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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 2. Berlin, 1876.

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Die besondere Pflanzenbaulehre (besondere Ackerbaulehre) hat die Aufgabe,
die natürlichen Bedingungen, welche in der allgemeinen Ackerbaulehre für das Wachs-
thum der Pflanzen festgestellt wurden, im Besonderen für die einzelnen Culturpflanzen
Mitteleuropa's auszuführen und das Culturverfahren anzugeben, durch welches --
abgesehen von dem wirthschaftlichen Vortheile -- der größte Ertrag von der einzelnen
Pflanze erreicht werden kann.

Das Culturverfahren richtet sich vorzugsweise nach dem Pflanzentheile, welcher
in erster Linie zur Nutzung gelangen soll und auf dessen höchste Ausbildung daher
hinzuwirken ist. Meist besitzen Pflanzen der verschiedensten Art die gleichen nutzbaren
Theile; sie erfordern daher die gleiche Cultur, weßhalb sie zweckmäßig, unbeschadet
ihrer Verschiedenartigkeit in botanischer Hinsicht, in eine Gruppe zusammengefaßt werden
können. In nachstehender Uebersicht stellen wir den möglicherweise zur Nutzung ge-
langenden Pflanzentheilen jene Pflanzengruppen und Pflanzen gegenüber, welche vor-
zugsweise wegen dieser nutzbaren Theile angebaut werden:


[Spaltenumbruch]
1. Stärkemehlreiche Samen: Mehlfrüchte.
2. Proteinreiche Samen: Hülsenfrüchte.
3. Oelhaltige Samen: Oelfrüchte.
4. Aetherisches Oel enthaltende Samen:
Gewürzpflanzen.
5. Aetherisches Oel enthaltende Frucht-
stände: Hopfen.
6. Fruchtstände: Weberkarde.
7. Farbstoffhaltige Narben: Safran.
8. Farbstoffhaltige Blumenblätter:
Safflor, Malve.

[Spaltenumbruch]
9. Farbstoffhaltige Blätter: Waid, Wau.
10. Alkaloidhaltige Blätter: Tabak.
11. Bastreiche Stengel: Gespinnstpflanzen.
12. Stärkemehlhaltige Knollen: Knollen-
früchte.
13. Rohrzuckerhaltige Wurzeln: Wurzel-
früchte.
14. Farbstoffhaltige Wurzeln: Krapp.
15. Gesammte oberirdische Pflanzentheile:
Futterpflanzen.

Vorerst ist auf die wirthschaftliche Bedeutung der jeweiligen Pflanzengruppe
aufmerksam zu machen und weiterhin die Cultur der einzelnen, der Gruppe an-
gehörigen Pflanze näher auszuführen.

Die Lehre von der Cultur der einzelnen Pflanze hat wieder von der Ermitte-
lung der Arten und Spielarten auszugehen, die Entwickelungsgeschichte für mindestens
eine Pflanze der betreffenden Gruppe anzudeuten, weiterhin die Bedingungen für das
Wachsthum festzustellen, welche Aufschluß über die Verbreitung, über die Ansprüche

1*

Die beſondere Pflanzenbaulehre (beſondere Ackerbaulehre) hat die Aufgabe,
die natürlichen Bedingungen, welche in der allgemeinen Ackerbaulehre für das Wachs-
thum der Pflanzen feſtgeſtellt wurden, im Beſonderen für die einzelnen Culturpflanzen
Mitteleuropa’s auszuführen und das Culturverfahren anzugeben, durch welches —
abgeſehen von dem wirthſchaftlichen Vortheile — der größte Ertrag von der einzelnen
Pflanze erreicht werden kann.

Das Culturverfahren richtet ſich vorzugsweiſe nach dem Pflanzentheile, welcher
in erſter Linie zur Nutzung gelangen ſoll und auf deſſen höchſte Ausbildung daher
hinzuwirken iſt. Meiſt beſitzen Pflanzen der verſchiedenſten Art die gleichen nutzbaren
Theile; ſie erfordern daher die gleiche Cultur, weßhalb ſie zweckmäßig, unbeſchadet
ihrer Verſchiedenartigkeit in botaniſcher Hinſicht, in eine Gruppe zuſammengefaßt werden
können. In nachſtehender Ueberſicht ſtellen wir den möglicherweiſe zur Nutzung ge-
langenden Pflanzentheilen jene Pflanzengruppen und Pflanzen gegenüber, welche vor-
zugsweiſe wegen dieſer nutzbaren Theile angebaut werden:


[Spaltenumbruch]
1. Stärkemehlreiche Samen: Mehlfrüchte.
2. Proteïnreiche Samen: Hülſenfrüchte.
3. Oelhaltige Samen: Oelfrüchte.
4. Aetheriſches Oel enthaltende Samen:
Gewürzpflanzen.
5. Aetheriſches Oel enthaltende Frucht-
ſtände: Hopfen.
6. Fruchtſtände: Weberkarde.
7. Farbſtoffhaltige Narben: Safran.
8. Farbſtoffhaltige Blumenblätter:
Safflor, Malve.

