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Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888.

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Worten gleich schweren Felsblöcken um sich warf. Seine
Zagheit war verschwunden, er glich einem tief empörten
Menschen, aus dem die Macht der moralischen Ueberzeugung
spricht. Der Zorn drang auf ihn ein, der heilige Zorn eines
gekränkten und erbitterten Mannes. Der Anblick seines
Sohnes hatte sein Innerstes aufgewühlt, wie durch den
Sturmwind das stille Meer in Bewegung gesetzt wird. Alle
Leiden der letzten Zeit, der Schmerz um die Verblichene,
die Sorge um seine Zukunft, der Kummer, den ihm Franz
verursacht hatte, drangen chaotisch auf ihn ein, und er durch¬
kostete binnen wenigen Minuten das noch einmal, was er
während Jahren bereits durchlebt hatte. Es zischte und
kochte in ihm, wie in einem Kessel, in dem der Dampf der
Entfesselung harrt. Es mußte heraus, was er dachte, wozu
er die Worte bereits auf den Lippen hatte. War er einmal zu
Grunde gerichtet, hatte er heute seine Wahlstimme für die
Partei der gesellschaftlichen Empörer gegeben, so konnte er
auch furchtlos seine Meinung sagen. Er hatte nichts mehr
zu verlieren als sein Leben.

Der Ton, den er jetzt anschlug, setzte alle in Erstaunen.
Es entstand eine Bewegung, als wollte die ganze Ver¬
sammlung sich von den Sitzen erheben, um in helle Be¬
geisterung auszubrechen. Das war eine Sprache, die man
lange nicht vernommen hatte. Die ganze Bourgeoisie,
sämmtliche Kapitalisten der Welt hätten hier anwesend sein
müssen, um von diesem alten Herrn da oben mit Worten zu¬
sammengeschossen zu werden. Hei, wie die mitgenommen
wurden! Das war ein frisches Wort, frei von der Leber!

Der Polizeilieutenant hatte den Meister Dinge sagen
lassen, die er keinem Anderen gestattet haben würde; kannte

Worten gleich ſchweren Felsblöcken um ſich warf. Seine
Zagheit war verſchwunden, er glich einem tief empörten
Menſchen, aus dem die Macht der moraliſchen Ueberzeugung
ſpricht. Der Zorn drang auf ihn ein, der heilige Zorn eines
gekränkten und erbitterten Mannes. Der Anblick ſeines
Sohnes hatte ſein Innerſtes aufgewühlt, wie durch den
Sturmwind das ſtille Meer in Bewegung geſetzt wird. Alle
Leiden der letzten Zeit, der Schmerz um die Verblichene,
die Sorge um ſeine Zukunft, der Kummer, den ihm Franz
verurſacht hatte, drangen chaotiſch auf ihn ein, und er durch¬
koſtete binnen wenigen Minuten das noch einmal, was er
während Jahren bereits durchlebt hatte. Es ziſchte und
kochte in ihm, wie in einem Keſſel, in dem der Dampf der
Entfeſſelung harrt. Es mußte heraus, was er dachte, wozu
er die Worte bereits auf den Lippen hatte. War er einmal zu
Grunde gerichtet, hatte er heute ſeine Wahlſtimme für die
Partei der geſellſchaftlichen Empörer gegeben, ſo konnte er
auch furchtlos ſeine Meinung ſagen. Er hatte nichts mehr
zu verlieren als ſein Leben.

Der Ton, den er jetzt anſchlug, ſetzte alle in Erſtaunen.
Es entſtand eine Bewegung, als wollte die ganze Ver¬
ſammlung ſich von den Sitzen erheben, um in helle Be¬
geiſterung auszubrechen. Das war eine Sprache, die man
lange nicht vernommen hatte. Die ganze Bourgeoiſie,
ſämmtliche Kapitaliſten der Welt hätten hier anweſend ſein
müſſen, um von dieſem alten Herrn da oben mit Worten zu¬
ſammengeſchoſſen zu werden. Hei, wie die mitgenommen
wurden! Das war ein friſches Wort, frei von der Leber!

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[297/0309] Worten gleich ſchweren Felsblöcken um ſich warf. Seine Zagheit war verſchwunden, er glich einem tief empörten Menſchen, aus dem die Macht der moraliſchen Ueberzeugung ſpricht. Der Zorn drang auf ihn ein, der heilige Zorn eines gekränkten und erbitterten Mannes. Der Anblick ſeines Sohnes hatte ſein Innerſtes aufgewühlt, wie durch den Sturmwind das ſtille Meer in Bewegung geſetzt wird. Alle Leiden der letzten Zeit, der Schmerz um die Verblichene, die Sorge um ſeine Zukunft, der Kummer, den ihm Franz verurſacht hatte, drangen chaotiſch auf ihn ein, und er durch¬ koſtete binnen wenigen Minuten das noch einmal, was er während Jahren bereits durchlebt hatte. Es ziſchte und kochte in ihm, wie in einem Keſſel, in dem der Dampf der Entfeſſelung harrt. Es mußte heraus, was er dachte, wozu er die Worte bereits auf den Lippen hatte. War er einmal zu Grunde gerichtet, hatte er heute ſeine Wahlſtimme für die Partei der geſellſchaftlichen Empörer gegeben, ſo konnte er auch furchtlos ſeine Meinung ſagen. Er hatte nichts mehr zu verlieren als ſein Leben. Der Ton, den er jetzt anſchlug, ſetzte alle in Erſtaunen. Es entſtand eine Bewegung, als wollte die ganze Ver¬ ſammlung ſich von den Sitzen erheben, um in helle Be¬ geiſterung auszubrechen. Das war eine Sprache, die man lange nicht vernommen hatte. Die ganze Bourgeoiſie, ſämmtliche Kapitaliſten der Welt hätten hier anweſend ſein müſſen, um von dieſem alten Herrn da oben mit Worten zu¬ ſammengeſchoſſen zu werden. Hei, wie die mitgenommen wurden! Das war ein friſches Wort, frei von der Leber! Der Polizeilieutenant hatte den Meiſter Dinge ſagen laſſen, die er keinem Anderen geſtattet haben würde; kannte

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Zitationshilfe: Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kretzer_timpe_1888/309>, abgerufen am 25.11.2024.