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Krieger, Ernst: [Lebenserinnerungen des Ernst Krieger]. Um 1907.

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Als weitere Nebenarbeit kamen verschiedene Bausachen, denn ich hatte als Baumeister grosses Vertrauen erworben und dies ging so weit, dass ich von auswärts um Gutachten angegangen wurde. In St. Ingbert wurde ich von den Gebr. Kraemer für die Pläne eines kleinen Spitals nebst Arztwohnung, von der Stadt für jene eines Lateinschulhauses, von der israelischen Gemeinde für die einer Synagoge (!) und von Privaten für solche von Wohnhäusern in Anspruch genommen. Die Pläne wurden mit allen Details gefertigt, die Bauaufsicht bei Ausführung lehnte ich ab und war froh als ich nach der Ernennung eines Distriktsbaumeisters für St. Ingbert alle ferneren Gesuchsteller an diesen weisen konnte. Dem Regierungsbaurathe in Speyer, der Wind von meiner Baumeisterei bekommen hatte und mich als Kollegen begrüsste, konnte ich sagen, dass ich ausser Dienst getreten sei mit Fortbezug meines Gehaltes.

Im Jahre 1873 kam auf die zu Elversberg neu errichtete evang. Pfarrstelle der Pfarrer Gerhard Berg, der sich bald als Nachbar vorstellte und mit seiner Frau uns so gefiel dass wir einen regen Verkehr anknüpften. Daraus erwuchs eine nähere Bekanntschaft mit anderen preussischen Kollegen und endlich eine regelmässige Famillenkonferenz mit Berg/Elversberg, Hermann/Friedrichsthal und Lichnock/Dudweiler. An Hermanns Stelle trat nach dessen Abgang als Divisionsprediger nach Osnabrück sein Nachfolger Spiess. Diese Konferenz gehört zu meinen angenehmsten Erinnerungen. Wir standen fest auf positiv evang. Boden, dabei war Beck Reformierter, Hermann pietistischer Unionsmann, Lichnock und ich waren gemässigte Lutheraner; Spiess kam stark von Ritsehl angehaucht in die Konferenz. Diese Verschiedenheit gab zu lebhaften Verhandlungen Anlass, ohne je einen Riss herbeizuführen.

Alle 14 Tage kam man Nachmittags zusammen in einem der 4 Pfarrhäuser, der Kaffee wurde zusammen getrunken, dann zogen sich die Männer ins Studierzimmer zurück, wo der Hausherr über die Tagesordnung referierte. Wir lasen unter gründlicher Exegese die Sprüche, Hiob und Prophetenstücke, dann Ritsehls Rechtfertigung und Versöhnung und arbeiteten theolog. und kirchl. Tagesfragen durch. Die Frauen waren unterdessen sich selbst überlassen bis etwa 7 Uhr, wo bei den Herren angefragt

Als weitere Nebenarbeit kamen verschiedene Bausachen, denn ich hatte als Baumeister grosses Vertrauen erworben und dies ging so weit, dass ich von auswärts um Gutachten angegangen wurde. In St. Ingbert wurde ich von den Gebr. Kraemer für die Pläne eines kleinen Spitals nebst Arztwohnung, von der Stadt für jene eines Lateinschulhauses, von der israelischen Gemeinde für die einer Synagoge (!) und von Privaten für solche von Wohnhäusern in Anspruch genommen. Die Pläne wurden mit allen Details gefertigt, die Bauaufsicht bei Ausführung lehnte ich ab und war froh als ich nach der Ernennung eines Distriktsbaumeisters für St. Ingbert alle ferneren Gesuchsteller an diesen weisen konnte. Dem Regierungsbaurathe in Speyer, der Wind von meiner Baumeisterei bekommen hatte und mich als Kollegen begrüsste, konnte ich sagen, dass ich ausser Dienst getreten sei mit Fortbezug meines Gehaltes.

Im Jahre 1873 kam auf die zu Elversberg neu errichtete evang. Pfarrstelle der Pfarrer Gerhard Berg, der sich bald als Nachbar vorstellte und mit seiner Frau uns so gefiel dass wir einen regen Verkehr anknüpften. Daraus erwuchs eine nähere Bekanntschaft mit anderen preussischen Kollegen und endlich eine regelmässige Famillenkonferenz mit Berg/Elversberg, Hermann/Friedrichsthal und Lichnock/Dudweiler. An Hermanns Stelle trat nach dessen Abgang als Divisionsprediger nach Osnabrück sein Nachfolger Spiess. Diese Konferenz gehört zu meinen angenehmsten Erinnerungen. Wir standen fest auf positiv evang. Boden, dabei war Beck Reformierter, Hermann pietistischer Unionsmann, Lichnock und ich waren gemässigte Lutheraner; Spiess kam stark von Ritsehl angehaucht in die Konferenz. Diese Verschiedenheit gab zu lebhaften Verhandlungen Anlass, ohne je einen Riss herbeizuführen.

