Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kraus, Otto: Der Professorenroman. In: Zeitfragen des christlichen Volkslebens/ Band IX. Heft 4 (1884).

Bild:
<< vorherige Seite

sich gelegentlich an seine "schönen Leserinnen" wendet, so läßt
sich aus nachstehender Zusammenstellung jener Ausdrücke ein
Schluß auf die fortgeschrittene deutsche höhere Mädchenschule
ziehen. Wir hören bei F. Dahn von Biremen und Triremen,
von Protectoren und Doryphoren, vom Princeps senatus und
Princeps inferorum, die Begrüßung Chaire und Salve, vom
Archon, Hafen-Archon, Nauarch und Trierarch, vom Comes
sacri stabuli, vom Magister und der Magistra militum, von
Hypaspisten, Logotheten, Strigen, Lamien, Dromonen, Jnstitoren,
Frameen, Klinen, Palilien, vom Lektus, Sinus, Capsula, Abolla,
Chlamys, Clavus, Velarius, Vestiarius, Comes spathariorum,
Proto-Keryx, Monopteros, Gynäceum, Symposion, Patera, von
einem Pyzikenischen Saale, einem Citruskästchen, Purpurgausape,
Calantica, Francisca, Peculium, Phialen, von picentinischem
Zwieback, von Stimmi, Asphodeloskränzen, Sajonen, Fora,
Curo-polata u. s. f. u. s. f. Dieser Gelehrsamkeit entsprechen
denn auch Sätze wie die folgenden: "O ich sah ihn vor der
Coena durch deine Porticus eintreten." Als Cethegus bei der
Gattin Belisar's einen halbgezähmten sich drohend gebärdenden
Jagdleoparden, der aber nur Persisch versteht, in dieser Sprache
anschreit mit den Worten: "Nieder! Nieder! heiß Eisen sonst
droht", und als die Bestie sich darauf winselnd niederlegt, ruft
Frau Belisar entzückt: "Das Thier -- die Proskynese!"

Wie Ebers so bricht auch Dahn nicht selten in Jamben aus,
z. B. "Jhr seht das alte Banner Theoderich's in meiner Hand,
das er von Sieg zu Sieg getragen. Wohl ruht es jetzt in
schlechtrer Hand als seine war -- doch zaget nicht. Jhr wisset:
übermüthige Zuversicht ist meine Sache nicht, doch dießmal sag'
ich euch voraus: in dieser Fahne rauscht ein naher Sieg, ein
großer, stolzer, rachefroher Sieg. Folgt mir hinaus. Das Heer
bricht auf, sogleich. Jhr Feldherrn ordnet eure Scharen nach
Rom."

Sehr geschmackvoll ist die Aufzählung ganz obscurer Leute
unter Namhaftmachung ihrer betreffenden Nationalität: "Dort
fiel die Blüthe von Belisar's Leibwächtern, darunter viele meiner
nächsten Waffenfreunde, Alamundurus der Saracene, Artasines

4 *

ſich gelegentlich an ſeine „ſchönen Leſerinnen‟ wendet, ſo läßt
ſich aus nachſtehender Zuſammenſtellung jener Ausdrücke ein
Schluß auf die fortgeſchrittene deutſche höhere Mädchenſchule
ziehen. Wir hören bei F. Dahn von Biremen und Triremen,
von Protectoren und Doryphoren, vom Princeps ſenatus und
Princeps inferorum, die Begrüßung Chaire und Salve, vom
Archon, Hafen-Archon, Nauarch und Trierarch, vom Comes
ſacri ſtabuli, vom Magiſter und der Magiſtra militum, von
Hypaſpiſten, Logotheten, Strigen, Lamien, Dromonen, Jnſtitoren,
Frameen, Klinen, Palilien, vom Lektus, Sinus, Capſula, Abolla,
Chlamys, Clavus, Velarius, Veſtiarius, Comes ſpathariorum,
Proto-Keryx, Monopteros, Gynäceum, Sympoſion, Patera, von
einem Pyzikeniſchen Saale, einem Citruskäſtchen, Purpurgauſape,
Calantica, Franciſca, Peculium, Phialen, von picentiniſchem
Zwieback, von Stimmi, Asphodeloskränzen, Sajonen, Fora,
Curo-polata u. ſ. f. u. ſ. f. Dieſer Gelehrſamkeit entſprechen
denn auch Sätze wie die folgenden: „O ich ſah ihn vor der
Coena durch deine Porticus eintreten.‟ Als Cethegus bei der
Gattin Beliſar’s einen halbgezähmten ſich drohend gebärdenden
Jagdleoparden, der aber nur Perſiſch verſteht, in dieſer Sprache
anſchreit mit den Worten: „Nieder! Nieder! heiß Eiſen ſonſt
droht‟, und als die Beſtie ſich darauf winſelnd niederlegt, ruft
Frau Beliſar entzückt: „Das Thier — die Proskyneſe!‟

