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Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905.

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Uebetrag535Mk.jährlich
Toilettenbedarf16""monatl. 1,35 Mk. für Hand-
schuhe, Seife, Schleifen, u.s.w.
Steuern6""auf e. Einkommen v. 600 Mk.
Heizung, Licht10""monatlich 83 Pf.
Extra-Ausgaben12""Post, Pferdebahn, einmal
ein Konzert
Kranken- u. Jn-
validenkasse
24""


Summa603Mark.

Trotzdem, wie jeder Einsichtige zugeben muß, eine wahre
Virtuosität dazu gehört, mit derartig kleinen Summen und
geringen Bedürfnissen auszukommen, so hat dieses bescheidene
Budget das Jahreseinkommen von 600 Mk. (welches, wie
wir sehen, nur selten erreicht wird) doch noch um 3 Mk. über-
stiegen."

Solche Zahlen zeigen, daß es grausam und engherzig ist,
wenn man aus die vom rechten Wege abweichenden Mädchen
nur Steine wirft, in ihrer Verkommenheit allein die Ursache
alles Uebels erblickt. Daß sie - einmal der Prostitution ver-
fallen - verkommen müssen, liegt auf der Hand. Sie fin-
den die Rückkehr zu ehrlicher Arbeit um so schwerer, je mehr
es Männer aus den sogenannten gebildeten Kreisen sind, die
sich zu Besuchern von Dirnen herabwürdigen, ihnen dadurch
die Ueberzeugung geben, daß auch sie ihr Leben als annehm-
bar, ihre Bereitwilligkeit als notwendig und nützlich ansehen.

Ob sich unsere Männerwelt klar ist, wie niedrig sie sich
selbst damit einschätzt? Wie viel brutaler - gerade ihrer so-
genannten höheren Bildung wegen - ihr Herabsinken in den
Sumpf der Prostitution wirkt, als wenn Mädchen, die kaum
etwas anderes kannten, als wenn roher empfindende Männer

Uebetrag535Mk.jährlich
Toilettenbedarf16monatl. 1,35 Mk. für Hand-
schuhe, Seife, Schleifen, u.s.w.
Steuern6auf e. Einkommen v. 600 Mk.
Heizung, Licht10monatlich 83 Pf.
Extra-Ausgaben12Post, Pferdebahn, einmal
ein Konzert
Kranken- u. Jn-
validenkasse
24


Summa603Mark.

Trotzdem, wie jeder Einsichtige zugeben muß, eine wahre
Virtuosität dazu gehört, mit derartig kleinen Summen und
geringen Bedürfnissen auszukommen, so hat dieses bescheidene
Budget das Jahreseinkommen von 600 Mk. (welches, wie
wir sehen, nur selten erreicht wird) doch noch um 3 Mk. über-
stiegen.“

Solche Zahlen zeigen, daß es grausam und engherzig ist,
wenn man aus die vom rechten Wege abweichenden Mädchen
nur Steine wirft, in ihrer Verkommenheit allein die Ursache
alles Uebels erblickt. Daß sie – einmal der Prostitution ver-
fallen – verkommen müssen, liegt auf der Hand. Sie fin-
den die Rückkehr zu ehrlicher Arbeit um so schwerer, je mehr
es Männer aus den sogenannten gebildeten Kreisen sind, die
sich zu Besuchern von Dirnen herabwürdigen, ihnen dadurch
die Ueberzeugung geben, daß auch sie ihr Leben als annehm-
bar, ihre Bereitwilligkeit als notwendig und nützlich ansehen.

Ob sich unsere Männerwelt klar ist, wie niedrig sie sich
selbst damit einschätzt? Wie viel brutaler – gerade ihrer so-
genannten höheren Bildung wegen – ihr Herabsinken in den
Sumpf der Prostitution wirkt, als wenn Mädchen, die kaum
etwas anderes kannten, als wenn roher empfindende Männer

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[152/0162] Uebetrag 535 Mk. jährlich Toilettenbedarf 16 〃 〃 monatl. 1,35 Mk. für Hand- schuhe, Seife, Schleifen, u.s.w. Steuern 6 〃 〃 auf e. Einkommen v. 600 Mk. Heizung, Licht 10 〃 〃 monatlich 83 Pf. Extra-Ausgaben 12 〃 〃 Post, Pferdebahn, einmal ein Konzert Kranken- u. Jn- validenkasse 24 〃 〃 Summa 603 Mark. Trotzdem, wie jeder Einsichtige zugeben muß, eine wahre Virtuosität dazu gehört, mit derartig kleinen Summen und geringen Bedürfnissen auszukommen, so hat dieses bescheidene Budget das Jahreseinkommen von 600 Mk. (welches, wie wir sehen, nur selten erreicht wird) doch noch um 3 Mk. über- stiegen.“ Solche Zahlen zeigen, daß es grausam und engherzig ist, wenn man aus die vom rechten Wege abweichenden Mädchen nur Steine wirft, in ihrer Verkommenheit allein die Ursache alles Uebels erblickt. Daß sie – einmal der Prostitution ver- fallen – verkommen müssen, liegt auf der Hand. Sie fin- den die Rückkehr zu ehrlicher Arbeit um so schwerer, je mehr es Männer aus den sogenannten gebildeten Kreisen sind, die sich zu Besuchern von Dirnen herabwürdigen, ihnen dadurch die Ueberzeugung geben, daß auch sie ihr Leben als annehm- bar, ihre Bereitwilligkeit als notwendig und nützlich ansehen. Ob sich unsere Männerwelt klar ist, wie niedrig sie sich selbst damit einschätzt? Wie viel brutaler – gerade ihrer so- genannten höheren Bildung wegen – ihr Herabsinken in den Sumpf der Prostitution wirkt, als wenn Mädchen, die kaum etwas anderes kannten, als wenn roher empfindende Männer

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-11-13T13:59:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-08-20T13:59:15Z)
Anna Pfundt: Konvertierung nach DTA-Basisformat. (2015-08-06T11:00:00Z)

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Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: gekennzeichnet; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: wie Vorlage; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905/162>, abgerufen am 02.05.2024.