf dem Gebiete hauswirtschaftlicher Schulung haben auch 3*

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Zitationshilfe: Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905/45>, abgerufen am 19.04.2024.