Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743. Muffel. Jch kan nimmermehr glauben, daß ihr Herz Ja dazu saget, was ihr schöner Mund spricht. Mich dünkt, daß diese liebreiche Stimme schon einen Eindruck in ihr Herz gemacht hat. Erlauben sie mir, schönstes Fräulein, daß ich aus dem Klopf- fen desselben den Zustand ihrer Seele be- urtheile. (will ihr in den Busen greifen.) Wilhelm. (schlägt ihm die Hand weg) Wann sie meinen, daß sie die Krankheiten der See- le nach dem Klopfen des Herzens abmessen können, wie die Aerzte die leiblichen nach dem Schlage des Pulses, so werden sie auch in eben solche grobe Jrrthümer verfallen, wie diese. Muffel. Ey, ey lassen sie mich nur! Jch irre mich nicht in meiner Meinung, ich kan aus dem Herzklopfen ganz sicher abnehmen, ob ein Frauenzimmer bekehrt oder unbekehrt, und von was für einer Religion sie ist. Jch würde auch bey ihnen vielleicht eine glückliche Entdeckung machen, denn ich bin überzeugt, daß meine Ermahnungen nicht fruchtlos bey ihnen angewandt seyn. Wilhelm. Sie haben bey mir noch nichts da- mit ausgerichtet, denn sie haben mir noch nichts, als leere, und auf ihre unreine Liebe abzielende, Worte vorgeplaudert. Wo sie nicht bald zeigen, daß ihnen unsre vorge- nommene Unterredung ein Ernst ist, so muß ich - - - Muffel.
Muffel. Jch kan nimmermehr glauben, daß ihr Herz Ja dazu ſaget, was ihr ſchoͤner Mund ſpricht. Mich duͤnkt, daß dieſe liebreiche Stimme ſchon einen Eindruck in ihr Herz gemacht hat. Erlauben ſie mir, ſchoͤnſtes Fraͤulein, daß ich aus dem Klopf- fen deſſelben den Zuſtand ihrer Seele be- urtheile. (will ihr in den Buſen greifen.) Wilhelm. (ſchlaͤgt ihm die Hand weg) Wann ſie meinen, daß ſie die Krankheiten der See- le nach dem Klopfen des Herzens abmeſſen koͤnnen, wie die Aerzte die leiblichen nach dem Schlage des Pulſes, ſo werden ſie auch in eben ſolche grobe Jrrthuͤmer verfallen, wie dieſe. Muffel. Ey, ey laſſen ſie mich nur! Jch irre mich nicht in meiner Meinung, ich kan aus dem Herzklopfen ganz ſicher abnehmen, ob ein Frauenzimmer bekehrt oder unbekehrt, und von was fuͤr einer Religion ſie iſt. Jch wuͤrde auch bey ihnen vielleicht eine gluͤckliche Entdeckung machen, denn ich bin uͤberzeugt, daß meine Ermahnungen nicht fruchtlos bey ihnen angewandt ſeyn. Wilhelm. Sie haben bey mir noch nichts da- mit ausgerichtet, denn ſie haben mir noch nichts, als leere, und auf ihre unreine Liebe abzielende, Worte vorgeplaudert. Wo ſie nicht bald zeigen, daß ihnen unſre vorge- nommene Unterredung ein Ernſt iſt, ſo muß ich ‒ ‒ ‒ Muffel.
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Muffel. Jch kan nimmermehr glauben, daß
ihr Herz Ja dazu ſaget, was ihr ſchoͤner
Mund ſpricht. Mich duͤnkt, daß dieſe
liebreiche Stimme ſchon einen Eindruck in
ihr Herz gemacht hat. Erlauben ſie mir,
ſchoͤnſtes Fraͤulein, daß ich aus dem Klopf-
fen deſſelben den Zuſtand ihrer Seele be-
urtheile. (will ihr in den Buſen greifen.)
Wilhelm. (ſchlaͤgt ihm die Hand weg) Wann
ſie meinen, daß ſie die Krankheiten der See-
le nach dem Klopfen des Herzens abmeſſen
koͤnnen, wie die Aerzte die leiblichen nach
dem Schlage des Pulſes, ſo werden ſie auch
in eben ſolche grobe Jrrthuͤmer verfallen,
wie dieſe.
Muffel. Ey, ey laſſen ſie mich nur! Jch irre
mich nicht in meiner Meinung, ich kan aus
dem Herzklopfen ganz ſicher abnehmen, ob
ein Frauenzimmer bekehrt oder unbekehrt,
und von was fuͤr einer Religion ſie iſt.
Jch wuͤrde auch bey ihnen vielleicht eine
gluͤckliche Entdeckung machen, denn ich bin
uͤberzeugt, daß meine Ermahnungen nicht
fruchtlos bey ihnen angewandt ſeyn.
Wilhelm. Sie haben bey mir noch nichts da-
mit ausgerichtet, denn ſie haben mir noch
nichts, als leere, und auf ihre unreine Liebe
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nicht bald zeigen, daß ihnen unſre vorge-
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