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Krieger, Ernst: [Lebenserinnerungen des Ernst Krieger]. Um 1907.

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vertraulich nur 2 der besten, von denen eine Diakonisse wurde, die andere den Dienst verliess, weil er ihr zu schwer wurde. Alle Mädchen nahmen selbstverständlich an der Hausandacht theil und waren dafür dankbar, wie auch für den ihnen möglich gemachten regelmässigen Gottesdienstbesuch. Nur ein älteres Mädchen, das sehr ehrlich und sittlich tadellos war, beschwerte sich über Gottesdienstbesuch und Hausandacht und schalt auf unsere Frömmigkeit. Wir liessen sie gehen, obgleich sie schliesslich nicht ungern geblieben wäre. Dass uns Gott der Herr fromm Gesinde, als einen Theil des täglichen Brodes, schenkte, muss ich dankbar preisen, weil wir zumal in späteren Jahren erfahren mussten, dass es manchmal ausserordentlich schwer fällt, selbst um hohen Lohn Dienstboten zu erhalten, deren man froh werden kann.

Grosse Hoffnungen knüpfte ich daran, dass die jetzt verwitweten Gebrüder Heinrich und Friedrich Kraemer sich sehr freundlich und vertrauensvoll zu ihrem Pfarrer stellten. In kirchlich-religiöser Beziehung erfüllten sich diese Hoffnungen nicht; die Herren und ihre Söhne kamen nur bei besonderen Veranlassungen zum Gottesdienste, während sie sonst mich kräftig unterstützten, meinen Rath suchten und hörten und dem Pfarrhause alle Arten von Aufmerksamkeiten und Achtung erwiesen. Die Damen der Familie besuchten den Gottesdienst; besonders regelmässig Herrn Heinrich Kraemer seniors Tochter, verehelichte Böcking in Antwerpen, sie fehlte bei ihren Besuchen in St. Ingbert an keinem Sonntage und ebenso kam Frau Heinrich Kraemer Jun. geb. Stumm von Neunkirchen immer häufiger und endlich ganz regelmässig zu den Gottesdiensten und trat zum Pfarrhause in ein näheres freundschaftliches Verhältnis. Ihrem ältesten Sohne, Heinrich, gab ich so lange er in St. Ingbert war, Religionsunterricht. Ihr 2. Sohn, Friedrich, brachte uns bei seiner Geburt eine Orgel für die Kirche mit.

Dies ging so zu: Bei dem Tauffeste sass ich neben Frau Eisenwerksbesitzerin Stumm in Neunkirchen und konnte ihr danken für einige unentgeltliche Lieferungen ihres Werkes zu unserer Kirche. Auf ihre Frage, warum noch keine Orgel in der Kirche sei, gab ich ihr an, ich habe keine Orgel gewollt, bevor die

vertraulich nur 2 der besten, von denen eine Diakonisse wurde, die andere den Dienst verliess, weil er ihr zu schwer wurde. Alle Mädchen nahmen selbstverständlich an der Hausandacht theil und waren dafür dankbar, wie auch für den ihnen möglich gemachten regelmässigen Gottesdienstbesuch. Nur ein älteres Mädchen, das sehr ehrlich und sittlich tadellos war, beschwerte sich über Gottesdienstbesuch und Hausandacht und schalt auf unsere Frömmigkeit. Wir liessen sie gehen, obgleich sie schliesslich nicht ungern geblieben wäre. Dass uns Gott der Herr fromm Gesinde, als einen Theil des täglichen Brodes, schenkte, muss ich dankbar preisen, weil wir zumal in späteren Jahren erfahren mussten, dass es manchmal ausserordentlich schwer fällt, selbst um hohen Lohn Dienstboten zu erhalten, deren man froh werden kann.

Grosse Hoffnungen knüpfte ich daran, dass die jetzt verwitweten Gebrüder Heinrich und Friedrich Kraemer sich sehr freundlich und vertrauensvoll zu ihrem Pfarrer stellten. In kirchlich-religiöser Beziehung erfüllten sich diese Hoffnungen nicht; die Herren und ihre Söhne kamen nur bei besonderen Veranlassungen zum Gottesdienste, während sie sonst mich kräftig unterstützten, meinen Rath suchten und hörten und dem Pfarrhause alle Arten von Aufmerksamkeiten und Achtung erwiesen. Die Damen der Familie besuchten den Gottesdienst; besonders regelmässig Herrn Heinrich Kraemer seniors Tochter, verehelichte Böcking in Antwerpen, sie fehlte bei ihren Besuchen in St. Ingbert an keinem Sonntage und ebenso kam Frau Heinrich Kraemer Jun. geb. Stumm von Neunkirchen immer häufiger und endlich ganz regelmässig zu den Gottesdiensten und trat zum Pfarrhause in ein näheres freundschaftliches Verhältnis. Ihrem ältesten Sohne, Heinrich, gab ich so lange er in St. Ingbert war, Religionsunterricht. Ihr 2. Sohn, Friedrich, brachte uns bei seiner Geburt eine Orgel für die Kirche mit.