Wie Ebers ſo bricht auch Dahn nicht ſelten in Jamben aus,
z. B. „Jhr ſeht das alte Banner Theoderich’s in meiner Hand,
das er von Sieg zu Sieg getragen. Wohl ruht es jetzt in
ſchlechtrer Hand als ſeine war — doch zaget nicht. Jhr wiſſet:
übermüthige Zuverſicht iſt meine Sache nicht, doch dießmal ſag’
ich euch voraus: in dieſer Fahne rauſcht ein naher Sieg, ein
großer, ſtolzer, rachefroher Sieg. Folgt mir hinaus. Das Heer
bricht auf, ſogleich. Jhr Feldherrn ordnet eure Scharen nach
Rom.‟

Sehr geſchmackvoll iſt die Aufzählung ganz obſcurer Leute
unter Namhaftmachung ihrer betreffenden Nationalität: „Dort
fiel die Blüthe von Beliſar’s Leibwächtern, darunter viele meiner
nächſten Waffenfreunde, Alamundurus der Saracene, Artaſines

4 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0051" n="51 243"/>
&#x017F;ich gelegentlich an &#x017F;eine &#x201E;&#x017F;chönen Le&#x017F;erinnen&#x201F; wendet, &#x017F;o läßt<lb/>
&#x017F;ich aus nach&#x017F;tehender Zu&#x017F;ammen&#x017F;tellung jener Ausdrücke ein<lb/>
Schluß auf die fortge&#x017F;chrittene deut&#x017F;che höhere Mädchen&#x017F;chule<lb/>
ziehen. Wir hören bei F. Dahn von Biremen und Triremen,<lb/>
von Protectoren und Doryphoren, vom Princeps &#x017F;enatus und<lb/>
Princeps inferorum, die Begrüßung Chaire und Salve, vom<lb/>
Archon, Hafen-Archon, Nauarch und Trierarch, vom Comes<lb/>
&#x017F;acri &#x017F;tabuli, vom Magi&#x017F;ter und der Magi&#x017F;tra militum, von<lb/>
Hypa&#x017F;pi&#x017F;ten, Logotheten, Strigen, Lamien, Dromonen, Jn&#x017F;titoren,<lb/>
Frameen, Klinen, Palilien, vom Lektus, Sinus, Cap&#x017F;ula, Abolla,<lb/>
Chlamys, Clavus, Velarius, Ve&#x017F;tiarius, Comes &#x017F;pathariorum,<lb/>
Proto-Keryx, Monopteros, Gynäceum, Sympo&#x017F;ion, Patera, von<lb/>
einem Pyzikeni&#x017F;chen Saale, einem Citruskä&#x017F;tchen, Purpurgau&#x017F;ape,<lb/>
Calantica, Franci&#x017F;ca, Peculium, Phialen, von picentini&#x017F;chem<lb/>
Zwieback, von Stimmi, Asphodeloskränzen, Sajonen, Fora,<lb/>
Curo-polata u. &#x017F;. f. u. &#x017F;. f. Die&#x017F;er Gelehr&#x017F;amkeit ent&#x017F;prechen<lb/>
denn auch Sätze wie die folgenden: &#x201E;O ich &#x017F;ah ihn vor der<lb/>
Coena durch deine Porticus eintreten.&#x201F; Als Cethegus bei der<lb/>
Gattin Beli&#x017F;ar&#x2019;s einen halbgezähmten &#x017F;ich drohend gebärdenden<lb/>
Jagdleoparden, der aber nur Per&#x017F;i&#x017F;ch ver&#x017F;teht, in die&#x017F;er Sprache<lb/>
an&#x017F;chreit mit den Worten: &#x201E;Nieder! Nieder! heiß Ei&#x017F;en &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
droht&#x201F;, und als die Be&#x017F;tie &#x017F;ich darauf win&#x017F;elnd niederlegt, ruft<lb/>
Frau Beli&#x017F;ar entzückt: &#x201E;Das Thier &#x2014; die Proskyne&#x017F;e!&#x201F;</p><lb/>
      <p>Wie Ebers &#x017F;o bricht auch Dahn nicht &#x017F;elten in Jamben aus,<lb/>
z. B. &#x201E;Jhr &#x017F;eht das alte Banner Theoderich&#x2019;s in meiner Hand,<lb/>
das er von Sieg zu Sieg getragen. Wohl ruht es jetzt in<lb/>
&#x017F;chlechtrer Hand als &#x017F;eine war &#x2014; doch zaget nicht. Jhr wi&#x017F;&#x017F;et:<lb/>
übermüthige Zuver&#x017F;icht i&#x017F;t meine Sache nicht, doch dießmal &#x017F;ag&#x2019;<lb/>
ich euch voraus: in die&#x017F;er Fahne rau&#x017F;cht ein naher Sieg, ein<lb/>