Alle 14 Tage kam man Nachmittags zusammen in einem der 4 Pfarrhäuser, der Kaffee wurde zusammen getrunken, dann zogen sich die Männer ins Studierzimmer zurück, wo der Hausherr über die Tagesordnung referierte. Wir lasen unter gründlicher Exegese die Sprüche, Hiob und Prophetenstücke, dann Ritsehls Rechtfertigung und Versöhnung und arbeiteten theolog. und kirchl. Tagesfragen durch. Die Frauen waren unterdessen sich selbst überlassen bis etwa 7 Uhr, wo bei den Herren angefragt

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Als weitere Nebenarbeit kamen verschiedene Bausachen, denn ich hatte als Baumeister grosses Vertrauen erworben und dies ging so weit, dass ich von auswärts um Gutachten angegangen wurde. In St. Ingbert wurde ich von den Gebr. Kraemer für die Pläne eines kleinen Spitals nebst Arztwohnung, von der Stadt für jene eines Lateinschulhauses, von der israelischen Gemeinde für die einer Synagoge (!) und von Privaten für solche von Wohnhäusern in Anspruch genommen. Die Pläne wurden mit allen Details gefertigt, die Bauaufsicht bei Ausführung lehnte ich ab und war froh als ich nach der Ernennung eines Distriktsbaumeisters für St. Ingbert alle ferneren Gesuchsteller an diesen weisen konnte. Dem Regierungsbaurathe in Speyer, der Wind von meiner Baumeisterei bekommen hatte und mich als Kollegen begrüsste, konnte ich sagen, dass ich ausser Dienst getreten sei mit Fortbezug meines Gehaltes.</p>
        <p>Im Jahre 1873 kam auf die zu Elversberg neu errichtete evang. Pfarrstelle der Pfarrer Gerhard Berg, der sich bald als Nachbar vorstellte und mit seiner Frau uns so gefiel dass wir einen regen Verkehr anknüpften. Daraus erwuchs eine nähere Bekanntschaft mit anderen preussischen Kollegen und endlich eine regelmässige Famillenkonferenz mit Berg/Elversberg, Hermann/Friedrichsthal und Lichnock/Dudweiler. An Hermanns Stelle trat nach dessen Abgang als Divisionsprediger nach Osnabrück sein Nachfolger Spiess. Diese Konferenz gehört zu meinen angenehmsten Erinnerungen. Wir standen fest auf positiv evang. Boden, dabei war Beck Reformierter, Hermann pietistischer Unionsmann, Lichnock und ich waren gemässigte Lutheraner; Spiess kam stark von Ritsehl angehaucht in die Konferenz. Diese Verschiedenheit gab zu lebhaften Verhandlungen Anlass, ohne je einen Riss herbeizuführen.</p>
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[105/0105] Als weitere Nebenarbeit kamen verschiedene Bausachen, denn ich hatte als Baumeister grosses Vertrauen erworben und dies ging so weit, dass ich von auswärts um Gutachten angegangen wurde. In St. Ingbert wurde ich von den Gebr. Kraemer für die Pläne eines kleinen Spitals nebst Arztwohnung, von der Stadt für jene eines Lateinschulhauses, von der israelischen Gemeinde für die einer Synagoge (!) und von Privaten für solche von Wohnhäusern in Anspruch genommen. Die Pläne wurden mit allen Details gefertigt, die Bauaufsicht bei Ausführung lehnte ich ab und war froh als ich nach der Ernennung eines Distriktsbaumeisters für St. Ingbert alle ferneren Gesuchsteller an diesen weisen konnte. Dem Regierungsbaurathe in Speyer, der Wind von meiner Baumeisterei bekommen hatte und mich als Kollegen begrüsste, konnte ich sagen, dass ich ausser Dienst getreten sei mit Fortbezug meines Gehaltes. Im Jahre 1873 kam auf die zu Elversberg neu errichtete evang. Pfarrstelle der Pfarrer Gerhard Berg, der sich bald als Nachbar vorstellte und mit seiner Frau uns so gefiel dass wir einen regen Verkehr anknüpften. Daraus erwuchs eine nähere Bekanntschaft mit anderen preussischen Kollegen und endlich eine regelmässige Famillenkonferenz mit Berg/Elversberg, Hermann/Friedrichsthal und Lichnock/Dudweiler. An Hermanns Stelle trat nach dessen Abgang als Divisionsprediger nach Osnabrück sein Nachfolger Spiess. Diese Konferenz gehört zu meinen angenehmsten Erinnerungen. Wir standen fest auf positiv evang. Boden, dabei war Beck Reformierter, Hermann pietistischer Unionsmann, Lichnock und ich waren gemässigte Lutheraner; Spiess kam stark von Ritsehl angehaucht in die Konferenz. Diese Verschiedenheit gab zu lebhaften Verhandlungen Anlass, ohne je einen Riss herbeizuführen. Alle 14 Tage kam man Nachmittags zusammen in einem der 4 Pfarrhäuser, der Kaffee wurde zusammen getrunken, dann zogen sich die Männer ins Studierzimmer zurück, wo der Hausherr über die Tagesordnung referierte. Wir lasen unter gründlicher Exegese die Sprüche, Hiob und Prophetenstücke, dann Ritsehls Rechtfertigung und Versöhnung und arbeiteten theolog. und kirchl. Tagesfragen durch. Die Frauen waren unterdessen sich selbst überlassen bis etwa 7 Uhr, wo bei den Herren angefragt

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Zitationshilfe: Krieger, Ernst: [Lebenserinnerungen des Ernst Krieger]. Um 1907, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krieger_lebenserinnerungen_1907/105>, abgerufen am 27.11.2024.