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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876.

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Besondere Thierzuchtlehre.
einer Platte zu einem 55 Centm. breiten Kamme vereinigten, stählernen Messer-
klingen bestehen, über welchen eine federnde Messerklinge hin- und hergeführt
werden kann.

[Abbildung] Fig. 154.

Schafscheere von
J. A. Henkels-Solingen.
(H. Hauptner -- Berlin.)

[Abbildung] Fig. 155.

Amerikanische
Schafscheere. -- Preis bei
H. Hauptner -- Berlin per
Dutzend 8.10 Mark (4.05 fl.).

Bei dem Scheeren hat der Scheerer oder die Scheererin
darauf zu achten, daß das Vließ in seinem Zusammenhange
möglichst erhalten bleibe und der Schnitt ohne Stufen aus-
geführt werde. Weiters ist darauf zu sehen, daß die Thiere
nicht geschnitten werden, indem an den vernarbenden Schnitt-
wunden keine oder nur grobe Haare gebildet werden. Etwaige
Schnittstellen sind mit Asche oder Terpentinöl einzureiben.
Trächtige Schafe sind bei der Schur nach Möglichkeit vor
jedem Drucke zu bewahren. Je nach der Geschicklichkeit der
Scheerer, der Dichtheit des Vließes und der Größe der Schafe
vermag eine Person 15--36 Stück abzuscheeren. Die Ent-
lohnung beträgt durchschnittlich per Stück Mutterschaf 0.05--
0.16 Mark (2.5--8 Kr.), per Bock 0.20--0.24 (10--12
Kr.). Die Waschkosten stellen sich ungefähr gleich hoch. Das
Scheeren selbst wird je nach Gewohnheit auf verschiedene
Weise ausgeführt, entweder sitzt oder steht der Arbeiter, oder
das Schaf wird auf einem Schurtische geschoren. Meist wird
das Vließ zwischen den Hinterbeinen, längs des Bauches,
durch die Vorderbeine und an der Unterseite des Halses gleich-
sam gespalten und von hier aus zuerst auf der einen, dann
auf der anderen Seite bis zum Rücken abgenommen.

Die abgeschorenen Vließe werden auf dem Binde- oder
Sortirtisch, Fig. 156, welcher aus einem Lattenroste oder aus
einem über einen Rahmen gespannten Spagatgitter besteht,
gelegt, die Futterreste entfernt und die unreinen Theile vom
Kopfe, den Beinen, dem Schwanze abgesondert. Die letzteren
Abfälle, die Locken, werden wieder nach besserer und schlechterer
Qualität, als "gute" und "gelbe" Locken getrennt und in
Körben gesammelt. Das gereinigte Vließ wird durch Zu-
sammenschlagen der Seitentheile oder durch Einrollen zum
Binden vorbereitet; vorher jedoch bei Stammschäfereien auf
die Wage gelegt. Das ermittelte Gewicht des mit einem
Täfelchen, welches die Nummer des Thieres anzeigt, bezeichneten
Vließes wird in die Schurliste eingetragen. Die Vließe wer-
den hierauf einzeln oder zu 3--5 mit Bindfaden über Kreuz
gebunden und in die Wollziechen eingesackt. Die signirten
Wollziechen sind bis zum Verkaufe in trockenen Räumen auf-
zubewahren, da die lufttrockene Wolle ohnehin durch Hy-
groskopicität 12--28 % Wasser aufnimmt. Die Wolle der

Beſondere Thierzuchtlehre.
einer Platte zu einem 55 Centm. breiten Kamme vereinigten, ſtählernen Meſſer-
klingen beſtehen, über welchen eine federnde Meſſerklinge hin- und hergeführt
werden kann.

[Abbildung] Fig. 154.

Schafſcheere von
J. A. Henkels-Solingen.
(H. Hauptner — Berlin.)

[Abbildung] Fig. 155.

Amerikaniſche
Schafſcheere. — Preis bei
H. Hauptner — Berlin per
Dutzend 8.10 Mark (4.05 fl.).

Bei dem Scheeren hat der Scheerer oder die Scheererin
darauf zu achten, daß das Vließ in ſeinem Zuſammenhange
möglichſt erhalten bleibe und der Schnitt ohne Stufen aus-
geführt werde. Weiters iſt darauf zu ſehen, daß die Thiere
nicht geſchnitten werden, indem an den vernarbenden Schnitt-
wunden keine oder nur grobe Haare gebildet werden. Etwaige
Schnittſtellen ſind mit Aſche oder Terpentinöl einzureiben.
Trächtige Schafe ſind bei der Schur nach Möglichkeit vor
jedem Drucke zu bewahren. Je nach der Geſchicklichkeit der
Scheerer, der Dichtheit des Vließes und der Größe der Schafe
vermag eine Perſon 15—36 Stück abzuſcheeren. Die Ent-
lohnung beträgt durchſchnittlich per Stück Mutterſchaf 0.05—
0.16 Mark (2.5—8 Kr.), per Bock 0.20—0.24 (10—12
Kr.). Die Waſchkoſten ſtellen ſich ungefähr gleich hoch. Das
Scheeren ſelbſt wird je nach Gewohnheit auf verſchiedene
Weiſe ausgeführt, entweder ſitzt oder ſteht der Arbeiter, oder
das Schaf wird auf einem Schurtiſche geſchoren. Meiſt wird
das Vließ zwiſchen den Hinterbeinen, längs des Bauches,
durch die Vorderbeine und an der Unterſeite des Halſes gleich-
ſam geſpalten und von hier aus zuerſt auf der einen, dann
auf der anderen Seite bis zum Rücken abgenommen.

