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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876.

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Die Fischzucht.
1. Die Fischarten.

Vom Standpunkte des praktischen Fischzüchters werden die Fische unterschieden
in Raub- und Friedfische. Die Raubfische ernähren sich von anderen Fischen und
ihrer Brut, die Friedfische dagegen von vegetabilischen Stoffen, Schlamm, Dünger,
kleinen Insecten, Fischlaich etc. Ein weiterer Unterschied wird zwischen den Fischen
gemacht je nachdem sie freie oder anklebende Eier besitzen. Erstere, wie die Salmo-
niden und Maifische, eignen sich vorzugsweise für die künstliche Fischzucht und für die
Zucht in Seen, Letztere, wie der Karpfen, der Barsch etc., für die Teichwirthschaft.
Zu den für die Fischzucht im Großen am meisten zu beachtenden Fischarten gehören:

1. Der Karpfen (Cyprinus carpio L.), Fig. 202. Derselbe liebt ruhiges
Wasser mit schlammigem Grunde. Als Fried- oder Grundfisch nährt er sich von

[Abbildung] Fig. 202.

Karpfen (Cyprinus carpio L.).

Gras, jungem Rohr, Thierexcrementen, Moder, Schlamm, gekochten Hülsenfrüchten,
Bierträbern etc. Von dem gemeinen Karpfen unterscheidet man den Spiegelkarpfen
oder Karpfenkönig mit 3 Reihen sehr großer Schuppen an beiden Seiten und den
schuppenlosen, nackten oder Lederkarpfen. Der Karpfenrogner (Weibchen) legt Anfang
Mai bis Ende Juni an Wasserpflanzen zusammenklebende Eier, über welche der
Milchner (Männchen) streicht, um durch die in der Milch enthaltenen Samenfäden
die Eier zu befruchten. Auf einen Rogner rechnet man durchschnittlich 200,000
bis 250,000 Stück Eier, aus welchen bei einer Temperatur von 18--20° in
7--8 Tagen die junge Karpfenbrut ausschlüpft. Dieselbe wird bereits in 3 Jahren
wieder fortpflanzungsfähig. Der wagbare oder verkaufsfähige, 3jährige Hauptkarpfen
wägt über 1.5 Kilogr. Der Karpfen kann jedoch ein Gewicht von 20, 45 und
mehr Kilogramm erreichen.

2. Der Hecht (Esox lucius L.), Fig. 203. Derselbe ist charakterisirt durch
die einfache Rückenflosse und durch das breite Maul mit vorragendem Unterkiefer
und starker Bezahnung, welche seine große Gefräßigkeit erkennen läßt. Die hellgelben
Varietäten heißen Bunt- oder Scheckhechte, die grün gefärbten Grashechte. Als Raub-

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Die Fiſchzucht.
1. Die Fiſcharten.

Vom Standpunkte des praktiſchen Fiſchzüchters werden die Fiſche unterſchieden
in Raub- und Friedfiſche. Die Raubfiſche ernähren ſich von anderen Fiſchen und
ihrer Brut, die Friedfiſche dagegen von vegetabiliſchen Stoffen, Schlamm, Dünger,
kleinen Inſecten, Fiſchlaich ꝛc. Ein weiterer Unterſchied wird zwiſchen den Fiſchen
gemacht je nachdem ſie freie oder anklebende Eier beſitzen. Erſtere, wie die Salmo-
niden und Maifiſche, eignen ſich vorzugsweiſe für die künſtliche Fiſchzucht und für die
Zucht in Seen, Letztere, wie der Karpfen, der Barſch ꝛc., für die Teichwirthſchaft.
Zu den für die Fiſchzucht im Großen am meiſten zu beachtenden Fiſcharten gehören:

1. Der Karpfen (Cyprinus carpio L.), Fig. 202. Derſelbe liebt ruhiges
Waſſer mit ſchlammigem Grunde. Als Fried- oder Grundfiſch nährt er ſich von

[Abbildung] Fig. 202.

Karpfen (Cyprinus carpio L.).

