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Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804.

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Trüffeln gemacht wird. Trüffeln findet man oft an
Speisen, wo man sie nie vermuthete, und sie werden
auch unvermischt in allerlei Gestalten gegessen.

Jetzt erscheint das Dessert, mit welchem ein geschick-
ter Künstler die meiste Ehre einlegen kann, denn um
ein gutes elegantes Dessert zu liefern, muß man zugleich
Zuckerbäcker, Decorateur, Mahler, Architect, Bild-
hauer und Blumist seyn. Man hat in Paris Feste ge-
geben, wo das Dessert allein auf zehntausend Thaler
geschätzt wurde. Die Leckermäuler weiden aber nur ihre
Augen daran, und essen höchstens noch ein Stück gu-
ten Käse de Rocfort. Eis und Kaffee müssen treff-
lich seyn, doch wird der letztere, auch in den besten Häu-
sern, selten so gemacht, daß ihm sein ganzes Aroma
bleibt; dann trinkt man lieber noch ein Glas Liqueur
von Lemoine, der (nach dem des Jsles) der beste ist,
und lange noch einen Nachgeschmack hinterläßt, der al-
len Wohlgerüchen Arabiens gleicht.

Hat der Leser sich jetzt einen hohen Begriff von den
Pariser Gastmählern gemacht, so glaube er deswegen ja
nicht, daß man bei den bessern Restaurateurs um ein
Haar schlechter speise. Ueberhaupt machen diese Restau-
rateurs eine der angenehmsten Einrichtungen die ich ken-
ne. Von 4 Uhr bis 7 Uhr, und auch wohl später noch,
findet man bei ihnen immer die größte und leckerste Ver-
schiedenheit fertiger Speisen. Man tritt in einen sehr
geräumigen Saal, (oft sind es mehrere verbundene Sä-
le), der mit einer Menge von Spiegeln und Säulen
elegant verziert ist. Hier stehen längs den Wänden lau-
ter kleine gedeckte Tische zu einer auch zwei Personen;
sie stehen einander so nahe, daß man, wenn man Lust
hat, wohl mit den Nachbarn schwatzen kann, aber auch

Truͤffeln gemacht wird. Truͤffeln findet man oft an
Speisen, wo man sie nie vermuthete, und sie werden
auch unvermischt in allerlei Gestalten gegessen.

Jetzt erscheint das Dessert, mit welchem ein geschick-
ter Kuͤnstler die meiste Ehre einlegen kann, denn um
ein gutes elegantes Dessert zu liefern, muß man zugleich
Zuckerbaͤcker, Decorateur, Mahler, Architect, Bild-
hauer und Blumist seyn. Man hat in Paris Feste ge-
geben, wo das Dessert allein auf zehntausend Thaler
geschaͤtzt wurde. Die Leckermaͤuler weiden aber nur ihre
Augen daran, und essen hoͤchstens noch ein Stuͤck gu-
ten Kaͤse de Rocfort. Eis und Kaffee muͤssen treff-
lich seyn, doch wird der letztere, auch in den besten Haͤu-
sern, selten so gemacht, daß ihm sein ganzes Aroma
bleibt; dann trinkt man lieber noch ein Glas Liqueur
von Lemoine, der (nach dem des Jsles) der beste ist,
und lange noch einen Nachgeschmack hinterlaͤßt, der al-
len Wohlgeruͤchen Arabiens gleicht.

Hat der Leser sich jetzt einen hohen Begriff von den
Pariser Gastmaͤhlern gemacht, so glaube er deswegen ja
nicht, daß man bei den bessern Restaurateurs um ein
Haar schlechter speise. Ueberhaupt machen diese Restau-
rateurs eine der angenehmsten Einrichtungen die ich ken-
ne. Von 4 Uhr bis 7 Uhr, und auch wohl spaͤter noch,
findet man bei ihnen immer die groͤßte und leckerste Ver-
schiedenheit fertiger Speisen. Man tritt in einen sehr
geraͤumigen Saal, (oft sind es mehrere verbundene Saͤ-
le), der mit einer Menge von Spiegeln und Saͤulen
elegant verziert ist. Hier stehen laͤngs den Waͤnden lau-
ter kleine gedeckte Tische zu einer auch zwei Personen;
sie stehen einander so nahe, daß man, wenn man Lust
hat, wohl mit den Nachbarn schwatzen kann, aber auch

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[170/0174] Truͤffeln gemacht wird. Truͤffeln findet man oft an Speisen, wo man sie nie vermuthete, und sie werden auch unvermischt in allerlei Gestalten gegessen. Jetzt erscheint das Dessert, mit welchem ein geschick- ter Kuͤnstler die meiste Ehre einlegen kann, denn um ein gutes elegantes Dessert zu liefern, muß man zugleich Zuckerbaͤcker, Decorateur, Mahler, Architect, Bild- hauer und Blumist seyn. Man hat in Paris Feste ge- geben, wo das Dessert allein auf zehntausend Thaler geschaͤtzt wurde. Die Leckermaͤuler weiden aber nur ihre Augen daran, und essen hoͤchstens noch ein Stuͤck gu- ten Kaͤse de Rocfort. Eis und Kaffee muͤssen treff- lich seyn, doch wird der letztere, auch in den besten Haͤu- sern, selten so gemacht, daß ihm sein ganzes Aroma bleibt; dann trinkt man lieber noch ein Glas Liqueur von Lemoine, der (nach dem des Jsles) der beste ist, und lange noch einen Nachgeschmack hinterlaͤßt, der al- len Wohlgeruͤchen Arabiens gleicht. Hat der Leser sich jetzt einen hohen Begriff von den Pariser Gastmaͤhlern gemacht, so glaube er deswegen ja nicht, daß man bei den bessern Restaurateurs um ein Haar schlechter speise. Ueberhaupt machen diese Restau- rateurs eine der angenehmsten Einrichtungen die ich ken- ne. Von 4 Uhr bis 7 Uhr, und auch wohl spaͤter noch, findet man bei ihnen immer die groͤßte und leckerste Ver- schiedenheit fertiger Speisen. Man tritt in einen sehr geraͤumigen Saal, (oft sind es mehrere verbundene Saͤ- le), der mit einer Menge von Spiegeln und Saͤulen elegant verziert ist. Hier stehen laͤngs den Waͤnden lau- ter kleine gedeckte Tische zu einer auch zwei Personen; sie stehen einander so nahe, daß man, wenn man Lust hat, wohl mit den Nachbarn schwatzen kann, aber auch

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Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen01_1804/174>, abgerufen am 18.05.2024.