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Krieger, Ernst: [Lebenserinnerungen des Ernst Krieger]. Um 1907.

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dadurch, dass er mit wenig Mannschaft ein Bataillon Mobilgarden zersprengte und theilweise gefangennahm und eine französische Batterie ausser Feuer setzte; die Geschütze konnten wegen mangelnder Pferde nicht geborgen werden. Hierfür wurde ihm der höchste bayr. Orden, der Max-Joseph-Orden, mit welchem der Adel und ein jährlicher Ehrensold verbunden ist. Fritz war nie verwundet worden, obgleich er als verwegener Offizier bekannt war, der zwar seine Soldaten möglichst deckte und schonte, nicht aber sich selbst. Mit seinem Humor wusste er seine Leute in den niederdrückendsten Situationen bei guter Laune zu erhalten, durch seine französ. Sprachgewandheit und seine Findigkeit leistete er auf dem Marsche und im Quartier viele wichtige, oft sehr belachte Dienste. Er kehrte als ein gefeierter Held in die Garnison zurück. Aber hier weckte seine mit Orden (darunter auch der italienische bei einer Vermählung im Königshause erlangte Mauritius- und Lazarus-Orden) und Ehrenzeichen breit bedeckte Brust den Neid und die Intrigue. Er wurde aus dem bevorzugten Leibregimente und aus der Residenz München hinausgeschoben, avancierte aber bei seinem tüchtigen Friedens- und Manöverleistungen durch das 1., das 10. Inf. Regiment in Ingolstadt als Major in das 11. zu Regensburg als Oberstleutnant, obgleich er weder Kriegsakademie noch auch Kriegsschule besucht hatte. Als Leutnant hatte er sich mit Marie Römer, Tochter des Mulde-Thal-Bahndirektors Römer in Dresden verehelicht. Ein dieser Ehe entsprossenes Kind starb bald. Die wohlunterrichtete, liebenswürdige Frau trug leider den Keim eines geistigen Defektes in sich, der zu einer schweren Katastrophe führte. Marie oder wie sie im Familienkreise genannt wurde Mieze brachte ihr eigenes Vermögen, über welches Fritz sie verfügen liess, durch und häufte Schulden über Schulden, kaufte theure Gegenstände ohne sie zu bezahlen und versetzte sie, um damit Geld zu erlangen; dazu verkaufte sie alle Wertgegenstände des Haushaltes. Wohin sie das Geld brachte ist bis heute ein Räthsel. Als Fritz aus dem Kaisermanöver bei Hanau heimkehrte, wo er sehr gut abgeschnitten hatte und seiner Bevörderung zum Oberst und Kommandeur eines

dadurch, dass er mit wenig Mannschaft ein Bataillon Mobilgarden zersprengte und theilweise gefangennahm und eine französische Batterie ausser Feuer setzte; die Geschütze konnten wegen mangelnder Pferde nicht geborgen werden. Hierfür wurde ihm der höchste bayr. Orden, der Max-Joseph-Orden, mit welchem der Adel und ein jährlicher Ehrensold verbunden ist. Fritz war nie verwundet worden, obgleich er als verwegener Offizier bekannt war, der zwar seine Soldaten möglichst deckte und schonte, nicht aber sich selbst. Mit seinem Humor wusste er seine Leute in den niederdrückendsten Situationen bei guter Laune zu erhalten, durch seine französ. Sprachgewandheit und seine Findigkeit leistete er auf dem Marsche und im Quartier viele wichtige, oft sehr belachte Dienste. Er kehrte als ein gefeierter Held in die Garnison zurück. Aber hier weckte seine mit Orden (darunter auch der italienische bei einer Vermählung im Königshause erlangte Mauritius- und Lazarus-Orden) und Ehrenzeichen breit bedeckte Brust den Neid und die Intrigue. Er wurde aus dem bevorzugten Leibregimente und aus der Residenz München hinausgeschoben, avancierte aber bei seinem tüchtigen Friedens- und Manöverleistungen durch das 1., das 10. Inf. Regiment in Ingolstadt als Major in das 11. zu Regensburg als Oberstleutnant, obgleich er weder Kriegsakademie noch auch Kriegsschule besucht hatte. Als Leutnant hatte er sich mit Marie Römer, Tochter des Mulde-Thal-Bahndirektors Römer in Dresden verehelicht. Ein dieser Ehe entsprossenes Kind starb bald. Die wohlunterrichtete, liebenswürdige Frau trug leider den Keim eines geistigen Defektes in sich, der zu einer schweren Katastrophe führte. Marie oder wie sie im Familienkreise genannt wurde Mieze brachte ihr eigenes Vermögen, über welches Fritz sie verfügen liess, durch und häufte Schulden über Schulden, kaufte theure Gegenstände ohne sie zu bezahlen und versetzte sie, um damit Geld zu erlangen; dazu verkaufte sie alle Wertgegenstände des Haushaltes. Wohin sie das Geld brachte ist bis heute ein Räthsel. Als Fritz aus dem Kaisermanöver bei Hanau heimkehrte, wo er sehr gut abgeschnitten hatte und seiner Bevörderung zum Oberst und Kommandeur eines

