Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite
töpfischen Gesicht, wie das Deinige, glaubt man
am ersten. Bruder, wenn du meine paar guten
Eigenschaften ein wenig gegen sie herausstreichest --
Unbek. Sieh da, wieder ein Mensch, der be-
trügen will.
Major. Nun, ich denke nicht, daß sie übel
mit mir fahren soll. Ich bitte dich, Meinau; es
gilt Wohl und Weh deines Freundes. Ich schaffe
dir Gelegenheit, sie allein zu sprechen. Willst du?
Unbek. (nach einer Pause) Ich will. Aber unter
einer Bedingung.
Major. Sprich!
Unbek. Daß du mich morgen ohne Widerrede
abreisen lässest.
Major. Abreisen? Wohin?
Unbek. Wohin Gott will! unter Menschen,
die mich nicht kennen.
Major. Halsstarriger!
Unbek. Du versprichst das -- oder ich komme
gar nicht.
Major. Wohlan, ich verspreche es. Vielleicht
sind deine Ideen heiterer beym Aufgang der Sonne.

(ihm die Hand reichend) Folge mir!
Unbek. Ich muß mich doch erst ein wenig ankleiden.
toͤpfiſchen Geſicht, wie das Deinige, glaubt man
am erſten. Bruder, wenn du meine paar guten
Eigenſchaften ein wenig gegen ſie herausſtreicheſt —
Unbek. Sieh da, wieder ein Menſch, der be-
truͤgen will.
Major. Nun, ich denke nicht, daß ſie uͤbel
mit mir fahren ſoll. Ich bitte dich, Meinau; es
gilt Wohl und Weh deines Freundes. Ich ſchaffe
dir Gelegenheit, ſie allein zu ſprechen. Willſt du?
Unbek. (nach einer Pauſe) Ich will. Aber unter
einer Bedingung.
Major. Sprich!
Unbek. Daß du mich morgen ohne Widerrede
abreiſen laͤſſeſt.
Major. Abreiſen? Wohin?
Unbek. Wohin Gott will! unter Menſchen,
die mich nicht kennen.
Major. Halsſtarriger!
Unbek. Du verſprichſt das — oder ich komme
gar nicht.
Major. Wohlan, ich verſpreche es. Vielleicht
ſind deine Ideen heiterer beym Aufgang der Sonne.

(ihm die Hand reichend) Folge mir!
Unbek. Ich muß mich doch erſt ein wenig ankleiden.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <sp who="#MAJ">
              <p><pb facs="#f0128" n="120"/>
to&#x0364;pfi&#x017F;chen Ge&#x017F;icht, wie das Deinige, glaubt man<lb/>
am er&#x017F;ten. Bruder, wenn du meine paar guten<lb/>
Eigen&#x017F;chaften ein wenig gegen &#x017F;ie heraus&#x017F;treiche&#x017F;t &#x2014;</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#UNBE">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Unbek.</hi> </speaker>
              <p>Sieh da, wieder ein Men&#x017F;ch, der be-<lb/>
tru&#x0364;gen will.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#MAJ">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Major.</hi> </speaker>
              <p>Nun, ich denke nicht, daß &#x017F;ie u&#x0364;bel<lb/>
mit mir fahren &#x017F;oll. Ich bitte dich, Meinau; es<lb/>
gilt Wohl und Weh deines Freundes. Ich &#x017F;chaffe<lb/>
dir Gelegenheit, &#x017F;ie allein zu &#x017F;prechen. Will&#x017F;t du?</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#UNBE">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Unbek.</hi> </speaker>
              <stage>(nach einer Pau&#x017F;e)</stage>
              <p>Ich will. Aber unter<lb/>
einer Bedingung.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#MAJ">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Major.</hi> </speaker>
              <p>Sprich!</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#UNBE">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Unbek.</hi> </speaker>
              <p>Daß du mich morgen ohne Widerrede<lb/>
abrei&#x017F;en la&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#MAJ">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Major.</hi> </speaker>
              <p>Abrei&#x017F;en? Wohin?</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#UNBE">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Unbek.</hi> </speaker>
              <p>Wohin Gott will! unter Men&#x017F;chen,<lb/>
die mich nicht kennen.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#MAJ">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Major.</hi> </speaker>
              <p>Hals&#x017F;tarriger!</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#UNBE">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Unbek.</hi> </speaker>
              <p>Du ver&#x017F;prich&#x017F;t das &#x2014; oder ich komme<lb/>
gar nicht.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#MAJ">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Major.</hi> </speaker>
              <p>Wohlan, ich ver&#x017F;preche es. Vielleicht<lb/>
&#x017F;ind deine Ideen heiterer beym Aufgang der Sonne.</p><lb/>
              <stage>(ihm die Hand reichend)</stage>
              <p>Folge mir!</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#UNBE">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Unbek.</hi> </speaker>
              <p>Ich muß mich doch er&#x017F;t ein wenig ankleiden.</p>
            </sp><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[120/0128] toͤpfiſchen Geſicht, wie das Deinige, glaubt man am erſten. Bruder, wenn du meine paar guten Eigenſchaften ein wenig gegen ſie herausſtreicheſt — Unbek. Sieh da, wieder ein Menſch, der be- truͤgen will. Major. Nun, ich denke nicht, daß ſie uͤbel mit mir fahren ſoll. Ich bitte dich, Meinau; es gilt Wohl und Weh deines Freundes. Ich ſchaffe dir Gelegenheit, ſie allein zu ſprechen. Willſt du? Unbek. (nach einer Pauſe) Ich will. Aber unter einer Bedingung. Major. Sprich! Unbek. Daß du mich morgen ohne Widerrede abreiſen laͤſſeſt. Major. Abreiſen? Wohin? Unbek. Wohin Gott will! unter Menſchen, die mich nicht kennen. Major. Halsſtarriger! Unbek. Du verſprichſt das — oder ich komme gar nicht. Major. Wohlan, ich verſpreche es. Vielleicht ſind deine Ideen heiterer beym Aufgang der Sonne. (ihm die Hand reichend) Folge mir! Unbek. Ich muß mich doch erſt ein wenig ankleiden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/128
Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/128>, abgerufen am 18.12.2024.