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Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905.

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Dresden, Frankfurt a. M., Königsberg i. Pr., Magdeburg,
Mainz, Mannheim, Stettin, Stuttgart, Thorn. Die Lehrerinnen
organisierten sich 1890. 1894 wurde mit der Centrale in
Leipzig der Versuch einer Hausbeamtinnen-Organi-
sation
gemacht, angesichts des vollständig mangelnden
Solidaritätsgefühls unter diesen Frauen eine besonders schwie-
rige Aufgabe. Jeanette Schwerin, zunächst dem Verein
Frauenwohl-Berlin, dann dem Berliner Frauenverein als
Vorstandsmitglied angehörend, begann ihre kurze aber so reiche,
nachhaltig wirkende Tätigkeit für das Eintreten der Frau in
die soziale Hilfsarbeit, in die Armen- und Waisenpflege. Sie
gründete die Auskunftsstelle der Gesellschaft für ethische Kultur,
sie gab Veranlassung zur Unterstützung der streikenden Konfek-
tionsarbeiterinnen i. J. 1896 durch die Leiterinnen der bürgerli-
chen Frauenbewegung. Sie hat, wie wenige andere, Schule
bildend gewirkt. Jhr Geist ist auch in den ihr Nachfolgenden
lebendig geblieben.

So ging der Aufruf zum Besten der i. J. 1904 streikenden
Arbeiterinnen in Krimmitschau an erster Stelle von ihrer Schü-
lerin, Alice Salomon, aus, von deren hingebenden Wir-
ken zu sprechen schon an anderer Stelle Gelegenheit war.

Was aber an praktischen Genossenschaftsgründungen in den
eigentlichen Arbeiterinnenkreisen von seiten bürger-
licher Frauen erreicht wurde, ist im Verhältnis nur wenig. Die
Hirsch-Dunckerschen Vereine, die christlichen Gewerk-
schaften
sind hier zu nennen. Aber hinter diesen Vereinen, so
sagt Alice Salomon im Handbuch der Frauenbewegung mit Recht,
steht eben keine Partei, die wie die sozialdemokratische die Gleich-
berechtigung des weiblichen Geschlechts anerkennt. Doch wird
von den Gründerinnen und Leiterinnen hingebend und treu ge-
arbeitet. Das Gebiet der Heimarbeit zieht wieder und wieder,

17*

Dresden, Frankfurt a. M., Königsberg i. Pr., Magdeburg,
Mainz, Mannheim, Stettin, Stuttgart, Thorn. Die Lehrerinnen
organisierten sich 1890. 1894 wurde mit der Centrale in
Leipzig der Versuch einer Hausbeamtinnen-Organi-
sation
gemacht, angesichts des vollständig mangelnden
Solidaritätsgefühls unter diesen Frauen eine besonders schwie-
rige Aufgabe. Jeanette Schwerin, zunächst dem Verein
Frauenwohl-Berlin, dann dem Berliner Frauenverein als
Vorstandsmitglied angehörend, begann ihre kurze aber so reiche,
nachhaltig wirkende Tätigkeit für das Eintreten der Frau in
die soziale Hilfsarbeit, in die Armen- und Waisenpflege. Sie
gründete die Auskunftsstelle der Gesellschaft für ethische Kultur,
sie gab Veranlassung zur Unterstützung der streikenden Konfek-
tionsarbeiterinnen i. J. 1896 durch die Leiterinnen der bürgerli-
chen Frauenbewegung. Sie hat, wie wenige andere, Schule
bildend gewirkt. Jhr Geist ist auch in den ihr Nachfolgenden
lebendig geblieben.

So ging der Aufruf zum Besten der i. J. 1904 streikenden
Arbeiterinnen in Krimmitschau an erster Stelle von ihrer Schü-
lerin, Alice Salomon, aus, von deren hingebenden Wir-
ken zu sprechen schon an anderer Stelle Gelegenheit war.

Was aber an praktischen Genossenschaftsgründungen in den
eigentlichen Arbeiterinnenkreisen von seiten bürger-
licher Frauen erreicht wurde, ist im Verhältnis nur wenig. Die
Hirsch-Dunckerschen Vereine, die christlichen Gewerk-
schaften
sind hier zu nennen. Aber hinter diesen Vereinen, so
sagt Alice Salomon im Handbuch der Frauenbewegung mit Recht,
steht eben keine Partei, die wie die sozialdemokratische die Gleich-
berechtigung des weiblichen Geschlechts anerkennt. Doch wird
von den Gründerinnen und Leiterinnen hingebend und treu ge-
arbeitet. Das Gebiet der Heimarbeit zieht wieder und wieder,

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[259/0269] Dresden, Frankfurt a. M., Königsberg i. Pr., Magdeburg, Mainz, Mannheim, Stettin, Stuttgart, Thorn. Die Lehrerinnen organisierten sich 1890. 1894 wurde mit der Centrale in Leipzig der Versuch einer Hausbeamtinnen-Organi- sation gemacht, angesichts des vollständig mangelnden Solidaritätsgefühls unter diesen Frauen eine besonders schwie- rige Aufgabe. Jeanette Schwerin, zunächst dem Verein Frauenwohl-Berlin, dann dem Berliner Frauenverein als Vorstandsmitglied angehörend, begann ihre kurze aber so reiche, nachhaltig wirkende Tätigkeit für das Eintreten der Frau in die soziale Hilfsarbeit, in die Armen- und Waisenpflege. Sie gründete die Auskunftsstelle der Gesellschaft für ethische Kultur, sie gab Veranlassung zur Unterstützung der streikenden Konfek- tionsarbeiterinnen i. J. 1896 durch die Leiterinnen der bürgerli- chen Frauenbewegung. Sie hat, wie wenige andere, Schule bildend gewirkt. Jhr Geist ist auch in den ihr Nachfolgenden lebendig geblieben. So ging der Aufruf zum Besten der i. J. 1904 streikenden Arbeiterinnen in Krimmitschau an erster Stelle von ihrer Schü- lerin, Alice Salomon, aus, von deren hingebenden Wir- ken zu sprechen schon an anderer Stelle Gelegenheit war. Was aber an praktischen Genossenschaftsgründungen in den eigentlichen Arbeiterinnenkreisen von seiten bürger- licher Frauen erreicht wurde, ist im Verhältnis nur wenig. Die Hirsch-Dunckerschen Vereine, die christlichen Gewerk- schaften sind hier zu nennen. Aber hinter diesen Vereinen, so sagt Alice Salomon im Handbuch der Frauenbewegung mit Recht, steht eben keine Partei, die wie die sozialdemokratische die Gleich- berechtigung des weiblichen Geschlechts anerkennt. Doch wird von den Gründerinnen und Leiterinnen hingebend und treu ge- arbeitet. Das Gebiet der Heimarbeit zieht wieder und wieder, 17*

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-11-13T13:59:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-08-20T13:59:15Z)
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Zitationshilfe: Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905/269>, abgerufen am 11.05.2024.