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Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888.

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Im großen Komtor machte man durchaus kein Ge¬
heimniß daraus, daß er ein sehr lockeres Leben führe und
Passionen nachgehe, die ihm viel Geld kosteten. Da man ihn
aber fürchtete, und seine Noblesse bei gewissen Gelegenheiten
bekannt war, so raunte man sich die üblen Dinge, die man
über ihn erfuhr, nur leise zu. So kam es, daß weder Urban
noch dessen Frau irgend etwas von seinem bedenklichen
Lebenswandel erfuhren und um so weniger Verdacht
schöpften, als er sich thatsächlich niemals eine Unpünktlichkeit
oder Vernachlässigung seiner geschäftlichen Pflichten zu Schulden
kommen ließ.

Wenn Franz des Abends von seiner Braut Abschied ge¬
nommen hatte, so suchte er die Bierkneipen auf oder die zahl¬
reichen Vergnügungslokale Berlins, in denen der jungen
Männerwelt Zerstreuungen jeder Art geboten werden. Ja,
eines Abends nahe an Mitternacht wollte man ihn in Gesell¬
schaft von Fräulein Irma, einer bei den Studenten des Vier¬
tels sehr beliebten Biermamsell im Cafe Bauer erblickt haben.
Als das einer der Kommis im Komtor erzählte, meldeten
sich sofort einige Kollegen, die schon längst von dieser Lieb¬
schaft Kenntniß haben wollten. Man fand das aber für einen
noch unverheiratheten jungen Mann in Berlin so selbstver¬
ständlich, daß man sich nur witzige Bemerkungen über diese
neueste Entdeckung erlaubte und im Uebrigen den Glücklichen
um sein ungebundenes Leben beneidete.

Durch diese Abwege gerieth Franz in Schulden, die er
ohne Bedenken bei einem Wucherer entrirte und die sich immer
mehr anhäuften. Wußte man doch, daß er mit einem ver¬
mögenden Mädchen aus guter Familie verlobt war, und daß
er eines Tages die acceptirten Wechsel prompt werde ein¬

Im großen Komtor machte man durchaus kein Ge¬
heimniß daraus, daß er ein ſehr lockeres Leben führe und
Paſſionen nachgehe, die ihm viel Geld koſteten. Da man ihn
aber fürchtete, und ſeine Nobleſſe bei gewiſſen Gelegenheiten
bekannt war, ſo raunte man ſich die üblen Dinge, die man
über ihn erfuhr, nur leiſe zu. So kam es, daß weder Urban
noch deſſen Frau irgend etwas von ſeinem bedenklichen
Lebenswandel erfuhren und um ſo weniger Verdacht
ſchöpften, als er ſich thatſächlich niemals eine Unpünktlichkeit
oder Vernachläſſigung ſeiner geſchäftlichen Pflichten zu Schulden
kommen ließ.

Wenn Franz des Abends von ſeiner Braut Abſchied ge¬
nommen hatte, ſo ſuchte er die Bierkneipen auf oder die zahl¬
reichen Vergnügungslokale Berlins, in denen der jungen
Männerwelt Zerſtreuungen jeder Art geboten werden. Ja,
eines Abends nahe an Mitternacht wollte man ihn in Geſell¬
ſchaft von Fräulein Irma, einer bei den Studenten des Vier¬
tels ſehr beliebten Biermamſell im Café Bauer erblickt haben.
Als das einer der Kommis im Komtor erzählte, meldeten
ſich ſofort einige Kollegen, die ſchon längſt von dieſer Lieb¬
ſchaft Kenntniß haben wollten. Man fand das aber für einen
noch unverheiratheten jungen Mann in Berlin ſo ſelbſtver¬
ſtändlich, daß man ſich nur witzige Bemerkungen über dieſe
neueſte Entdeckung erlaubte und im Uebrigen den Glücklichen
um ſein ungebundenes Leben beneidete.

Durch dieſe Abwege gerieth Franz in Schulden, die er
ohne Bedenken bei einem Wucherer entrirte und die ſich immer
mehr anhäuften. Wußte man doch, daß er mit einem ver¬
mögenden Mädchen aus guter Familie verlobt war, und daß
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[189/0201] Im großen Komtor machte man durchaus kein Ge¬ heimniß daraus, daß er ein ſehr lockeres Leben führe und Paſſionen nachgehe, die ihm viel Geld koſteten. Da man ihn aber fürchtete, und ſeine Nobleſſe bei gewiſſen Gelegenheiten bekannt war, ſo raunte man ſich die üblen Dinge, die man über ihn erfuhr, nur leiſe zu. So kam es, daß weder Urban noch deſſen Frau irgend etwas von ſeinem bedenklichen Lebenswandel erfuhren und um ſo weniger Verdacht ſchöpften, als er ſich thatſächlich niemals eine Unpünktlichkeit oder Vernachläſſigung ſeiner geſchäftlichen Pflichten zu Schulden kommen ließ. Wenn Franz des Abends von ſeiner Braut Abſchied ge¬ nommen hatte, ſo ſuchte er die Bierkneipen auf oder die zahl¬ reichen Vergnügungslokale Berlins, in denen der jungen Männerwelt Zerſtreuungen jeder Art geboten werden. Ja, eines Abends nahe an Mitternacht wollte man ihn in Geſell¬ ſchaft von Fräulein Irma, einer bei den Studenten des Vier¬ tels ſehr beliebten Biermamſell im Café Bauer erblickt haben. Als das einer der Kommis im Komtor erzählte, meldeten ſich ſofort einige Kollegen, die ſchon längſt von dieſer Lieb¬ ſchaft Kenntniß haben wollten. Man fand das aber für einen noch unverheiratheten jungen Mann in Berlin ſo ſelbſtver¬ ſtändlich, daß man ſich nur witzige Bemerkungen über dieſe neueſte Entdeckung erlaubte und im Uebrigen den Glücklichen um ſein ungebundenes Leben beneidete. Durch dieſe Abwege gerieth Franz in Schulden, die er ohne Bedenken bei einem Wucherer entrirte und die ſich immer mehr anhäuften. Wußte man doch, daß er mit einem ver¬ mögenden Mädchen aus guter Familie verlobt war, und daß er eines Tages die acceptirten Wechſel prompt werde ein¬

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Zitationshilfe: Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kretzer_timpe_1888/201>, abgerufen am 25.11.2024.