nig verworren, ein Diadem von Brillanten, eine Tu- nica von Spitzen, kein Reifrock, kein Fischbein, nur Blumen. Von der ceremoniellen Hofkleidung habe ich schon oben geredet. Bei dem zweiten Consul sah ich einst, unter vielen sehr geputzten Damen, Madame Tal- leyrand, in einem schwarzsammtnen Oberrocke, der wie ein Reisekleid gemacht war, und auch auf dem Kopfe trug sie eine Art von Reisehut; mir kam es wenigstens so vor, und so viel ist gewiß, daß sie sich sehr von den übrigen auszeichnete.
Eine petite maitresse, sagt ein schalkhafter Jour- nalist, braucht jährlich 365 Kopfzeuger, und eben so viele Paar Schuh, 600 Kleider und zwölf Hemden. Jhre Meublen müssen griechisch, römisch, etruscisch, türkisch, arabisch, chinesisch, persisch, egyptisch, englisch und go- tisch (nur nicht französisch) seyn, und jährlich 50,000 Franken kosten; das Bett jedoch ausgenommen, wel- ches allein 20,000 Franken wegnimmt. Logen im Schau- spiel und Jnseratgebühren für Journalartikel, erfordern einen Aufwand von 30,000 Franken, gute Werke nur von hundert.
Eine niedliche oder glänzende Equipage gehört, seit- dem die Hemden in Mißkredit gekommen, unter die er- sten Bedürfnisse. Carosse sagt man nicht mehr. Man hat des Morgens einen Carric, und Abends eine Dili- gence, welche letztere jetzt sehr niedrig sind. Man fährt spazieren in einem tape-cul, zum Schauspiel in einer Berline, zu öffentlichen Festen in einem char, zu den Gläubigern in einer demi fortune, zu dem Manne in einer dormeuse, und zu dem Liebhaber en diligence. -- Diejenigen Frauenzimmer, die das große Unglück ha- ben, keine Equipage zu besitzen, gehen des Morgens im
nig verworren, ein Diadem von Brillanten, eine Tu- nica von Spitzen, kein Reifrock, kein Fischbein, nur Blumen. Von der ceremoniellen Hofkleidung habe ich schon oben geredet. Bei dem zweiten Consul sah ich einst, unter vielen sehr geputzten Damen, Madame Tal- leyrand, in einem schwarzsammtnen Oberrocke, der wie ein Reisekleid gemacht war, und auch auf dem Kopfe trug sie eine Art von Reisehut; mir kam es wenigstens so vor, und so viel ist gewiß, daß sie sich sehr von den uͤbrigen auszeichnete.
Eine petite maitresse, sagt ein schalkhafter Jour- nalist, braucht jaͤhrlich 365 Kopfzeuger, und eben so viele Paar Schuh, 600 Kleider und zwoͤlf Hemden. Jhre Meublen muͤssen griechisch, roͤmisch, etruscisch, tuͤrkisch, arabisch, chinesisch, persisch, egyptisch, englisch und go- tisch (nur nicht franzoͤsisch) seyn, und jaͤhrlich 50,000 Franken kosten; das Bett jedoch ausgenommen, wel- ches allein 20,000 Franken wegnimmt. Logen im Schau- spiel und Jnseratgebuͤhren fuͤr Journalartikel, erfordern einen Aufwand von 30,000 Franken, gute Werke nur von hundert.
Eine niedliche oder glaͤnzende Equipage gehoͤrt, seit- dem die Hemden in Mißkredit gekommen, unter die er- sten Beduͤrfnisse. Carosse sagt man nicht mehr. Man hat des Morgens einen Carric, und Abends eine Dili- gence, welche letztere jetzt sehr niedrig sind. Man faͤhrt spazieren in einem tape-cul, zum Schauspiel in einer Berline, zu oͤffentlichen Festen in einem char, zu den Glaͤubigern in einer demi fortune, zu dem Manne in einer dormeuse, und zu dem Liebhaber en diligence. — Diejenigen Frauenzimmer, die das große Ungluͤck ha- ben, keine Equipage zu besitzen, gehen des Morgens im
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nig verworren, ein Diadem von Brillanten, eine Tu-
nica von Spitzen, kein Reifrock, kein Fischbein, nur
Blumen. Von der ceremoniellen Hofkleidung habe ich
schon oben geredet. Bei dem zweiten Consul sah ich
einst, unter vielen sehr geputzten Damen, Madame Tal-
leyrand, in einem schwarzsammtnen Oberrocke, der wie
ein Reisekleid gemacht war, und auch auf dem Kopfe
trug sie eine Art von Reisehut; mir kam es wenigstens
so vor, und so viel ist gewiß, daß sie sich sehr von den
uͤbrigen auszeichnete.
Eine petite maitresse, sagt ein schalkhafter Jour-
nalist, braucht jaͤhrlich 365 Kopfzeuger, und eben so viele
Paar Schuh, 600 Kleider und zwoͤlf Hemden. Jhre
Meublen muͤssen griechisch, roͤmisch, etruscisch, tuͤrkisch,
arabisch, chinesisch, persisch, egyptisch, englisch und go-
tisch (nur nicht franzoͤsisch) seyn, und jaͤhrlich 50,000
Franken kosten; das Bett jedoch ausgenommen, wel-
ches allein 20,000 Franken wegnimmt. Logen im Schau-
spiel und Jnseratgebuͤhren fuͤr Journalartikel, erfordern
einen Aufwand von 30,000 Franken, gute Werke
nur von hundert.
Eine niedliche oder glaͤnzende Equipage gehoͤrt, seit-
dem die Hemden in Mißkredit gekommen, unter die er-
sten Beduͤrfnisse. Carosse sagt man nicht mehr. Man
hat des Morgens einen Carric, und Abends eine Dili-
gence, welche letztere jetzt sehr niedrig sind. Man faͤhrt
spazieren in einem tape-cul, zum Schauspiel in einer
Berline, zu oͤffentlichen Festen in einem char, zu den
Glaͤubigern in einer demi fortune, zu dem Manne in
einer dormeuse, und zu dem Liebhaber en diligence. —
Diejenigen Frauenzimmer, die das große Ungluͤck ha-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von Au… [mehr]
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von August von Kotzebue erschienen 1804 in einer einbändigen Ausgabe im Frölich-Verlag, Berlin. Im gleichen Jahr wurde diese Ausgabe als zweibändige Ausgabe in einem Band im Titel als "unveränderte Auflage" bezeichnet, herausgegeben. Das Deutsche Textarchiv hat den Text der 3. unveränderten Auflage im Rahmen einer Kuration herausgegeben.
Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen01_1804/188>, abgerufen am 08.07.2024.
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