Außer den ersten Häusern (wenn nämlich Glanz den Rang bestimmt) giebt es auch noch manche, die in an- derer Hinsicht Anspruch auf diesen Rang mit Recht machen dürften, und in welchen den Karten wie der Lan- genweile der Zutritt versagt ist. Dahin gehören z. B. die Häuser mehrere Staatsräthe, die bekanntlich größ- tentheils aus dem Stande der Gelehrten gewählt worden. Des edlen Lagrange habe ich schon irgendwo erwähnt. Jhm gleicht Fourcroy, der den Ruf eines großen Ge- lehrten mit dem eines hinreißenden Redners verbindet, und die gewählteste Gesellschaft an seiner runden Tafel sammelt. Auch Perregaux, der erste Banquier der Regierung, weis durch anspruchlose Gastfreiheit sein An- denken dem Fremden lieb zu machen. Es würde mich zu weit führen, wenn ich alle die Häuser nennen wollte, wo ächt französische Urbanität die Geselligkeit fesselt; es sind ihrer viele, und doch bleiben sie nur Ausnahmen, denn die Wuth, große Zirkel zu bilden, ist allgemein.
Einige große Maler und ihre Atteliers.
Der Ruhm von Davids Sabinerinnen ist schon durch ganz Europa geflogen, und hat nicht zu laut ge- blasen. Es ist ein herrliches Gemälde! Krittler tadeln Manches, z. B. die Stellung des Römers, und was weis ich was sonst noch. Jch habe vor lauter Genusse nicht zum Tadeln kommen können. Der angreifende Sabiner ist die Schöpfung eines großen Meisters! und wie poe- tisch ist das Bild gedacht! welch' eine lebendige Einbil-
Außer den ersten Haͤusern (wenn naͤmlich Glanz den Rang bestimmt) giebt es auch noch manche, die in an- derer Hinsicht Anspruch auf diesen Rang mit Recht machen duͤrften, und in welchen den Karten wie der Lan- genweile der Zutritt versagt ist. Dahin gehoͤren z. B. die Haͤuser mehrere Staatsraͤthe, die bekanntlich groͤß- tentheils aus dem Stande der Gelehrten gewaͤhlt worden. Des edlen Lagrange habe ich schon irgendwo erwaͤhnt. Jhm gleicht Fourcroy, der den Ruf eines großen Ge- lehrten mit dem eines hinreißenden Redners verbindet, und die gewaͤhlteste Gesellschaft an seiner runden Tafel sammelt. Auch Perrégaux, der erste Banquier der Regierung, weis durch anspruchlose Gastfreiheit sein An- denken dem Fremden lieb zu machen. Es wuͤrde mich zu weit fuͤhren, wenn ich alle die Haͤuser nennen wollte, wo aͤcht franzoͤsische Urbanitaͤt die Geselligkeit fesselt; es sind ihrer viele, und doch bleiben sie nur Ausnahmen, denn die Wuth, große Zirkel zu bilden, ist allgemein.
Einige große Maler und ihre Atteliers.
Der Ruhm von Davids Sabinerinnen ist schon durch ganz Europa geflogen, und hat nicht zu laut ge- blasen. Es ist ein herrliches Gemaͤlde! Krittler tadeln Manches, z. B. die Stellung des Roͤmers, und was weis ich was sonst noch. Jch habe vor lauter Genusse nicht zum Tadeln kommen koͤnnen. Der angreifende Sabiner ist die Schoͤpfung eines großen Meisters! und wie poe- tisch ist das Bild gedacht! welch' eine lebendige Einbil-
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Außer den ersten Haͤusern (wenn naͤmlich Glanz den
Rang bestimmt) giebt es auch noch manche, die in an-
derer Hinsicht Anspruch auf diesen Rang mit Recht
machen duͤrften, und in welchen den Karten wie der Lan-
genweile der Zutritt versagt ist. Dahin gehoͤren z. B.
die Haͤuser mehrere Staatsraͤthe, die bekanntlich groͤß-
tentheils aus dem Stande der Gelehrten gewaͤhlt worden.
Des edlen Lagrange habe ich schon irgendwo erwaͤhnt.
Jhm gleicht Fourcroy, der den Ruf eines großen Ge-
lehrten mit dem eines hinreißenden Redners verbindet,
und die gewaͤhlteste Gesellschaft an seiner runden Tafel
sammelt. Auch Perrégaux, der erste Banquier der
Regierung, weis durch anspruchlose Gastfreiheit sein An-
denken dem Fremden lieb zu machen. Es wuͤrde mich
zu weit fuͤhren, wenn ich alle die Haͤuser nennen wollte,
wo aͤcht franzoͤsische Urbanitaͤt die Geselligkeit fesselt; es
sind ihrer viele, und doch bleiben sie nur Ausnahmen,
denn die Wuth, große Zirkel zu bilden, ist allgemein.
Einige große Maler und ihre Atteliers.
Der Ruhm von Davids Sabinerinnen ist schon
durch ganz Europa geflogen, und hat nicht zu laut ge-
blasen. Es ist ein herrliches Gemaͤlde! Krittler tadeln
Manches, z. B. die Stellung des Roͤmers, und was weis
ich was sonst noch. Jch habe vor lauter Genusse nicht
zum Tadeln kommen koͤnnen. Der angreifende Sabiner
ist die Schoͤpfung eines großen Meisters! und wie poe-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von Au… [mehr]
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von August von Kotzebue erschienen 1804 in einer einbändigen Ausgabe im Frölich-Verlag, Berlin. Im gleichen Jahr wurde diese Ausgabe als zweibändige Ausgabe in einem Band im Titel als "unveränderte Auflage" bezeichnet, herausgegeben. Das Deutsche Textarchiv hat den Text der 3. unveränderten Auflage im Rahmen einer Kuration herausgegeben.
Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen02_1804/43>, abgerufen am 31.07.2024.
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