Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804.tigen Minister und dem höfischen Günstling gemischt Ach! der Revolutions-Strom hat alles verschlun- An Soupers wird eigentlich in Paris jetzt wenig Vergebens hat man den Thee an die Stelle der tigen Minister und dem hoͤfischen Guͤnstling gemischt Ach! der Revolutions-Strom hat alles verschlun- An Soupers wird eigentlich in Paris jetzt wenig Vergebens hat man den Thee an die Stelle der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0168" n="164"/> tigen Minister und dem hoͤfischen Guͤnstling gemischt<lb/> waren.</p><lb/> <p>Ach! der Revolutions-Strom hat alles verschlun-<lb/> gen. Jene Soupers wurden ersetzt durch sogenannte<lb/><hi rendition="#g">bruͤderliche Mahlzeiten</hi> mitten auf den Stras-<lb/> sen, bei welchen die Bruͤderschaft von Cain und Abel<lb/> herrschte; denn nie war weniger Gleichheit und Frey-<lb/> heit in Frankreich, als da sie in allen Haͤusern ange-<lb/> schrieben stand. Sitten, Reichthuͤmer, Wuͤrden, Ver-<lb/> stand und Witz, alles hat eine andere Richtung genom-<lb/> men, und koͤnnte man auch die noch existirenden Ue-<lb/> berreste jener Gesellschaften wieder zusammen bringen,<lb/> so wuͤrden sie doch schwerlich den aͤchten Ton wiederfinden.</p><lb/> <p>An Soupers wird eigentlich in Paris jetzt wenig<lb/> mehr gedacht. Wie koͤnnte man das auch in einer Stadt,<lb/> wo man Abends zu Mittag speist, wo die Schauspiele um<lb/> Mitternacht endigen, wo die Spielwuth sich aller Ge-<lb/> sellschaften bemeistert, wo (mit Ausnahme) die Rei-<lb/> chen keine Kenntnisse besitzen, die Weiber keine Erzie-<lb/> hung, und wo (so druͤckt ein Pariser Blatt sich aus)<lb/> von égards und politesse bald nur noch die Namen<lb/> bekannt seyn werden. (Dies Urtheil, welches sich von<lb/> einem feinen Beobachter herschreibt, ist hart, und ich<lb/> fuͤr meine Person kann es nicht durchgehends unterschrei-<lb/> ben, aber ich habe auch nur wenige, und nur die be-<lb/> sten Haͤuser besucht).</p><lb/> <p>Vergebens hat man den <hi rendition="#g">Thee</hi> an die Stelle der<lb/> Soupers setzen wollen, beide gleichen sich gar nicht;<lb/> ja, diese kostspieligen Thees, die man nur in reichen<lb/> Haͤusern trifft, gleichen an <hi rendition="#g">nichts,</hi> weil sie <hi rendition="#g">Allem</hi><lb/> gleichen. Weder Witz noch Leckerei finden ihre Rech-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [164/0168]
tigen Minister und dem hoͤfischen Guͤnstling gemischt
waren.
Ach! der Revolutions-Strom hat alles verschlun-
gen. Jene Soupers wurden ersetzt durch sogenannte
bruͤderliche Mahlzeiten mitten auf den Stras-
sen, bei welchen die Bruͤderschaft von Cain und Abel
herrschte; denn nie war weniger Gleichheit und Frey-
heit in Frankreich, als da sie in allen Haͤusern ange-
schrieben stand. Sitten, Reichthuͤmer, Wuͤrden, Ver-
stand und Witz, alles hat eine andere Richtung genom-
men, und koͤnnte man auch die noch existirenden Ue-
berreste jener Gesellschaften wieder zusammen bringen,
so wuͤrden sie doch schwerlich den aͤchten Ton wiederfinden.
An Soupers wird eigentlich in Paris jetzt wenig
mehr gedacht. Wie koͤnnte man das auch in einer Stadt,
wo man Abends zu Mittag speist, wo die Schauspiele um
Mitternacht endigen, wo die Spielwuth sich aller Ge-
sellschaften bemeistert, wo (mit Ausnahme) die Rei-
chen keine Kenntnisse besitzen, die Weiber keine Erzie-
hung, und wo (so druͤckt ein Pariser Blatt sich aus)
von égards und politesse bald nur noch die Namen
bekannt seyn werden. (Dies Urtheil, welches sich von
einem feinen Beobachter herschreibt, ist hart, und ich
fuͤr meine Person kann es nicht durchgehends unterschrei-
ben, aber ich habe auch nur wenige, und nur die be-
sten Haͤuser besucht).
Vergebens hat man den Thee an die Stelle der
Soupers setzen wollen, beide gleichen sich gar nicht;
ja, diese kostspieligen Thees, die man nur in reichen
Haͤusern trifft, gleichen an nichts, weil sie Allem
gleichen. Weder Witz noch Leckerei finden ihre Rech-
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