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Krieger, Ernst: [Lebenserinnerungen des Ernst Krieger]. Um 1907.

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Badereise mich auffrischten, namentlich in der ersten Hälfte meiner Landrathszeit. Es wohnten da die meisten Landräthe in einem Gasthause, dem Wittelsbacherhofe zu Speyer, und bildeten eine ziemlich einige Familie. Viele Mitglieder waren hervorragende Männer der Pfalz oder doch angenehme Gesellschafter. Ich nenne als solche die Landrathspräsidenten: Dr. Jakob, dem ich oft und scharf als ganz ergebenster Opponent entgegentreten musste, Dr. Armand Buhl, der zeitweilige Vizepräsident des deutschen Reichstages, vielfach mein verdeckter Gegner, Medizinalrath Dr. Zöller und Kommerzienrath August Schneider, die mir intime Freunde wurden. Sonstige mir werthe Kollegen waren: geh. Hofrath Mohla, die Ökonomieräthe Jean Jansen, Freudenberg und Golsen, Weingutsbesitzer und Reichstagsabgeordneter Schellhorn-Wallböhlich , die Herren Fröhlich und v. Hofenfels, Ulrich Brunck, Gustav und Heinrich Kraemer, Bassermann-Jordan, Benzino, die Bürgermeister Satter und Barth und mein allzeit getreuer Gegner Hofrath Dr. Orth. Letzterer brachte mit Hilfe von Agrariern einen Riss in den Landrath, der sich bei Verhandlungen und im geselligen Verkehr unangenehm bemerkbar machte.

Die Beziehungen zu den Mitgliedern der k. Kreisregierung waren anfangs kühl, wurden aber später wärmer. Lange Jahre war Staatsrath v. Braun Regierungspräsident. Er erwartete vom Landrathe Ehrerbietung und gehorsam; erstere wurde ihm allseitig gezollt, letzterer nicht; auf mich fiel sein Zorn, weil ich ebenfalls oft ihm nicht zu Willen war, während er meinte, ich als Quasi-Beamter müsse ihm parieren. Es war mir ergötzlich zu beobachten, wie er bald durch Schmeicheln, bald durch Ignorieren und durch Auslassungen über meine Person auf mich zu wirken suchte. v. Braun war übrigens ein fleissiger und einsichtiger Beamter; die von ihm geplanten Verbesserungen wurden auch ausgeführt, nur nicht in dem schnellen Tempo, das er wünschte. Gewisse Anträge des Ministeriums, welche keinen Anklang fanden, hätte er ebenso kühl behandeln können und sollen, wie er dem Landrathe allerhöchste Bescheide kühl als Unbetheiligter mittheilte. Präsident v. Auer, sein Nachfolger, war nur kurz in der Pfalz und der ihn ersetzende Freih. v. Welser hielt auch nicht lange aus, zum Leidwesen des Landrathes, mir welchem er stets ein möglichstes

Badereise mich auffrischten, namentlich in der ersten Hälfte meiner Landrathszeit. Es wohnten da die meisten Landräthe in einem Gasthause, dem Wittelsbacherhofe zu Speyer, und bildeten eine ziemlich einige Familie. Viele Mitglieder waren hervorragende Männer der Pfalz oder doch angenehme Gesellschafter. Ich nenne als solche die Landrathspräsidenten: Dr. Jakob, dem ich oft und scharf als ganz ergebenster Opponent entgegentreten musste, Dr. Armand Buhl, der zeitweilige Vizepräsident des deutschen Reichstages, vielfach mein verdeckter Gegner, Medizinalrath Dr. Zöller und Kommerzienrath August Schneider, die mir intime Freunde wurden. Sonstige mir werthe Kollegen waren: geh. Hofrath Mohla, die Ökonomieräthe Jean Jansen, Freudenberg und Golsen, Weingutsbesitzer und Reichstagsabgeordneter Schellhorn-Wallböhlich , die Herren Fröhlich und v. Hofenfels, Ulrich Brunck, Gustav und Heinrich Kraemer, Bassermann-Jordan, Benzino, die Bürgermeister Satter und Barth und mein allzeit getreuer Gegner Hofrath Dr. Orth. Letzterer brachte mit Hilfe von Agrariern einen Riss in den Landrath, der sich bei Verhandlungen und im geselligen Verkehr unangenehm bemerkbar machte.

