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Krane, Friedrich von: Die Dressur des Reitpferdes (Campagne- und Gebrauchs-Pferdes). Münster, 1856.

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lich nach starken Bewegungen, vor dem erkältenden Fussboden wie
ein Teppich schützt, und es fehlt ihnen der Zeitvertreib, den sie im
Aufsuchen und Beknabbern der süssen Strohknoten finden. Es ist,
meines Erachtens, auch kein kleiner Vortheil der Streu, dass sie
die schräge Fläche, worauf die Thiere meist zu stehen verdammt
sind und auf der sie keine Ruhe finden können bei naturgemässer
Stellung ihrer Beine, in eine horizontale verwandelt. Ob die klu-
gen Thiere vielleicht auch deshalb die Streu so gern nach hinten
kratzen? Viel schlimmer aber gestaltet es sich mit der Streu in
der Regenzeit, oder gar im Winter bei Frost. In jener Zeit trocknet
sie nicht, wandert massenweise zur Düngergrube, und selbst das
nächtliche Lager wird dürftig, hart und nass. Der Frost trocknet
gar nicht, die Feuchtigkeit friert an das Stroh an. Beine und Un-
terleib werden durch die gefrorene, kalte Streu erkältet und es er-
zeugen sich alle Arten der Erkältungskrankheiten, Druse, Rheu-
matismus, Kolik, Mauke etc. und die Hufe werden brockelig und
spröde. Hat endlich die animalische Wärme die an den Halm ge-
frorene Feuchtigkeit aufgethaut, so ist das Lager wiederum nass,
die Luft aber wird mit der Ausdünstung verpestet. Andere werfen
die Streu nur bei gutem Wetter heraus, bei schlechtem thürmen
sie dieselbe den Tag über in einzelne Haufen in der Stallgasse auf.
Hiedurch geht ein Verdünstungsprozess des Harns vor sich, der die
Luft mit Amoniakdünsten schwängert und Jedem, der von aussen
hereintritt, schmerzlich auf Augen und Lunge fällt, und die Wahr-
heit des Sprüchwortes anschaulich macht: "Wenn man im D ....
rührt" u. s. w. Mir scheint die bäuerische Behandlung der Streu
am zweckmässigsten. Man vermeide jedes Rühren sorgfältigst, lasse
sie Tag und Nacht liegen, sorge dafür, dass die Stallwachten den
Mist wegnehmen, ehe ihn die Thiere in das Stroh treten und streue
seine 5 Pf. täglich oben auf. Es wird sich so eine Schicht bilden,
dick genug, um ein weiches, elastisches Lager zu geben; der Harn
wird in die Unterschicht dringen, ohne dass die Nässe bis oben
durchschlägt; der Amoniak und die Dünste bleiben dort gebunden
und gebannt; die Thiere stehen horizontal, gleiten nicht und die
Kälte des Fussbodens ist von den Beinen abgehalten. Man mache
den Versuch und man wird finden, dass die Luft reiner bleibt, wie
bei anderem Verfahren. Um die Ueberhäufung zu vermeiden, lasse
ich in einem Stalle von 140 Pferden alle Tage 10 Stände misten.
Wenn die Thiere so im Stalle stehen, wie sie in den Abtheilungen
gehen, so kann auch im Winter die Störung nur gering sein, wenn
während der Zeit, in welcher die Pferde in der Bahn sind, dies

Anhang.
lich nach starken Bewegungen, vor dem erkältenden Fussboden wie
ein Teppich schützt, und es fehlt ihnen der Zeitvertreib, den sie im
Aufsuchen und Beknabbern der süssen Strohknoten finden. Es ist,
meines Erachtens, auch kein kleiner Vortheil der Streu, dass sie
die schräge Fläche, worauf die Thiere meist zu stehen verdammt
sind und auf der sie keine Ruhe finden können bei naturgemässer
Stellung ihrer Beine, in eine horizontale verwandelt. Ob die klu-
gen Thiere vielleicht auch deshalb die Streu so gern nach hinten
kratzen? Viel schlimmer aber gestaltet es sich mit der Streu in
der Regenzeit, oder gar im Winter bei Frost. In jener Zeit trocknet
sie nicht, wandert massenweise zur Düngergrube, und selbst das
nächtliche Lager wird dürftig, hart und nass. Der Frost trocknet
gar nicht, die Feuchtigkeit friert an das Stroh an. Beine und Un-
terleib werden durch die gefrorene, kalte Streu erkältet und es er-
zeugen sich alle Arten der Erkältungskrankheiten, Druse, Rheu-
matismus, Kolik, Mauke etc. und die Hufe werden brockelig und
spröde. Hat endlich die animalische Wärme die an den Halm ge-
frorene Feuchtigkeit aufgethaut, so ist das Lager wiederum nass,
die Luft aber wird mit der Ausdünstung verpestet. Andere werfen
die Streu nur bei gutem Wetter heraus, bei schlechtem thürmen
sie dieselbe den Tag über in einzelne Haufen in der Stallgasse auf.
Hiedurch geht ein Verdünstungsprozess des Harns vor sich, der die
Luft mit Amoniakdünsten schwängert und Jedem, der von aussen
hereintritt, schmerzlich auf Augen und Lunge fällt, und die Wahr-
heit des Sprüchwortes anschaulich macht: „Wenn man im D ....
rührt“ u. s. w. Mir scheint die bäuerische Behandlung der Streu
am zweckmässigsten. Man vermeide jedes Rühren sorgfältigst, lasse
sie Tag und Nacht liegen, sorge dafür, dass die Stallwachten den
Mist wegnehmen, ehe ihn die Thiere in das Stroh treten und streue
seine 5 Pf. täglich oben auf. Es wird sich so eine Schicht bilden,
dick genug, um ein weiches, elastisches Lager zu geben; der Harn
wird in die Unterschicht dringen, ohne dass die Nässe bis oben
durchschlägt; der Amoniak und die Dünste bleiben dort gebunden
und gebannt; die Thiere stehen horizontal, gleiten nicht und die
Kälte des Fussbodens ist von den Beinen abgehalten. Man mache
den Versuch und man wird finden, dass die Luft reiner bleibt, wie
bei anderem Verfahren. Um die Ueberhäufung zu vermeiden, lasse
ich in einem Stalle von 140 Pferden alle Tage 10 Stände misten.
Wenn die Thiere so im Stalle stehen, wie sie in den Abtheilungen
gehen, so kann auch im Winter die Störung nur gering sein, wenn
während der Zeit, in welcher die Pferde in der Bahn sind, dies