[Spaltenumbruch]
9. Farbſtoffhaltige Blätter: Waid, Wau.
10. Alkaloidhaltige Blätter: Tabak.
11. Baſtreiche Stengel: Geſpinnſtpflanzen.
12. Stärkemehlhaltige Knollen: Knollen-
früchte.
13. Rohrzuckerhaltige Wurzeln: Wurzel-
früchte.
14. Farbſtoffhaltige Wurzeln: Krapp.
15. Geſammte oberirdiſche Pflanzentheile:
Futterpflanzen.

Vorerſt iſt auf die wirthſchaftliche Bedeutung der jeweiligen Pflanzengruppe
aufmerkſam zu machen und weiterhin die Cultur der einzelnen, der Gruppe an-
gehörigen Pflanze näher auszuführen.

Die Lehre von der Cultur der einzelnen Pflanze hat wieder von der Ermitte-
lung der Arten und Spielarten auszugehen, die Entwickelungsgeſchichte für mindeſtens
eine Pflanze der betreffenden Gruppe anzudeuten, weiterhin die Bedingungen für das
Wachsthum feſtzuſtellen, welche Aufſchluß über die Verbreitung, über die Anſprüche

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[[3]/0017] Die beſondere Pflanzenbaulehre (beſondere Ackerbaulehre) hat die Aufgabe, die natürlichen Bedingungen, welche in der allgemeinen Ackerbaulehre für das Wachs- thum der Pflanzen feſtgeſtellt wurden, im Beſonderen für die einzelnen Culturpflanzen Mitteleuropa’s auszuführen und das Culturverfahren anzugeben, durch welches — abgeſehen von dem wirthſchaftlichen Vortheile — der größte Ertrag von der einzelnen Pflanze erreicht werden kann. Das Culturverfahren richtet ſich vorzugsweiſe nach dem Pflanzentheile, welcher in erſter Linie zur Nutzung gelangen ſoll und auf deſſen höchſte Ausbildung daher hinzuwirken iſt. Meiſt beſitzen Pflanzen der verſchiedenſten Art die gleichen nutzbaren Theile; ſie erfordern daher die gleiche Cultur, weßhalb ſie zweckmäßig, unbeſchadet ihrer Verſchiedenartigkeit in botaniſcher Hinſicht, in eine Gruppe zuſammengefaßt werden können. In nachſtehender Ueberſicht ſtellen wir den möglicherweiſe zur Nutzung ge- langenden Pflanzentheilen jene Pflanzengruppen und Pflanzen gegenüber, welche vor- zugsweiſe wegen dieſer nutzbaren Theile angebaut werden: 1. Stärkemehlreiche Samen: Mehlfrüchte. 2. Proteïnreiche Samen: Hülſenfrüchte. 3. Oelhaltige Samen: Oelfrüchte. 4. Aetheriſches Oel enthaltende Samen: Gewürzpflanzen. 5. Aetheriſches Oel enthaltende Frucht- ſtände: Hopfen. 6. Fruchtſtände: Weberkarde. 7. Farbſtoffhaltige Narben: Safran. 8. Farbſtoffhaltige Blumenblätter: Safflor, Malve. 9. Farbſtoffhaltige Blätter: Waid, Wau. 10. Alkaloidhaltige Blätter: Tabak. 11. Baſtreiche Stengel: Geſpinnſtpflanzen. 12. Stärkemehlhaltige Knollen: Knollen- früchte. 13. Rohrzuckerhaltige Wurzeln: Wurzel- früchte. 14. Farbſtoffhaltige Wurzeln: Krapp. 15. Geſammte oberirdiſche Pflanzentheile: Futterpflanzen. Vorerſt iſt auf die wirthſchaftliche Bedeutung der jeweiligen Pflanzengruppe aufmerkſam zu machen und weiterhin die Cultur der einzelnen, der Gruppe an- gehörigen Pflanze näher auszuführen. Die Lehre von der Cultur der einzelnen Pflanze hat wieder von der Ermitte- lung der Arten und Spielarten auszugehen, die Entwickelungsgeſchichte für mindeſtens eine Pflanze der betreffenden Gruppe anzudeuten, weiterhin die Bedingungen für das Wachsthum feſtzuſtellen, welche Aufſchluß über die Verbreitung, über die Anſprüche 1*

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 2. Berlin, 1876, S. [3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft02_1876/17>, abgerufen am 23.11.2024.