Kotzebue, August von: Der Rehbock oder die Schuldlosen Schuldbewußten. Leipzig, 1815.
Sie dem armen Pachter seine Frau abschwatz- ten? Graf. Schwesterchen, du thätest besser zu schweigen, denn mich will bedünken, der bürgerliche Herr Stallmeister war nahe da- bei, der gnädigen Baronin alle ihre Ahnen vergessen zu machen, und folglich war auch sie nicht minder schuldbewußt. Baronin. Meinst du? Bar. O sagen Sie: er habe Recht. Baronin. Ei bewahre! hab' ich denn jemals wieder heirathen wollen? oder kann ich so schnell meinen Vorsatz aufgeben? - mit der Zeit vielleicht - Graf. Sey ruhig Herr Bruder, mit der Zeit, das heißt: in einer halben Stunde. Bar. Darf ich ihm glauben? Gräfin. (bittend) Liebe Schwester - Baronin. Was soll ich machen, es wäre unartig, einen Bruder Lügen zu strafen
Sie dem armen Pachter seine Frau abschwatz- ten? Graf. Schwesterchen, du thaͤtest besser zu schweigen, denn mich will beduͤnken, der buͤrgerliche Herr Stallmeister war nahe da- bei, der gnaͤdigen Baronin alle ihre Ahnen vergessen zu machen, und folglich war auch sie nicht minder schuldbewußt. Baronin. Meinst du? Bar. O sagen Sie: er habe Recht. Baronin. Ei bewahre! hab' ich denn jemals wieder heirathen wollen? oder kann ich so schnell meinen Vorsatz aufgeben? – mit der Zeit vielleicht – Graf. Sey ruhig Herr Bruder, mit der Zeit, das heißt: in einer halben Stunde. Bar. Darf ich ihm glauben? Graͤfin. (bittend) Liebe Schwester – Baronin. Was soll ich machen, es waͤre unartig, einen Bruder Luͤgen zu strafen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#BAR"> <p><pb facs="#f0151" n="145"/> Sie dem armen Pachter seine Frau abschwatz-<lb/> ten?</p> </sp> <sp who="#GRAF"> <speaker>Graf.</speaker> <p> Schwesterchen, du thaͤtest besser<lb/> zu schweigen, denn mich will beduͤnken, der<lb/> buͤrgerliche Herr Stallmeister war nahe da-<lb/> bei, der gnaͤdigen Baronin alle ihre Ahnen<lb/> vergessen zu machen, und folglich war auch sie<lb/> nicht minder schuldbewußt.</p> </sp> <sp who="#BAR"> <speaker>Baronin.</speaker> <p> Meinst du?</p> </sp> <sp who="#BA"> <speaker>Bar.</speaker> <p> O sagen Sie: er habe Recht.</p> </sp> <sp who="#BAR"> <speaker>Baronin.</speaker> <p> Ei bewahre! hab' ich denn<lb/> jemals wieder heirathen wollen? oder kann ich<lb/> so schnell meinen Vorsatz aufgeben? – mit<lb/> der Zeit vielleicht –</p> </sp> <sp who="#GRAF"> <speaker>Graf.</speaker> <p> Sey ruhig Herr Bruder, mit der<lb/> Zeit, das heißt: in einer halben Stunde.</p> </sp> <sp who="#BA"> <speaker>Bar.</speaker> <p> Darf ich ihm glauben?</p> </sp> <sp who="#GRAFI"> <speaker>Graͤfin.</speaker> <p><stage>(bittend)</stage> Liebe Schwester –</p> </sp> <sp who="#BAR"> <speaker>Baronin.</speaker> <p> Was soll ich machen, es<lb/> waͤre unartig, einen Bruder Luͤgen zu strafen </p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [145/0151]
Sie dem armen Pachter seine Frau abschwatz-
ten?
Graf. Schwesterchen, du thaͤtest besser
zu schweigen, denn mich will beduͤnken, der
buͤrgerliche Herr Stallmeister war nahe da-
bei, der gnaͤdigen Baronin alle ihre Ahnen
vergessen zu machen, und folglich war auch sie
nicht minder schuldbewußt.
Baronin. Meinst du?
Bar. O sagen Sie: er habe Recht.
Baronin. Ei bewahre! hab' ich denn
jemals wieder heirathen wollen? oder kann ich
so schnell meinen Vorsatz aufgeben? – mit
der Zeit vielleicht –
Graf. Sey ruhig Herr Bruder, mit der
Zeit, das heißt: in einer halben Stunde.
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waͤre unartig, einen Bruder Luͤgen zu strafen
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Zitationshilfe: | Kotzebue, August von: Der Rehbock oder die Schuldlosen Schuldbewußten. Leipzig, 1815, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_rehbock_1815/151>, abgerufen am 21.07.2024. |