Die Beziehungen zu den Mitgliedern der k. Kreisregierung waren anfangs kühl, wurden aber später wärmer. Lange Jahre war Staatsrath v. Braun Regierungspräsident. Er erwartete vom Landrathe Ehrerbietung und gehorsam; erstere wurde ihm allseitig gezollt, letzterer nicht; auf mich fiel sein Zorn, weil ich ebenfalls oft ihm nicht zu Willen war, während er meinte, ich als Quasi-Beamter müsse ihm parieren. Es war mir ergötzlich zu beobachten, wie er bald durch Schmeicheln, bald durch Ignorieren und durch Auslassungen über meine Person auf mich zu wirken suchte. v. Braun war übrigens ein fleissiger und einsichtiger Beamter; die von ihm geplanten Verbesserungen wurden auch ausgeführt, nur nicht in dem schnellen Tempo, das er wünschte. Gewisse Anträge des Ministeriums, welche keinen Anklang fanden, hätte er ebenso kühl behandeln können und sollen, wie er dem Landrathe allerhöchste Bescheide kühl als Unbetheiligter mittheilte. Präsident v. Auer, sein Nachfolger, war nur kurz in der Pfalz und der ihn ersetzende Freih. v. Welser hielt auch nicht lange aus, zum Leidwesen des Landrathes, mir welchem er stets ein möglichstes

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[111/0111] Badereise mich auffrischten, namentlich in der ersten Hälfte meiner Landrathszeit. Es wohnten da die meisten Landräthe in einem Gasthause, dem Wittelsbacherhofe zu Speyer, und bildeten eine ziemlich einige Familie. Viele Mitglieder waren hervorragende Männer der Pfalz oder doch angenehme Gesellschafter. Ich nenne als solche die Landrathspräsidenten: Dr. Jakob, dem ich oft und scharf als ganz ergebenster Opponent entgegentreten musste, Dr. Armand Buhl, der zeitweilige Vizepräsident des deutschen Reichstages, vielfach mein verdeckter Gegner, Medizinalrath Dr. Zöller und Kommerzienrath August Schneider, die mir intime Freunde wurden. Sonstige mir werthe Kollegen waren: geh. Hofrath Mohla, die Ökonomieräthe Jean Jansen, Freudenberg und Golsen, Weingutsbesitzer und Reichstagsabgeordneter Schellhorn-Wallböhlich , die Herren Fröhlich und v. Hofenfels, Ulrich Brunck, Gustav und Heinrich Kraemer, Bassermann-Jordan, Benzino, die Bürgermeister Satter und Barth und mein allzeit getreuer Gegner Hofrath Dr. Orth. Letzterer brachte mit Hilfe von Agrariern einen Riss in den Landrath, der sich bei Verhandlungen und im geselligen Verkehr unangenehm bemerkbar machte. Die Beziehungen zu den Mitgliedern der k. Kreisregierung waren anfangs kühl, wurden aber später wärmer. Lange Jahre war Staatsrath v. Braun Regierungspräsident. Er erwartete vom Landrathe Ehrerbietung und gehorsam; erstere wurde ihm allseitig gezollt, letzterer nicht; auf mich fiel sein Zorn, weil ich ebenfalls oft ihm nicht zu Willen war, während er meinte, ich als Quasi-Beamter müsse ihm parieren. Es war mir ergötzlich zu beobachten, wie er bald durch Schmeicheln, bald durch Ignorieren und durch Auslassungen über meine Person auf mich zu wirken suchte. v. Braun war übrigens ein fleissiger und einsichtiger Beamter; die von ihm geplanten Verbesserungen wurden auch ausgeführt, nur nicht in dem schnellen Tempo, das er wünschte. Gewisse Anträge des Ministeriums, welche keinen Anklang fanden, hätte er ebenso kühl behandeln können und sollen, wie er dem Landrathe allerhöchste Bescheide kühl als Unbetheiligter mittheilte. Präsident v. Auer, sein Nachfolger, war nur kurz in der Pfalz und der ihn ersetzende Freih. v. Welser hielt auch nicht lange aus, zum Leidwesen des Landrathes, mir welchem er stets ein möglichstes

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Zitationshilfe: Krieger, Ernst: [Lebenserinnerungen des Ernst Krieger]. Um 1907, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krieger_lebenserinnerungen_1907/111>, abgerufen am 27.11.2024.