Krieger, Ernst: [Lebenserinnerungen des Ernst Krieger]. Um 1907.Regimentes sicher geworden war, kamen die Geldoperationen seiner Frau, die theilweise ins Zuchthaus führen mussten, zu Tage. Mieze kam wegen irrenärztlich konstatierten "moralischen Defektes" in eine Irrenanstalt und vom Kriegsministerium, wohin die Sachlage berichtet war, wurde Fritz genöthigt, den Abschied zu nehmen. Man benutzte die Gelegenheit einem Offizier, der ohne Besuch der Kriegsakademie Oberst werden sollte, die weitere Karriere abzuschneiden. Der Schlag war für meinen Bruder ganz furchtbar, aber er erlag nicht darunter, sondern setzte seine ganze Thatkraft ein, um sich durch das Geschick durchzuarbeiten. Um über die Schuldenlast Herr zu werden, richtete er sein Leben auf das Sparsamste ein, um der Langeweile zu entgehen, fing er an zu malen. Er hoffte in München nachholen zu können, was ihm zur Ausübung dieser Kunst fehlte. Dies war ein Irrtum. Darum sprang er auf geschichtliche und sprachliche Studien über und landete bei der Ägyptologie, die ihn hoch befriedigte. Seine einsiedlerhafte Zurückgezogenheit gab er erst auf, als Bruder Ludwig nach München gezogen war. Nach und nach thaute er auf, seine Schulden minderten sich und als sie alle beglichen waren, fing er ein neues Leben an. Mit seiner unterdessen aus der Irrenanstalt beurlaubten Frau wieder zusammen zu kommen, lehnte er ab. Er wollte kein zweites Debakel riskieren. Als er 1906 als General charakterisiert und vom Prinz-Regenten gelegentlich seines 40 jährigen Militärjubiläums ausgezeichnet wurde, lebte er erst recht neu auf, aber leider fing auch die Krankheit an, der er erliegen sollte; es war dieselbe, an welcher Ludwig starb (Leberkrebs), dem er nach 5 Wochen im Tode nachfolgte. Seine Asche wurde seiner Anordnung gemäss im Elterngrabe zu Zweibrücken beigesetzt. Ich habe mit meinen Brüdern wenig zusammengelebt. Ich kam früh aus dem Elternhause fort und sie fanden ihre Stellungen weit weg von meinen Wohnorten. So sahen wir uns nur selten und kurz bei Besuchen, Briefe wurden wenig gewechselt und jene von Ludwig und Fritz waren meist im Depeschenstil gehalten. Im Elternhause traf man Regimentes sicher geworden war, kamen die Geldoperationen seiner Frau, die theilweise ins Zuchthaus führen mussten, zu Tage. Mieze kam wegen irrenärztlich konstatierten "moralischen Defektes" in eine Irrenanstalt und vom Kriegsministerium, wohin die Sachlage berichtet war, wurde Fritz genöthigt, den Abschied zu nehmen. Man benutzte die Gelegenheit einem Offizier, der ohne Besuch der Kriegsakademie Oberst werden sollte, die weitere Karriere abzuschneiden. Der Schlag war für meinen Bruder ganz furchtbar, aber er erlag nicht darunter, sondern setzte seine ganze Thatkraft ein, um sich durch das Geschick durchzuarbeiten. Um über die Schuldenlast Herr zu werden, richtete er sein Leben auf das Sparsamste ein, um der Langeweile zu entgehen, fing er an zu malen. Er hoffte in München nachholen zu können, was ihm zur Ausübung dieser Kunst fehlte. Dies war ein Irrtum. Darum sprang er auf geschichtliche und sprachliche Studien über und landete bei der Ägyptologie, die ihn hoch befriedigte. Seine einsiedlerhafte Zurückgezogenheit gab er erst auf, als Bruder Ludwig nach München gezogen war. Nach und nach thaute er auf, seine Schulden minderten sich und als sie alle beglichen waren, fing er ein neues Leben an. Mit seiner unterdessen aus der Irrenanstalt beurlaubten Frau wieder zusammen zu kommen, lehnte er ab. Er wollte kein zweites Debakel riskieren. Als er 1906 als General charakterisiert und vom Prinz-Regenten gelegentlich seines 40 jährigen Militärjubiläums ausgezeichnet wurde, lebte er erst recht neu auf, aber leider fing auch die Krankheit an, der er erliegen sollte; es war dieselbe, an welcher Ludwig starb (Leberkrebs), dem er nach 5 Wochen im Tode nachfolgte. Seine Asche wurde seiner Anordnung gemäss im Elterngrabe zu Zweibrücken beigesetzt. Ich habe mit meinen Brüdern wenig zusammengelebt. Ich kam früh aus dem Elternhause fort und sie fanden ihre Stellungen weit weg von meinen Wohnorten. So sahen wir uns nur selten und kurz bei Besuchen, Briefe wurden wenig gewechselt und jene von Ludwig und Fritz waren meist im Depeschenstil gehalten. Im Elternhause traf man <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0011" n="11"/> Regimentes