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[296/0318] Anhang. lich nach starken Bewegungen, vor dem erkältenden Fussboden wie ein Teppich schützt, und es fehlt ihnen der Zeitvertreib, den sie im Aufsuchen und Beknabbern der süssen Strohknoten finden. Es ist, meines Erachtens, auch kein kleiner Vortheil der Streu, dass sie die schräge Fläche, worauf die Thiere meist zu stehen verdammt sind und auf der sie keine Ruhe finden können bei naturgemässer Stellung ihrer Beine, in eine horizontale verwandelt. Ob die klu- gen Thiere vielleicht auch deshalb die Streu so gern nach hinten kratzen? Viel schlimmer aber gestaltet es sich mit der Streu in der Regenzeit, oder gar im Winter bei Frost. In jener Zeit trocknet sie nicht, wandert massenweise zur Düngergrube, und selbst das nächtliche Lager wird dürftig, hart und nass. Der Frost trocknet gar nicht, die Feuchtigkeit friert an das Stroh an. Beine und Un- terleib werden durch die gefrorene, kalte Streu erkältet und es er- zeugen sich alle Arten der Erkältungskrankheiten, Druse, Rheu- matismus, Kolik, Mauke etc. und die Hufe werden brockelig und spröde. Hat endlich die animalische Wärme die an den Halm ge- frorene Feuchtigkeit aufgethaut, so ist das Lager wiederum nass, die Luft aber wird mit der Ausdünstung verpestet. Andere werfen die Streu nur bei gutem Wetter heraus, bei schlechtem thürmen sie dieselbe den Tag über in einzelne Haufen in der Stallgasse auf. Hiedurch geht ein Verdünstungsprozess des Harns vor sich, der die Luft mit Amoniakdünsten schwängert und Jedem, der von aussen hereintritt, schmerzlich auf Augen und Lunge fällt, und die Wahr- heit des Sprüchwortes anschaulich macht: „Wenn man im D .... rührt“ u. s. w. Mir scheint die bäuerische Behandlung der Streu am zweckmässigsten. Man vermeide jedes Rühren sorgfältigst, lasse sie Tag und Nacht liegen, sorge dafür, dass die Stallwachten den Mist wegnehmen, ehe ihn die Thiere in das Stroh treten und streue seine 5 Pf. täglich oben auf. Es wird sich so eine Schicht bilden, dick genug, um ein weiches, elastisches Lager zu geben; der Harn wird in die Unterschicht dringen, ohne dass die Nässe bis oben durchschlägt; der Amoniak und die Dünste bleiben dort gebunden und gebannt; die Thiere stehen horizontal, gleiten nicht und die Kälte des Fussbodens ist von den Beinen abgehalten. Man mache den Versuch und man wird finden, dass die Luft reiner bleibt, wie bei anderem Verfahren. Um die Ueberhäufung zu vermeiden, lasse ich in einem Stalle von 140 Pferden alle Tage 10 Stände misten. Wenn die Thiere so im Stalle stehen, wie sie in den Abtheilungen gehen, so kann auch im Winter die Störung nur gering sein, wenn während der Zeit, in welcher die Pferde in der Bahn sind, dies

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Zitationshilfe: Krane, Friedrich von: Die Dressur des Reitpferdes (Campagne- und Gebrauchs-Pferdes). Münster, 1856, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krane_reitpferd_1856/318>, abgerufen am 25.11.2024.