Die abgeſchorenen Vließe werden auf dem Binde- oder
Sortirtiſch, Fig. 156, welcher aus einem Lattenroſte oder aus
einem über einen Rahmen geſpannten Spagatgitter beſteht,
gelegt, die Futterreſte entfernt und die unreinen Theile vom
Kopfe, den Beinen, dem Schwanze abgeſondert. Die letzteren
Abfälle, die Locken, werden wieder nach beſſerer und ſchlechterer
Qualität, als „gute“ und „gelbe“ Locken getrennt und in
Körben geſammelt. Das gereinigte Vließ wird durch Zu-
ſammenſchlagen der Seitentheile oder durch Einrollen zum
Binden vorbereitet; vorher jedoch bei Stammſchäfereien auf
die Wage gelegt. Das ermittelte Gewicht des mit einem
Täfelchen, welches die Nummer des Thieres anzeigt, bezeichneten
Vließes wird in die Schurliſte eingetragen. Die Vließe wer-
den hierauf einzeln oder zu 3—5 mit Bindfaden über Kreuz
gebunden und in die Wollziechen eingeſackt. Die ſignirten
Wollziechen ſind bis zum Verkaufe in trockenen Räumen auf-
zubewahren, da die lufttrockene Wolle ohnehin durch Hy-
groſkopicität 12—28 % Waſſer aufnimmt. Die Wolle der

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[218/0234] Beſondere Thierzuchtlehre. einer Platte zu einem 55 Centm. breiten Kamme vereinigten, ſtählernen Meſſer- klingen beſtehen, über welchen eine federnde Meſſerklinge hin- und hergeführt werden kann. [Abbildung Fig. 154. Schafſcheere von J. A. Henkels-Solingen. (H. Hauptner — Berlin.)] [Abbildung Fig. 155. Amerikaniſche Schafſcheere. — Preis bei H. Hauptner — Berlin per Dutzend 8.10 Mark (4.05 fl.).] Bei dem Scheeren hat der Scheerer oder die Scheererin darauf zu achten, daß das Vließ in ſeinem Zuſammenhange möglichſt erhalten bleibe und der Schnitt ohne Stufen aus- geführt werde. Weiters iſt darauf zu ſehen, daß die Thiere nicht geſchnitten werden, indem an den vernarbenden Schnitt- wunden keine oder nur grobe Haare gebildet werden. Etwaige Schnittſtellen ſind mit Aſche oder Terpentinöl einzureiben. Trächtige Schafe ſind bei der Schur nach Möglichkeit vor jedem Drucke zu bewahren. Je nach der Geſchicklichkeit der Scheerer, der Dichtheit des Vließes und der Größe der Schafe vermag eine Perſon 15—36 Stück abzuſcheeren. Die Ent- lohnung beträgt durchſchnittlich per Stück Mutterſchaf 0.05— 0.16 Mark (2.5—8 Kr.), per Bock 0.20—0.24 (10—12 Kr.). Die Waſchkoſten ſtellen ſich ungefähr gleich hoch. Das Scheeren ſelbſt wird je nach Gewohnheit auf verſchiedene Weiſe ausgeführt, entweder ſitzt oder ſteht der Arbeiter, oder das Schaf wird auf einem Schurtiſche geſchoren. Meiſt wird das Vließ zwiſchen den Hinterbeinen, längs des Bauches, durch die Vorderbeine und an der Unterſeite des Halſes gleich- ſam geſpalten und von hier aus zuerſt auf der einen, dann auf der anderen Seite bis zum Rücken abgenommen. Die abgeſchorenen Vließe werden auf dem Binde- oder Sortirtiſch, Fig. 156, welcher aus einem Lattenroſte oder aus einem über einen Rahmen geſpannten Spagatgitter beſteht, gelegt, die Futterreſte entfernt und die unreinen Theile vom Kopfe, den Beinen, dem Schwanze abgeſondert. Die letzteren Abfälle, die Locken, werden wieder nach beſſerer und ſchlechterer Qualität, als „gute“ und „gelbe“ Locken getrennt und in Körben geſammelt. Das gereinigte Vließ wird durch Zu- ſammenſchlagen der Seitentheile oder durch Einrollen zum Binden vorbereitet; vorher jedoch bei Stammſchäfereien auf die Wage gelegt. Das ermittelte Gewicht des mit einem Täfelchen, welches die Nummer des Thieres anzeigt, bezeichneten Vließes wird in die Schurliſte eingetragen. Die Vließe wer- den hierauf einzeln oder zu 3—5 mit Bindfaden über Kreuz gebunden und in die Wollziechen eingeſackt. Die ſignirten Wollziechen ſind bis zum Verkaufe in trockenen Räumen auf- zubewahren, da die lufttrockene Wolle ohnehin durch Hy- groſkopicität 12—28 % Waſſer aufnimmt. Die Wolle der

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft03_1876/234>, abgerufen am 02.05.2024.