dann und wann verkleidet unter ihren Unterthanen zu wandeln! Wie manche bittere aber heilsame Lehre würde der -- und der -- und der -- empfangen! Wie manchen Segen würde unser Friedrich Wilhelm von Lippen hören, welche sonst in seiner Gegenwart die Ehrfurcht ver- schließt.
Wieder zu dem Fürsten von Leiningen zurückzukehren: so gefällt es mir doch nicht, daß er den Franciskanern ihr noch unverkauftes Kloster wieder eingeräumt hat. Poli- tisch hat er freilich gehandelt; denn er gewann dadurch die vielen bigotten Seelen, an denen seine neuen Staaten Ueberfluß haben. Jch hätte auch sonst nichts dagegen, wenn es nur nicht eben Franciskaner wären, diese unnützen Bettelmönche, die mit aller ihrer krassen Jgno- ranz wieder eingezogen sind, und auch bereits wieder ei- nen Novizen angenommen haben. Dieß Volk gleicht dem Schwamme in einem hölzernen Gebäut', der um sich frißt, bis alles verzehrt ist; nur der Schwamm ge- deiht und wächst ungeheuer.
Heilbronn.
Jmmer erregt es in mir eine angenehmschauerliche Empfindung, ein Blatt Papier oder Pergament zu sehen, welches von irgend einem berühmten Biedermann aus al- ter Zeit eigenhändig beschrieben worden. Meine Phanta- sie mahlt mir dann seine Gestalt so lebhaft: auf dem Pla- tze, wo seine Hand ruhte, seh' ich seine Hand wirklich; die Züge seines Gesichts finde ich gleichsam in den Zügen seiner Schrift. Darum freute ich mich, nach Heilbronn zu kommen; denn ich wußte, daß in dem dortigen Archive noch eigenhändige Briefe von unsern Deutschen Helden Götz von Berlichingen und Franz von Sickin-
dann und wann verkleidet unter ihren Unterthanen zu wandeln! Wie manche bittere aber heilsame Lehre wuͤrde der — und der — und der — empfangen! Wie manchen Segen wuͤrde unser Friedrich Wilhelm von Lippen hoͤren, welche sonst in seiner Gegenwart die Ehrfurcht ver- schließt.
Wieder zu dem Fuͤrsten von Leiningen zuruͤckzukehren: so gefaͤllt es mir doch nicht, daß er den Franciskanern ihr noch unverkauftes Kloster wieder eingeraͤumt hat. Poli- tisch hat er freilich gehandelt; denn er gewann dadurch die vielen bigotten Seelen, an denen seine neuen Staaten Ueberfluß haben. Jch haͤtte auch sonst nichts dagegen, wenn es nur nicht eben Franciskaner waͤren, diese unnuͤtzen Bettelmoͤnche, die mit aller ihrer krassen Jgno- ranz wieder eingezogen sind, und auch bereits wieder ei- nen Novizen angenommen haben. Dieß Volk gleicht dem Schwamme in einem hoͤlzernen Gebaͤut', der um sich frißt, bis alles verzehrt ist; nur der Schwamm ge- deiht und waͤchst ungeheuer.
Heilbronn.
Jmmer erregt es in mir eine angenehmschauerliche Empfindung, ein Blatt Papier oder Pergament zu sehen, welches von irgend einem beruͤhmten Biedermann aus al- ter Zeit eigenhaͤndig beschrieben worden. Meine Phanta- sie mahlt mir dann seine Gestalt so lebhaft: auf dem Pla- tze, wo seine Hand ruhte, seh' ich seine Hand wirklich; die Zuͤge seines Gesichts finde ich gleichsam in den Zuͤgen seiner Schrift. Darum freute ich mich, nach Heilbronn zu kommen; denn ich wußte, daß in dem dortigen Archive noch eigenhaͤndige Briefe von unsern Deutschen Helden Goͤtz von Berlichingen und Franz von Sickin-
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dann und wann verkleidet unter ihren Unterthanen zu
wandeln! Wie manche bittere aber heilsame Lehre wuͤrde
der — und der — und der — empfangen! Wie manchen
Segen wuͤrde unser Friedrich Wilhelm von Lippen
hoͤren, welche sonst in seiner Gegenwart die Ehrfurcht ver-
schließt.
Wieder zu dem Fuͤrsten von Leiningen zuruͤckzukehren:
so gefaͤllt es mir doch nicht, daß er den Franciskanern ihr
noch unverkauftes Kloster wieder eingeraͤumt hat. Poli-
tisch hat er freilich gehandelt; denn er gewann dadurch
die vielen bigotten Seelen, an denen seine neuen Staaten
Ueberfluß haben. Jch haͤtte auch sonst nichts dagegen,
wenn es nur nicht eben Franciskaner waͤren, diese
unnuͤtzen Bettelmoͤnche, die mit aller ihrer krassen Jgno-
ranz wieder eingezogen sind, und auch bereits wieder ei-
nen Novizen angenommen haben. Dieß Volk gleicht
dem Schwamme in einem hoͤlzernen Gebaͤut', der um
sich frißt, bis alles verzehrt ist; nur der Schwamm ge-
deiht und waͤchst ungeheuer.
Heilbronn.
Jmmer erregt es in mir eine angenehmschauerliche
Empfindung, ein Blatt Papier oder Pergament zu sehen,
welches von irgend einem beruͤhmten Biedermann aus al-
ter Zeit eigenhaͤndig beschrieben worden. Meine Phanta-
sie mahlt mir dann seine Gestalt so lebhaft: auf dem Pla-
tze, wo seine Hand ruhte, seh' ich seine Hand wirklich;
die Zuͤge seines Gesichts finde ich gleichsam in den Zuͤgen
seiner Schrift. Darum freute ich mich, nach Heilbronn
zu kommen; denn ich wußte, daß in dem dortigen Archive
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von Au… [mehr]
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von August von Kotzebue erschienen 1804 in einer einbändigen Ausgabe im Frölich-Verlag, Berlin. Im gleichen Jahr wurde diese Ausgabe als zweibändige Ausgabe in einem Band im Titel als "unveränderte Auflage" bezeichnet, herausgegeben. Das Deutsche Textarchiv hat den Text der 3. unveränderten Auflage im Rahmen einer Kuration herausgegeben.
Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen01_1804/25>, abgerufen am 08.07.2024.
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