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Krieger, Ernst: [Lebenserinnerungen des Ernst Krieger]. Um 1907.

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ab und empfahlen nur die sorgfältigste Überwachung. Meine Schwägerin Marie eilte zu treuer Hilfe herbei. Ich übernahm den Wachtdienst bei Nacht, um bei Tage meinem Amte nachgehen zu können. Als nach Monaten bereits Besserung eingetreten zu sein schien, riss sich an einem Sonntage während des Gottesdienstes die arme Kranke von ihrer Schwester los und stürzte sich aus dem Fenster des vorher von ihr verschlossenen Schlafzimmers in den Hof. Das Becken war zerbrochen, aber das Leben erhalten. Der Bruch heilte langsam, noch langsamer das Gemüthsleiden, aber es heilte. Ruhe, Klarheit und Heiterkeit traten allmählich wieder hervor.

Wie dankte die Genesene Gott dem Herrn mit uns. Er hatte uns betrübt und sich wieder erbarmt nach seiner grossen Güte. Es war rührend gewesen, wie in Stunden grösster Verwirrung und höchster Aufregung jedes mal geistlicher Zuspruch, kurzes Gebet, besonders aber bekannte Lieder, langsam und gut betont gesprochen, oft augenblickliche Besserung brachten. Der tief im Herzen wurzelnde Glaube nahm die aus Gottes Wort dargereichte Stärkung auf und half dem trüben Geist und den aufgeregten Nerven zurecht.

In der Zeit der Erkrankung meiner 1. Frau kamen mir 3 Beweise des Vertrauens und der Anerkennung zu.

Die Familie Kraemer wies meinem Gehalte eine persönliche Zulage von 300 Gulden = 900 Mark jährlich aus der Kasse des Eisenwerkes zu. Ich hatte ja auch schon sonstige Beweise des Vertrauens dieser Familie empfangen. Als ich im Jahre 1873 eine 14tägige Fussreise mit meinen Buben nach der Pfalz und dem angränzenden Elsass plante, bat mich H. Heinrich Kraemer, seinen Sohn Fritz mitzunehmen und ging gern die Bedingung ein, dass Fritz sich ganz nach uns zu richten habe, nicht wir nach ihm. Dann wurde bei dem Tode des H. Friedrich Kraemer sen. ich zum Familienrathe zugezogen, der die Erbverhältnisse zu ordnen hatte. Bei der Engagierung von Hauslehrern und Hilfslehrern wurde mein Rath nicht nur erbeten, sondern jedesmal ganz befolgt. Die gewährte Gehaltszulage sollte es mir möglich machen noch länger in St. Ingbert zu bleiben. Sicherer wäre ich festgehalten worden, wenn nicht

ab und empfahlen nur die sorgfältigste Überwachung. Meine Schwägerin Marie eilte zu treuer Hilfe herbei. Ich übernahm den Wachtdienst bei Nacht, um bei Tage meinem Amte nachgehen zu können. Als nach Monaten bereits Besserung eingetreten zu sein schien, riss sich an einem Sonntage während des Gottesdienstes die arme Kranke von ihrer Schwester los und stürzte sich aus dem Fenster des vorher von ihr verschlossenen Schlafzimmers in den Hof. Das Becken war zerbrochen, aber das Leben erhalten. Der Bruch heilte langsam, noch langsamer das Gemüthsleiden, aber es heilte. Ruhe, Klarheit und Heiterkeit traten allmählich wieder hervor.

Wie dankte die Genesene Gott dem Herrn mit uns. Er hatte uns betrübt und sich wieder erbarmt nach seiner grossen Güte. Es war rührend gewesen, wie in Stunden grösster Verwirrung und höchster Aufregung jedes mal geistlicher Zuspruch, kurzes Gebet, besonders aber bekannte Lieder, langsam und gut betont gesprochen, oft augenblickliche Besserung brachten. Der tief im Herzen wurzelnde Glaube nahm die aus Gottes Wort dargereichte Stärkung auf und half dem trüben Geist und den aufgeregten Nerven zurecht.

