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Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790.

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mal so Sitte, ist. Ueberall Bilder des Ueberdrusses
und der Reue; überall eitle Weiber und zu Grunde
gerichtete Männer, thörichte Mütter und verzogene
Kinder.
Gräfin. Ein sauberes Gemählde! aber -- nimm
mirs nicht übel, -- mit Hogarths Pinsel entwor-
fen -- Carricatur.
Major. Ach liebe Henriette, auch meine Stun-
de ist gekommen.
Gräfin. Es geschieht dir schon Recht. Nur
Schade, daß du eben an eine sanfte holde Seele ge-
rathen bist. Eine Xantippe hätte den Herrn Bru-
der an ihren Triumphwagen spannen sollen.
Major. Nur eine solche Seele vermochte dieß
widerspenstige Herz zu fesseln. Und nun -- liebe
Henriette -- du, mit der ich an einer Brust lag --
Gräfin. Um Vergebung! Ich hatte eine Amme.
Major. Grausamer Muthwille!
Gräfin. Wunderlicher Mensch! wozu denn
stöhnen und seufzen, da sich dir die reizendste Aus-
sicht öffnet? Hier hast du meine Hand! Ohne
glänzendes Wortgepränge, ich thue, was ich ver-
mag. St! beynahe wären wir überrascht wor-
den. Sie kommen. Weg mit der Ehestands-
F 5
mal ſo Sitte, iſt. Ueberall Bilder des Ueberdruſſes
und der Reue; uͤberall eitle Weiber und zu Grunde
gerichtete Maͤnner, thoͤrichte Muͤtter und verzogene
Kinder.
Graͤfin. Ein ſauberes Gemaͤhlde! aber — nimm
mirs nicht uͤbel, — mit Hogarths Pinſel entwor-
fen — Carricatur.
Major. Ach liebe Henriette, auch meine Stun-
de iſt gekommen.
Graͤfin. Es geſchieht dir ſchon Recht. Nur
Schade, daß du eben an eine ſanfte holde Seele ge-
rathen biſt. Eine Xantippe haͤtte den Herrn Bru-
der an ihren Triumphwagen ſpannen ſollen.
Major. Nur eine ſolche Seele vermochte dieß
widerſpenſtige Herz zu feſſeln. Und nun — liebe
Henriette — du, mit der ich an einer Bruſt lag —
Graͤfin. Um Vergebung! Ich hatte eine Amme.
Major. Grauſamer Muthwille!
Graͤfin. Wunderlicher Menſch! wozu denn
ſtoͤhnen und ſeufzen, da ſich dir die reizendſte Aus-
ſicht oͤffnet? Hier haſt du meine Hand! Ohne
glaͤnzendes Wortgepraͤnge, ich thue, was ich ver-
mag. St! beynahe waͤren wir uͤberraſcht wor-
den. Sie kommen. Weg mit der Eheſtands-
F 5
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[89/0097] mal ſo Sitte, iſt. Ueberall Bilder des Ueberdruſſes und der Reue; uͤberall eitle Weiber und zu Grunde gerichtete Maͤnner, thoͤrichte Muͤtter und verzogene Kinder. Graͤfin. Ein ſauberes Gemaͤhlde! aber — nimm mirs nicht uͤbel, — mit Hogarths Pinſel entwor- fen — Carricatur. Major. Ach liebe Henriette, auch meine Stun- de iſt gekommen. Graͤfin. Es geſchieht dir ſchon Recht. Nur Schade, daß du eben an eine ſanfte holde Seele ge- rathen biſt. Eine Xantippe haͤtte den Herrn Bru- der an ihren Triumphwagen ſpannen ſollen. Major. Nur eine ſolche Seele vermochte dieß widerſpenſtige Herz zu feſſeln. Und nun — liebe Henriette — du, mit der ich an einer Bruſt lag — Graͤfin. Um Vergebung! Ich hatte eine Amme. Major. Grauſamer Muthwille! Graͤfin. Wunderlicher Menſch! wozu denn ſtoͤhnen und ſeufzen, da ſich dir die reizendſte Aus- ſicht oͤffnet? Hier haſt du meine Hand! Ohne glaͤnzendes Wortgepraͤnge, ich thue, was ich ver- mag. St! beynahe waͤren wir uͤberraſcht wor- den. Sie kommen. Weg mit der Eheſtands- F 5

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Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/97>, abgerufen am 04.05.2024.