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Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888.

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"Jawohl, Vater, Du hast immer Recht; aber was den
Franz anbetrifft, so möchte in manchen Dingen Herr Beyer
doch nicht so ganz --"

"Unrecht haben. Gewiß, gewiß! Verlaß auch Du noch
meine Fahne! Hier fehlt nur noch der Großvater, um mich
zum todten Manne zu machen. Aber Johannes Timpe läßt
sich noch nicht begraben. Werde dem da drüben hinter der
Mauer gerade den Gefallen thun!"

Und der Meister lachte vergnügt und erhob sich zum
Zeichen, daß er die Sitzung beschließen wolle.

Als Krusemeyer langsam hinter dem Altgesellen dem
Häuschen zuschritt, nahm ihn Timpe noch einmal bei Seite,
hielt, ihn auf einige Augenblicke zurück, that erst sehr verlegen
und sagte dann leise, aber mit großer Wichtigkeit:
"Hm -- ja, was ich gleich noch sagen wollte: Hier das
Geld für die Stiefel . . . . . und ja, Hm -- -- der
Junge hat also wirklich ganz offen behauptet, er
würde der Schwiegersohn von Urban werden? -- Hm
-- verstehen Sie nur: es sind ja Worte eines dummen
Jungen, aber ich möchte das nur bestätigt wissen, um dafür
zu sorgen, daß er nicht noch einmal so etwas öffentlich
schwatze --"

"Sehr in der Ordnung, Herr Timpe . . . Mein Wort
darauf: zehn Mal mindestens hat er es gesagt . . ."

"Hier, Krusemeyer, trinken Sie eins auf mein Wohl, und
forschen Sie einmal bei Ihrem Freunde, dem Schutzmann,
wie die Radaugeschichte des Jungen steht."

"Nichts leichter als das, Herr Timpe. Liebegott und
ich gehören zur Polizei, und die weiß Alles." Damit ver¬
schwand auch er.

„Jawohl, Vater, Du haſt immer Recht; aber was den
Franz anbetrifft, ſo möchte in manchen Dingen Herr Beyer
doch nicht ſo ganz —“

„Unrecht haben. Gewiß, gewiß! Verlaß auch Du noch
meine Fahne! Hier fehlt nur noch der Großvater, um mich
zum todten Manne zu machen. Aber Johannes Timpe läßt
ſich noch nicht begraben. Werde dem da drüben hinter der
Mauer gerade den Gefallen thun!“

Und der Meiſter lachte vergnügt und erhob ſich zum
Zeichen, daß er die Sitzung beſchließen wolle.

Als Kruſemeyer langſam hinter dem Altgeſellen dem
Häuschen zuſchritt, nahm ihn Timpe noch einmal bei Seite,
hielt, ihn auf einige Augenblicke zurück, that erſt ſehr verlegen
und ſagte dann leiſe, aber mit großer Wichtigkeit:
„Hm — ja, was ich gleich noch ſagen wollte: Hier das
Geld für die Stiefel . . . . . und ja, Hm — — der
Junge hat alſo wirklich ganz offen behauptet, er
würde der Schwiegerſohn von Urban werden? — Hm
— verſtehen Sie nur: es ſind ja Worte eines dummen
Jungen, aber ich möchte das nur beſtätigt wiſſen, um dafür
zu ſorgen, daß er nicht noch einmal ſo etwas öffentlich
ſchwatze —“

„Sehr in der Ordnung, Herr Timpe . . . Mein Wort
darauf: zehn Mal mindeſtens hat er es geſagt . . .“

„Hier, Kruſemeyer, trinken Sie eins auf mein Wohl, und
forſchen Sie einmal bei Ihrem Freunde, dem Schutzmann,
wie die Radaugeſchichte des Jungen ſteht.“

„Nichts leichter als das, Herr Timpe. Liebegott und
ich gehören zur Polizei, und die weiß Alles.“ Damit ver¬
ſchwand auch er.

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[90/0102] „Jawohl, Vater, Du haſt immer Recht; aber was den Franz anbetrifft, ſo möchte in manchen Dingen Herr Beyer doch nicht ſo ganz —“ „Unrecht haben. Gewiß, gewiß! Verlaß auch Du noch meine Fahne! Hier fehlt nur noch der Großvater, um mich zum todten Manne zu machen. Aber Johannes Timpe läßt ſich noch nicht begraben. Werde dem da drüben hinter der Mauer gerade den Gefallen thun!“ Und der Meiſter lachte vergnügt und erhob ſich zum Zeichen, daß er die Sitzung beſchließen wolle. Als Kruſemeyer langſam hinter dem Altgeſellen dem Häuschen zuſchritt, nahm ihn Timpe noch einmal bei Seite, hielt, ihn auf einige Augenblicke zurück, that erſt ſehr verlegen und ſagte dann leiſe, aber mit großer Wichtigkeit: „Hm — ja, was ich gleich noch ſagen wollte: Hier das Geld für die Stiefel . . . . . und ja, Hm — — der Junge hat alſo wirklich ganz offen behauptet, er würde der Schwiegerſohn von Urban werden? — Hm — verſtehen Sie nur: es ſind ja Worte eines dummen Jungen, aber ich möchte das nur beſtätigt wiſſen, um dafür zu ſorgen, daß er nicht noch einmal ſo etwas öffentlich ſchwatze —“ „Sehr in der Ordnung, Herr Timpe . . . Mein Wort darauf: zehn Mal mindeſtens hat er es geſagt . . .“ „Hier, Kruſemeyer, trinken Sie eins auf mein Wohl, und forſchen Sie einmal bei Ihrem Freunde, dem Schutzmann, wie die Radaugeſchichte des Jungen ſteht.“ „Nichts leichter als das, Herr Timpe. Liebegott und ich gehören zur Polizei, und die weiß Alles.“ Damit ver¬ ſchwand auch er.

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Zitationshilfe: Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kretzer_timpe_1888/102>, abgerufen am 24.11.2024.