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Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804.

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Gesellschaft, wie verschiedene Weinhändler ihren umge-
schlagenen Wein, zu verbessern. Hingegen kenne ich
große Dichter, die ihre zahl- und maaßlosen Ansprüche
in Gesellschaften mit einer so steifen Derbheit zur Schau
stellen, daß jede zarte Freude davon flattert. Millin
ist ein sehr lebhafter, geistreicher Mann, mit blitzenden
Augen. Sein The literaire, zu dem an jedem Mitt-
woche sich so manche ausgezeichnete, einheimische und
fremde Gelehrte versammeln, ist schon oft beschrieben
worden. Die Wände des Gesellschaftssaals sind durch
die seltensten Werke kostbar tapezirt, und in der Mitte
desselben steht eine große Tafel, auf welcher man bestän-
dig das Neueste und Beste aus Literatur und Kunst, aus
allen Sprachen, zur Schau ausgelegt findet. Man steht,
sitzt, liest, blättert, schwatzt in großen oder kleinen
Gruppen, oder unter vier Augen, wenns beliebt, ißt und
trinkt dabei, wenn man hungert oder durstet; kurz, man
erfreut sich des vielfachsten Genusses, mit größter Unge-
zwungenheit verbunden.

Dem biedern Millin verdanke ich es, daß ich das
Kabinet der Antiken mehr als einmal, theils allein, theils
durch seinen Unterricht mir fruchtbar gemacht, gesehen
habe. Als Kenner davon zu sprechen, ziemt mir nicht;
aber der Leser wird es wohl gerne hören, wenn ich ihm
historisch aufzähle, was sich etwa in mein Gedächtniß
grub, und das fromme Staunen, mit welchem ich diese
Ueberreste des hohen Alterthums betrachtet habe, wird
vielleicht sich Manchem mittheilen. An egyptischen Sel-
tenheiten ist das Kabinet besonders reichhaltig. Jch
schweige von der Menge der Götzenbilder, unter welchen
die Jsis mit ihrem Sohn Horus auf den Knieen, of-
fenbar unsrer heiligen Jungfrau zum Vorbild gedient zu

Gesellschaft, wie verschiedene Weinhaͤndler ihren umge-
schlagenen Wein, zu verbessern. Hingegen kenne ich
große Dichter, die ihre zahl- und maaßlosen Anspruͤche
in Gesellschaften mit einer so steifen Derbheit zur Schau
stellen, daß jede zarte Freude davon flattert. Millin
ist ein sehr lebhafter, geistreicher Mann, mit blitzenden
Augen. Sein Thé litéraire, zu dem an jedem Mitt-
woche sich so manche ausgezeichnete, einheimische und
fremde Gelehrte versammeln, ist schon oft beschrieben
worden. Die Waͤnde des Gesellschaftssaals sind durch
die seltensten Werke kostbar tapezirt, und in der Mitte
desselben steht eine große Tafel, auf welcher man bestaͤn-
dig das Neueste und Beste aus Literatur und Kunst, aus
allen Sprachen, zur Schau ausgelegt findet. Man steht,
sitzt, liest, blaͤttert, schwatzt in großen oder kleinen
Gruppen, oder unter vier Augen, wenns beliebt, ißt und
trinkt dabei, wenn man hungert oder durstet; kurz, man
erfreut sich des vielfachsten Genusses, mit groͤßter Unge-
zwungenheit verbunden.

Dem biedern Millin verdanke ich es, daß ich das
Kabinet der Antiken mehr als einmal, theils allein, theils
durch seinen Unterricht mir fruchtbar gemacht, gesehen
habe. Als Kenner davon zu sprechen, ziemt mir nicht;
aber der Leser wird es wohl gerne hoͤren, wenn ich ihm
historisch aufzaͤhle, was sich etwa in mein Gedaͤchtniß
grub, und das fromme Staunen, mit welchem ich diese
Ueberreste des hohen Alterthums betrachtet habe, wird
vielleicht sich Manchem mittheilen. An egyptischen Sel-
tenheiten ist das Kabinet besonders reichhaltig. Jch
schweige von der Menge der Goͤtzenbilder, unter welchen
die Jsis mit ihrem Sohn Horus auf den Knieen, of-
fenbar unsrer heiligen Jungfrau zum Vorbild gedient zu

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[11/0011] Gesellschaft, wie verschiedene Weinhaͤndler ihren umge- schlagenen Wein, zu verbessern. Hingegen kenne ich große Dichter, die ihre zahl- und maaßlosen Anspruͤche in Gesellschaften mit einer so steifen Derbheit zur Schau stellen, daß jede zarte Freude davon flattert. Millin ist ein sehr lebhafter, geistreicher Mann, mit blitzenden Augen. Sein Thé litéraire, zu dem an jedem Mitt- woche sich so manche ausgezeichnete, einheimische und fremde Gelehrte versammeln, ist schon oft beschrieben worden. Die Waͤnde des Gesellschaftssaals sind durch die seltensten Werke kostbar tapezirt, und in der Mitte desselben steht eine große Tafel, auf welcher man bestaͤn- dig das Neueste und Beste aus Literatur und Kunst, aus allen Sprachen, zur Schau ausgelegt findet. Man steht, sitzt, liest, blaͤttert, schwatzt in großen oder kleinen Gruppen, oder unter vier Augen, wenns beliebt, ißt und trinkt dabei, wenn man hungert oder durstet; kurz, man erfreut sich des vielfachsten Genusses, mit groͤßter Unge- zwungenheit verbunden. Dem biedern Millin verdanke ich es, daß ich das Kabinet der Antiken mehr als einmal, theils allein, theils durch seinen Unterricht mir fruchtbar gemacht, gesehen habe. Als Kenner davon zu sprechen, ziemt mir nicht; aber der Leser wird es wohl gerne hoͤren, wenn ich ihm historisch aufzaͤhle, was sich etwa in mein Gedaͤchtniß grub, und das fromme Staunen, mit welchem ich diese Ueberreste des hohen Alterthums betrachtet habe, wird vielleicht sich Manchem mittheilen. An egyptischen Sel- tenheiten ist das Kabinet besonders reichhaltig. Jch schweige von der Menge der Goͤtzenbilder, unter welchen die Jsis mit ihrem Sohn Horus auf den Knieen, of- fenbar unsrer heiligen Jungfrau zum Vorbild gedient zu

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Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen02_1804/11>, abgerufen am 23.11.2024.