In der Zeit der Erkrankung meiner 1. Frau kamen mir 3 Beweise des Vertrauens und der Anerkennung zu.

Die Familie Kraemer wies meinem Gehalte eine persönliche Zulage von 300 Gulden = 900 Mark jährlich aus der Kasse des Eisenwerkes zu. Ich hatte ja auch schon sonstige Beweise des Vertrauens dieser Familie empfangen. Als ich im Jahre 1873 eine 14tägige Fussreise mit meinen Buben nach der Pfalz und dem angränzenden Elsass plante, bat mich H. Heinrich Kraemer, seinen Sohn Fritz mitzunehmen und ging gern die Bedingung ein, dass Fritz sich ganz nach uns zu richten habe, nicht wir nach ihm. Dann wurde bei dem Tode des H. Friedrich Kraemer sen. ich zum Familienrathe zugezogen, der die Erbverhältnisse zu ordnen hatte. Bei der Engagierung von Hauslehrern und Hilfslehrern wurde mein Rath nicht nur erbeten, sondern jedesmal ganz befolgt. Die gewährte Gehaltszulage sollte es mir möglich machen noch länger in St. Ingbert zu bleiben. Sicherer wäre ich festgehalten worden, wenn nicht

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[109/0109] ab und empfahlen nur die sorgfältigste Überwachung. Meine Schwägerin Marie eilte zu treuer Hilfe herbei. Ich übernahm den Wachtdienst bei Nacht, um bei Tage meinem Amte nachgehen zu können. Als nach Monaten bereits Besserung eingetreten zu sein schien, riss sich an einem Sonntage während des Gottesdienstes die arme Kranke von ihrer Schwester los und stürzte sich aus dem Fenster des vorher von ihr verschlossenen Schlafzimmers in den Hof. Das Becken war zerbrochen, aber das Leben erhalten. Der Bruch heilte langsam, noch langsamer das Gemüthsleiden, aber es heilte. Ruhe, Klarheit und Heiterkeit traten allmählich wieder hervor. Wie dankte die Genesene Gott dem Herrn mit uns. Er hatte uns betrübt und sich wieder erbarmt nach seiner grossen Güte. Es war rührend gewesen, wie in Stunden grösster Verwirrung und höchster Aufregung jedes mal geistlicher Zuspruch, kurzes Gebet, besonders aber bekannte Lieder, langsam und gut betont gesprochen, oft augenblickliche Besserung brachten. Der tief im Herzen wurzelnde Glaube nahm die aus Gottes Wort dargereichte Stärkung auf und half dem trüben Geist und den aufgeregten Nerven zurecht. In der Zeit der Erkrankung meiner 1. Frau kamen mir 3 Beweise des Vertrauens und der Anerkennung zu. Die Familie Kraemer wies meinem Gehalte eine persönliche Zulage von 300 Gulden = 900 Mark jährlich aus der Kasse des Eisenwerkes zu. Ich hatte ja auch schon sonstige Beweise des Vertrauens dieser Familie empfangen. Als ich im Jahre 1873 eine 14tägige Fussreise mit meinen Buben nach der Pfalz und dem angränzenden Elsass plante, bat mich H. Heinrich Kraemer, seinen Sohn Fritz mitzunehmen und ging gern die Bedingung ein, dass Fritz sich ganz nach uns zu richten habe, nicht wir nach ihm. Dann wurde bei dem Tode des H. Friedrich Kraemer sen. ich zum Familienrathe zugezogen, der die Erbverhältnisse zu ordnen hatte. Bei der Engagierung von Hauslehrern und Hilfslehrern wurde mein Rath nicht nur erbeten, sondern jedesmal ganz befolgt. Die gewährte Gehaltszulage sollte es mir möglich machen noch länger in St. Ingbert zu bleiben. Sicherer wäre ich festgehalten worden, wenn nicht

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Zitationshilfe: Krieger, Ernst: [Lebenserinnerungen des Ernst Krieger]. Um 1907, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krieger_lebenserinnerungen_1907/109>, abgerufen am 27.11.2024.