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[10/0010] dadurch, dass er mit wenig Mannschaft ein Bataillon Mobilgarden zersprengte und theilweise gefangennahm und eine französische Batterie ausser Feuer setzte; die Geschütze konnten wegen mangelnder Pferde nicht geborgen werden. Hierfür wurde ihm der höchste bayr. Orden, der Max-Joseph-Orden, mit welchem der Adel und ein jährlicher Ehrensold verbunden ist. Fritz war nie verwundet worden, obgleich er als verwegener Offizier bekannt war, der zwar seine Soldaten möglichst deckte und schonte, nicht aber sich selbst. Mit seinem Humor wusste er seine Leute in den niederdrückendsten Situationen bei guter Laune zu erhalten, durch seine französ. Sprachgewandheit und seine Findigkeit leistete er auf dem Marsche und im Quartier viele wichtige, oft sehr belachte Dienste. Er kehrte als ein gefeierter Held in die Garnison zurück. Aber hier weckte seine mit Orden (darunter auch der italienische bei einer Vermählung im Königshause erlangte Mauritius- und Lazarus-Orden) und Ehrenzeichen breit bedeckte Brust den Neid und die Intrigue. Er wurde aus dem bevorzugten Leibregimente und aus der Residenz München hinausgeschoben, avancierte aber bei seinem tüchtigen Friedens- und Manöverleistungen durch das 1., das 10. Inf. Regiment in Ingolstadt als Major in das 11. zu Regensburg als Oberstleutnant, obgleich er weder Kriegsakademie noch auch Kriegsschule besucht hatte. Als Leutnant hatte er sich mit Marie Römer, Tochter des Mulde-Thal-Bahndirektors Römer in Dresden verehelicht. Ein dieser Ehe entsprossenes Kind starb bald. Die wohlunterrichtete, liebenswürdige Frau trug leider den Keim eines geistigen Defektes in sich, der zu einer schweren Katastrophe führte. Marie oder wie sie im Familienkreise genannt wurde Mieze brachte ihr eigenes Vermögen, über welches Fritz sie verfügen liess, durch und häufte Schulden über Schulden, kaufte theure Gegenstände ohne sie zu bezahlen und versetzte sie, um damit Geld zu erlangen; dazu verkaufte sie alle Wertgegenstände des Haushaltes. Wohin sie das Geld brachte ist bis heute ein Räthsel. Als Fritz aus dem Kaisermanöver bei Hanau heimkehrte, wo er sehr gut abgeschnitten hatte und seiner Bevörderung zum Oberst und Kommandeur eines

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Zitationshilfe: Krieger, Ernst: [Lebenserinnerungen des Ernst Krieger]. Um 1907, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krieger_lebenserinnerungen_1907/10>, abgerufen am 25.04.2024.