großer, &#x017F;tolzer, rachefroher Sieg. Folgt mir hinaus. Das Heer<lb/>
bricht auf, &#x017F;ogleich. Jhr Feldherrn ordnet eure Scharen nach<lb/>
Rom.&#x201F;</p><lb/>
      <p>Sehr ge&#x017F;chmackvoll i&#x017F;t die Aufzählung ganz ob&#x017F;curer Leute<lb/>
unter Namhaftmachung ihrer betreffenden Nationalität: &#x201E;Dort<lb/>
fiel die Blüthe von Beli&#x017F;ar&#x2019;s Leibwächtern, darunter viele meiner<lb/>
näch&#x017F;ten Waffenfreunde, Alamundurus der Saracene, Arta&#x017F;ines<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">4 *</fw><lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[51 243/0051] ſich gelegentlich an ſeine „ſchönen Leſerinnen‟ wendet, ſo läßt ſich aus nachſtehender Zuſammenſtellung jener Ausdrücke ein Schluß auf die fortgeſchrittene deutſche höhere Mädchenſchule ziehen. Wir hören bei F. Dahn von Biremen und Triremen, von Protectoren und Doryphoren, vom Princeps ſenatus und Princeps inferorum, die Begrüßung Chaire und Salve, vom Archon, Hafen-Archon, Nauarch und Trierarch, vom Comes ſacri ſtabuli, vom Magiſter und der Magiſtra militum, von Hypaſpiſten, Logotheten, Strigen, Lamien, Dromonen, Jnſtitoren, Frameen, Klinen, Palilien, vom Lektus, Sinus, Capſula, Abolla, Chlamys, Clavus, Velarius, Veſtiarius, Comes ſpathariorum, Proto-Keryx, Monopteros, Gynäceum, Sympoſion, Patera, von einem Pyzikeniſchen Saale, einem Citruskäſtchen, Purpurgauſape, Calantica, Franciſca, Peculium, Phialen, von picentiniſchem Zwieback, von Stimmi, Asphodeloskränzen, Sajonen, Fora, Curo-polata u. ſ. f. u. ſ. f. Dieſer Gelehrſamkeit entſprechen denn auch Sätze wie die folgenden: „O ich ſah ihn vor der Coena durch deine Porticus eintreten.‟ Als Cethegus bei der Gattin Beliſar’s einen halbgezähmten ſich drohend gebärdenden Jagdleoparden, der aber nur Perſiſch verſteht, in dieſer Sprache anſchreit mit den Worten: „Nieder! Nieder! heiß Eiſen ſonſt droht‟, und als die Beſtie ſich darauf winſelnd niederlegt, ruft Frau Beliſar entzückt: „Das Thier — die Proskyneſe!‟ Wie Ebers ſo bricht auch Dahn nicht ſelten in Jamben aus, z. B. „Jhr ſeht das alte Banner Theoderich’s in meiner Hand, das er von Sieg zu Sieg getragen. Wohl ruht es jetzt in ſchlechtrer Hand als ſeine war — doch zaget nicht. Jhr wiſſet: übermüthige Zuverſicht iſt meine Sache nicht, doch dießmal ſag’ ich euch voraus: in dieſer Fahne rauſcht ein naher Sieg, ein großer, ſtolzer, rachefroher Sieg. Folgt mir hinaus. Das Heer bricht auf, ſogleich. Jhr Feldherrn ordnet eure Scharen nach Rom.‟ Sehr geſchmackvoll iſt die Aufzählung ganz obſcurer Leute unter Namhaftmachung ihrer betreffenden Nationalität: „Dort fiel die Blüthe von Beliſar’s Leibwächtern, darunter viele meiner nächſten Waffenfreunde, Alamundurus der Saracene, Artaſines 4 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Autorname, Autorvorname: Kurztitel. In: Kurztitel… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kraus_professorenroman_1884
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kraus_professorenroman_1884/51
Zitationshilfe: Kraus, Otto: Der Professorenroman. In: Zeitfragen des christlichen Volkslebens/ Band IX. Heft 4 (1884), S. 51 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kraus_professorenroman_1884/51>, abgerufen am 27.04.2024.