Gras, jungem Rohr, Thierexcrementen, Moder, Schlamm, gekochten Hülſenfrüchten,
Bierträbern ꝛc. Von dem gemeinen Karpfen unterſcheidet man den Spiegelkarpfen
oder Karpfenkönig mit 3 Reihen ſehr großer Schuppen an beiden Seiten und den
ſchuppenloſen, nackten oder Lederkarpfen. Der Karpfenrogner (Weibchen) legt Anfang
Mai bis Ende Juni an Waſſerpflanzen zuſammenklebende Eier, über welche der
Milchner (Männchen) ſtreicht, um durch die in der Milch enthaltenen Samenfäden
die Eier zu befruchten. Auf einen Rogner rechnet man durchſchnittlich 200,000
bis 250,000 Stück Eier, aus welchen bei einer Temperatur von 18—20° in
7—8 Tagen die junge Karpfenbrut ausſchlüpft. Dieſelbe wird bereits in 3 Jahren
wieder fortpflanzungsfähig. Der wagbare oder verkaufsfähige, 3jährige Hauptkarpfen
wägt über 1.5 Kilogr. Der Karpfen kann jedoch ein Gewicht von 20, 45 und
mehr Kilogramm erreichen.

2. Der Hecht (Esox lucius L.), Fig. 203. Derſelbe iſt charakteriſirt durch
die einfache Rückenfloſſe und durch das breite Maul mit vorragendem Unterkiefer
und ſtarker Bezahnung, welche ſeine große Gefräßigkeit erkennen läßt. Die hellgelben
Varietäten heißen Bunt- oder Scheckhechte, die grün gefärbten Grashechte. Als Raub-

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[307/0323] Die Fiſchzucht. 1. Die Fiſcharten. Vom Standpunkte des praktiſchen Fiſchzüchters werden die Fiſche unterſchieden in Raub- und Friedfiſche. Die Raubfiſche ernähren ſich von anderen Fiſchen und ihrer Brut, die Friedfiſche dagegen von vegetabiliſchen Stoffen, Schlamm, Dünger, kleinen Inſecten, Fiſchlaich ꝛc. Ein weiterer Unterſchied wird zwiſchen den Fiſchen gemacht je nachdem ſie freie oder anklebende Eier beſitzen. Erſtere, wie die Salmo- niden und Maifiſche, eignen ſich vorzugsweiſe für die künſtliche Fiſchzucht und für die Zucht in Seen, Letztere, wie der Karpfen, der Barſch ꝛc., für die Teichwirthſchaft. Zu den für die Fiſchzucht im Großen am meiſten zu beachtenden Fiſcharten gehören: 1. Der Karpfen (Cyprinus carpio L.), Fig. 202. Derſelbe liebt ruhiges Waſſer mit ſchlammigem Grunde. Als Fried- oder Grundfiſch nährt er ſich von [Abbildung Fig. 202. Karpfen (Cyprinus carpio L.).] Gras, jungem Rohr, Thierexcrementen, Moder, Schlamm, gekochten Hülſenfrüchten, Bierträbern ꝛc. Von dem gemeinen Karpfen unterſcheidet man den Spiegelkarpfen oder Karpfenkönig mit 3 Reihen ſehr großer Schuppen an beiden Seiten und den ſchuppenloſen, nackten oder Lederkarpfen. Der Karpfenrogner (Weibchen) legt Anfang Mai bis Ende Juni an Waſſerpflanzen zuſammenklebende Eier, über welche der Milchner (Männchen) ſtreicht, um durch die in der Milch enthaltenen Samenfäden die Eier zu befruchten. Auf einen Rogner rechnet man durchſchnittlich 200,000 bis 250,000 Stück Eier, aus welchen bei einer Temperatur von 18—20° in 7—8 Tagen die junge Karpfenbrut ausſchlüpft. Dieſelbe wird bereits in 3 Jahren wieder fortpflanzungsfähig. Der wagbare oder verkaufsfähige, 3jährige Hauptkarpfen wägt über 1.5 Kilogr. Der Karpfen kann jedoch ein Gewicht von 20, 45 und mehr Kilogramm erreichen. 2. Der Hecht (Esox lucius L.), Fig. 203. Derſelbe iſt charakteriſirt durch die einfache Rückenfloſſe und durch das breite Maul mit vorragendem Unterkiefer und ſtarker Bezahnung, welche ſeine große Gefräßigkeit erkennen läßt. Die hellgelben Varietäten heißen Bunt- oder Scheckhechte, die grün gefärbten Grashechte. Als Raub- 20*

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft03_1876/323>, abgerufen am 26.11.2024.