sicher geworden war, kamen die Geldoperationen seiner Frau, die theilweise ins Zuchthaus führen mussten, zu Tage. Mieze kam wegen irrenärztlich konstatierten "moralischen Defektes" in eine Irrenanstalt und vom Kriegsministerium, wohin die Sachlage berichtet war, wurde Fritz genöthigt, den Abschied zu nehmen. Man benutzte die Gelegenheit einem Offizier, der ohne Besuch der Kriegsakademie Oberst werden sollte, die weitere Karriere abzuschneiden. Der Schlag war für meinen Bruder ganz furchtbar, aber er erlag nicht darunter, sondern setzte seine ganze Thatkraft ein, um sich durch das Geschick durchzuarbeiten. Um über die Schuldenlast Herr zu werden, richtete er sein Leben auf das Sparsamste ein, um der Langeweile zu entgehen, fing er an zu malen. Er hoffte in München nachholen zu können, was ihm zur Ausübung dieser Kunst fehlte. Dies war ein Irrtum. Darum sprang er auf geschichtliche und sprachliche Studien über und landete bei der Ägyptologie, die ihn hoch befriedigte. Seine einsiedlerhafte Zurückgezogenheit gab er erst auf, als Bruder Ludwig nach München gezogen war. Nach und nach thaute er auf, seine Schulden minderten sich und als sie alle beglichen waren, fing er ein neues Leben an. Mit seiner unterdessen aus der Irrenanstalt beurlaubten Frau wieder zusammen zu kommen, lehnte er ab. Er wollte kein zweites Debakel riskieren. Als er 1906 als General charakterisiert und vom Prinz-Regenten gelegentlich seines 40 jährigen Militärjubiläums ausgezeichnet wurde, lebte er erst recht neu auf, aber leider fing auch die Krankheit an, der er erliegen sollte; es war dieselbe, an welcher Ludwig starb (Leberkrebs), dem er nach 5 Wochen im Tode nachfolgte. Seine Asche wurde seiner Anordnung gemäss im Elterngrabe zu Zweibrücken beigesetzt.</p> <p>Ich habe mit meinen Brüdern wenig zusammengelebt. Ich kam früh aus dem Elternhause fort und sie fanden ihre Stellungen weit weg von meinen Wohnorten. So sahen wir uns nur selten und kurz bei Besuchen, Briefe wurden wenig gewechselt und jene von Ludwig und Fritz waren meist im Depeschenstil gehalten. Im Elternhause traf man </p> </div> </body> </text> </TEI> [11/0011]
Regimentes sicher geworden war, kamen die Geldoperationen seiner Frau, die theilweise ins Zuchthaus führen mussten, zu Tage. Mieze kam wegen irrenärztlich konstatierten "moralischen Defektes" in eine Irrenanstalt und vom Kriegsministerium, wohin die Sachlage berichtet war, wurde Fritz genöthigt, den Abschied zu nehmen. Man benutzte die Gelegenheit einem Offizier, der ohne Besuch der Kriegsakademie Oberst werden sollte, die weitere Karriere abzuschneiden. Der Schlag war für meinen Bruder ganz furchtbar, aber er erlag nicht darunter, sondern setzte seine ganze Thatkraft ein, um sich durch das Geschick durchzuarbeiten. Um über die Schuldenlast Herr zu werden, richtete er sein Leben auf das Sparsamste ein, um der Langeweile zu entgehen, fing er an zu malen. Er hoffte in München nachholen zu können, was ihm zur Ausübung dieser Kunst fehlte. Dies war ein Irrtum. Darum sprang er auf geschichtliche und sprachliche Studien über und landete bei der Ägyptologie, die ihn hoch befriedigte. Seine einsiedlerhafte Zurückgezogenheit gab er erst auf, als Bruder Ludwig nach München gezogen war. Nach und nach thaute er auf, seine Schulden minderten sich und als sie alle beglichen waren, fing er ein neues Leben an. Mit seiner unterdessen aus der Irrenanstalt beurlaubten Frau wieder zusammen zu kommen, lehnte er ab. Er wollte kein zweites Debakel riskieren. Als er 1906 als General charakterisiert und vom Prinz-Regenten gelegentlich seines 40 jährigen Militärjubiläums ausgezeichnet wurde, lebte er erst recht neu auf, aber leider fing auch die Krankheit an, der er erliegen sollte; es war dieselbe, an welcher Ludwig starb (Leberkrebs), dem er nach 5 Wochen im Tode nachfolgte. Seine Asche wurde seiner Anordnung gemäss im Elterngrabe zu Zweibrücken beigesetzt.
Ich habe mit meinen Brüdern wenig zusammengelebt. Ich kam früh aus dem Elternhause fort und sie fanden ihre Stellungen weit weg von meinen Wohnorten. So sahen wir uns nur selten und kurz bei Besuchen, Briefe wurden wenig gewechselt und jene von Ludwig und Fritz waren meist im Depeschenstil gehalten. Im Elternhause traf man
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