Dies ging so zu: Bei dem Tauffeste sass ich neben Frau Eisenwerksbesitzerin Stumm in Neunkirchen und konnte ihr danken für einige unentgeltliche Lieferungen ihres Werkes zu unserer Kirche. Auf ihre Frage, warum noch keine Orgel in der Kirche sei, gab ich ihr an, ich habe keine Orgel gewollt, bevor die

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vertraulich nur 2 der besten, von denen eine Diakonisse wurde, die andere den Dienst verliess, weil er ihr zu schwer wurde. Alle Mädchen nahmen selbstverständlich an der Hausandacht theil und waren dafür dankbar, wie auch für den ihnen möglich gemachten regelmässigen Gottesdienstbesuch. Nur ein älteres Mädchen, das sehr ehrlich und sittlich tadellos war, beschwerte sich über Gottesdienstbesuch und Hausandacht und schalt auf unsere Frömmigkeit. Wir liessen sie gehen, obgleich sie schliesslich nicht ungern geblieben wäre. Dass uns Gott der Herr fromm Gesinde, als einen Theil des täglichen Brodes, schenkte, muss ich dankbar preisen, weil wir zumal in späteren Jahren erfahren mussten, dass es manchmal ausserordentlich schwer fällt, selbst um hohen Lohn Dienstboten zu erhalten, deren man froh werden kann.</p>
        <p>Grosse Hoffnungen knüpfte ich daran, dass die jetzt verwitweten Gebrüder Heinrich und Friedrich Kraemer sich sehr freundlich und vertrauensvoll zu ihrem Pfarrer stellten. In kirchlich-religiöser Beziehung erfüllten sich diese Hoffnungen nicht; die Herren und ihre Söhne kamen nur bei besonderen Veranlassungen zum Gottesdienste, während sie sonst mich kräftig unterstützten, meinen Rath suchten und hörten und dem Pfarrhause alle Arten von Aufmerksamkeiten und Achtung erwiesen. Die Damen der Familie besuchten den Gottesdienst; besonders regelmässig Herrn Heinrich Kraemer seniors Tochter, verehelichte Böcking in Antwerpen, sie fehlte bei ihren Besuchen in St. Ingbert an keinem Sonntage und ebenso kam Frau Heinrich Kraemer Jun. geb. Stumm von Neunkirchen immer häufiger und endlich ganz regelmässig zu den Gottesdiensten und trat zum Pfarrhause in ein näheres freundschaftliches Verhältnis. Ihrem ältesten Sohne, Heinrich, gab ich so lange er in St. Ingbert war, Religionsunterricht. Ihr 2. Sohn, Friedrich, brachte uns bei seiner Geburt eine Orgel für die Kirche mit.</p>
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[77/0077] vertraulich nur 2 der besten, von denen eine Diakonisse wurde, die andere den Dienst verliess, weil er ihr zu schwer wurde. Alle Mädchen nahmen selbstverständlich an der Hausandacht theil und waren dafür dankbar, wie auch für den ihnen möglich gemachten regelmässigen Gottesdienstbesuch. Nur ein älteres Mädchen, das sehr ehrlich und sittlich tadellos war, beschwerte sich über Gottesdienstbesuch und Hausandacht und schalt auf unsere Frömmigkeit. Wir liessen sie gehen, obgleich sie schliesslich nicht ungern geblieben wäre. Dass uns Gott der Herr fromm Gesinde, als einen Theil des täglichen Brodes, schenkte, muss ich dankbar preisen, weil wir zumal in späteren Jahren erfahren mussten, dass es manchmal ausserordentlich schwer fällt, selbst um hohen Lohn Dienstboten zu erhalten, deren man froh werden kann. Grosse Hoffnungen knüpfte ich daran, dass die jetzt verwitweten Gebrüder Heinrich und Friedrich Kraemer sich sehr freundlich und vertrauensvoll zu ihrem Pfarrer stellten. In kirchlich-religiöser Beziehung erfüllten sich diese Hoffnungen nicht; die Herren und ihre Söhne kamen nur bei besonderen Veranlassungen zum Gottesdienste, während sie sonst mich kräftig unterstützten, meinen Rath suchten und hörten und dem Pfarrhause alle Arten von Aufmerksamkeiten und Achtung erwiesen. Die Damen der Familie besuchten den Gottesdienst; besonders regelmässig Herrn Heinrich Kraemer seniors Tochter, verehelichte Böcking in Antwerpen, sie fehlte bei ihren Besuchen in St. Ingbert an keinem Sonntage und ebenso kam Frau Heinrich Kraemer Jun. geb. Stumm von Neunkirchen immer häufiger und endlich ganz regelmässig zu den Gottesdiensten und trat zum Pfarrhause in ein näheres freundschaftliches Verhältnis. Ihrem ältesten Sohne, Heinrich, gab ich so lange er in St. Ingbert war, Religionsunterricht. Ihr 2. Sohn, Friedrich, brachte uns bei seiner Geburt eine Orgel für die Kirche mit. Dies ging so zu: Bei dem Tauffeste sass ich neben Frau Eisenwerksbesitzerin Stumm in Neunkirchen und konnte ihr danken für einige unentgeltliche Lieferungen ihres Werkes zu unserer Kirche. Auf ihre Frage, warum noch keine Orgel in der Kirche sei, gab ich ihr an, ich habe keine Orgel gewollt, bevor die

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Zitationshilfe: Krieger, Ernst: [Lebenserinnerungen des Ernst Krieger]. Um 1907, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krieger_lebenserinnerungen_1907/77>, abgerufen am 27.04.2024.