war nicht ohne artige Einfälle, aber im Ganzen lang- weilig. Man pfiff es aus, und Trotz der Gegenwart des ersten Konsuls, wurde der Lärmen so groß, daß das Ende nicht mehr gehört wurde. Bonaparte blieb aber dennoch bis zum Ende, und schien sich um Nichts zu be- kümmern. Wenn, wie man sagt, die Dedaigneuse das Probestück eines jungen Dichters ist, so gieng man viel zu hart darmit um. -- Le seducteur amoureux. Ein glücklich gewählter Stoff, ziemlich gut bearbeitet. Die Hauptrolle wurde durch Fleury vortrefflich dargestellt. Das Stück war, wie fast immer, mit außerordentlicher Präzision gespielt. Nie hörte man das leiseste Flüstern vom Souffleur, und doch nahmen sich die Schauspieler immer die Worte aus dem Munde.
Daß man auf dem Theatre francais auch noch Stü- cke giebt, wie der Medecin malgre lui, und daß das ohrenzarte Publikum ein Gespräch, wie folgendes, verträgt: va-t-elle a la chaise percee? -- Oui. -- Copieu- sement? -- Assez. -- Et la matiere est-elle. -- u. s. w. ist mir unbegreiflich. Auch die unaufhörlichen Prügeleien sollten in die Hanswurstbuden verwiesen werden.
Dieses Theater nährt sich, wie man sieht, ganz von alten Stücken; die neuen werden fast immer ausge- pfiffen. Agamemnon ist das einzige Trauerspiel, wel- ches sich, Trotz den blutigsten und auch wohl verdienten Kritiken, zu erhalten scheint. -- Das Lokal ist groß und schön, sieben Reihen Logen und Gallerien über einan- der, denn selbst in der Decke sind noch Logen durchge- brochen. Ueberall hört man gut, an vielen Stellen sieht man aber schlecht, weil die Pfeiler in den Logen die Bühne verdunkeln.
war nicht ohne artige Einfaͤlle, aber im Ganzen lang- weilig. Man pfiff es aus, und Trotz der Gegenwart des ersten Konsuls, wurde der Laͤrmen so groß, daß das Ende nicht mehr gehoͤrt wurde. Bonaparte blieb aber dennoch bis zum Ende, und schien sich um Nichts zu be- kuͤmmern. Wenn, wie man sagt, die Dédaigneuse das Probestuͤck eines jungen Dichters ist, so gieng man viel zu hart darmit um. — Le seducteur amoureux. Ein gluͤcklich gewaͤhlter Stoff, ziemlich gut bearbeitet. Die Hauptrolle wurde durch Fleury vortrefflich dargestellt. Das Stuͤck war, wie fast immer, mit außerordentlicher Praͤzision gespielt. Nie hoͤrte man das leiseste Fluͤstern vom Souffleur, und doch nahmen sich die Schauspieler immer die Worte aus dem Munde.
Daß man auf dem Théatre français auch noch Stuͤ- cke giebt, wie der Medécin malgré lui, und daß das ohrenzarte Publikum ein Gespraͤch, wie folgendes, vertraͤgt: va-t-elle à la chaise percée? — Oui. — Copieu- sement? — Assez. — Et la matière est-elle. — u. s. w. ist mir unbegreiflich. Auch die unaufhoͤrlichen Pruͤgeleien sollten in die Hanswurstbuden verwiesen werden.
Dieses Theater naͤhrt sich, wie man sieht, ganz von alten Stuͤcken; die neuen werden fast immer ausge- pfiffen. Agamemnon ist das einzige Trauerspiel, wel- ches sich, Trotz den blutigsten und auch wohl verdienten Kritiken, zu erhalten scheint. — Das Lokal ist groß und schoͤn, sieben Reihen Logen und Gallerien uͤber einan- der, denn selbst in der Decke sind noch Logen durchge- brochen. Ueberall hoͤrt man gut, an vielen Stellen sieht man aber schlecht, weil die Pfeiler in den Logen die Buͤhne verdunkeln.
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war nicht ohne artige Einfaͤlle, aber im Ganzen lang-
weilig. Man pfiff es aus, und Trotz der Gegenwart
des ersten Konsuls, wurde der Laͤrmen so groß, daß das
Ende nicht mehr gehoͤrt wurde. Bonaparte blieb aber
dennoch bis zum Ende, und schien sich um Nichts zu be-
kuͤmmern. Wenn, wie man sagt, die Dédaigneuse das
Probestuͤck eines jungen Dichters ist, so gieng man viel
zu hart darmit um. — Le seducteur amoureux. Ein
gluͤcklich gewaͤhlter Stoff, ziemlich gut bearbeitet. Die
Hauptrolle wurde durch Fleury vortrefflich dargestellt.
Das Stuͤck war, wie fast immer, mit außerordentlicher
Praͤzision gespielt. Nie hoͤrte man das leiseste Fluͤstern
vom Souffleur, und doch nahmen sich die Schauspieler
immer die Worte aus dem Munde.
Daß man auf dem Théatre français auch noch Stuͤ-
cke giebt, wie der Medécin malgré lui, und daß das
ohrenzarte Publikum ein Gespraͤch, wie folgendes, vertraͤgt:
va-t-elle à la chaise percée? — Oui. — Copieu-
sement? — Assez. — Et la matière est-elle. —
u. s. w. ist mir unbegreiflich. Auch die unaufhoͤrlichen
Pruͤgeleien sollten in die Hanswurstbuden verwiesen
werden.
Dieses Theater naͤhrt sich, wie man sieht, ganz
von alten Stuͤcken; die neuen werden fast immer ausge-
pfiffen. Agamemnon ist das einzige Trauerspiel, wel-
ches sich, Trotz den blutigsten und auch wohl verdienten
Kritiken, zu erhalten scheint. — Das Lokal ist groß und
schoͤn, sieben Reihen Logen und Gallerien uͤber einan-
der, denn selbst in der Decke sind noch Logen durchge-
brochen. Ueberall hoͤrt man gut, an vielen Stellen
sieht man aber schlecht, weil die Pfeiler in den Logen
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von Au… [mehr]
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von August von Kotzebue erschienen 1804 in einer einbändigen Ausgabe im Frölich-Verlag, Berlin. Im gleichen Jahr wurde diese Ausgabe als zweibändige Ausgabe in einem Band im Titel als "unveränderte Auflage" bezeichnet, herausgegeben. Das Deutsche Textarchiv hat den Text der 3. unveränderten Auflage im Rahmen einer Kuration herausgegeben.
Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen02_1804/130>, abgerufen am 08.07.2024.
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