Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

nung ist ganz vortrefflich. Villeicht wäre aber die Alle-
gorie noch wahrer, wenn statt der Leichtgläubigkeit die
Schadenfreude auf dem Thron säße, denn diese
ist es eigentlich, die der Verläumdung immer willig ent-
gegen kommt. Die Leichtgläubigkeit müßte jedoch mit
unter den Hofdamen seyn. -- Das Leiden Christi
von Albert Dürer zeichnet sich durch Reichthum und
erstaunlichen Fleiß aus; so wie ein armer Betrüb-
ter
von Lucas von Leyden, durch große Wahr-
heit. -- Kunstreich ist ein Relief von Elfenbein, von
van Opstal, den Raub der Sabinerinnen
darstellend, und sinnreich Lebrüns Zeichnungen von
Menschen- und Thierköpfen, durch welche er
die Aehnlichkeiten der Menschen- und Thier-Physiogno-
mien zu beweisen suchte. -- Eine kuriose Jdee hat Pous-
sin
gehabt, als er einen Philosophen zeichnete,
der seine Wissenschaftslehre auf dem Rücken eines
Jünglings niederschreibt. -- Aeußerst interessant sind
die in große Rahmen gefaßten Miniatüren, weil sie
fast Alle berühmte Personen darstellen. Hier findet man
(von lauter guten Meistern) Peter den Großen,
Madame de Maintenon, Ludwig den
XJV.,
den Dichter Voitüre, die Kaiserin Maria There-
sia,
neben der hübschen Gärtnerstochter von
Meudon, Ludwigs Geliebte, Ninon Lenclos neben
dem Cardinal Richelieu, die Frau von Sevigne
die Königin Christine von Schweden, die Dich-
terin Deshulieres, und noch hundert andere. --
Mannichfaltig sind auch die Kunstwerke in seinen Stei-
nen aus der bekannten Manufaktur von Florenz; sieben
prächtige Tafeln von Porphyr, Marmor und La-
pislazuli,
in welche Figuren von Corallen, Mu-

nung ist ganz vortrefflich. Villeicht waͤre aber die Alle-
gorie noch wahrer, wenn statt der Leichtglaͤubigkeit die
Schadenfreude auf dem Thron saͤße, denn diese
ist es eigentlich, die der Verlaͤumdung immer willig ent-
gegen kommt. Die Leichtglaͤubigkeit muͤßte jedoch mit
unter den Hofdamen seyn. — Das Leiden Christi
von Albert Duͤrer zeichnet sich durch Reichthum und
erstaunlichen Fleiß aus; so wie ein armer Betruͤb-
ter
von Lucas von Leyden, durch große Wahr-
heit. — Kunstreich ist ein Relief von Elfenbein, von
van Opstal, den Raub der Sabinerinnen
darstellend, und sinnreich Lebruͤns Zeichnungen von
Menschen- und Thierkoͤpfen, durch welche er
die Aehnlichkeiten der Menschen- und Thier-Physiogno-
mien zu beweisen suchte. — Eine kuriose Jdee hat Pous-
sin
gehabt, als er einen Philosophen zeichnete,
der seine Wissenschaftslehre auf dem Ruͤcken eines
Juͤnglings niederschreibt. — Aeußerst interessant sind
die in große Rahmen gefaßten Miniatuͤren, weil sie
fast Alle beruͤhmte Personen darstellen. Hier findet man
(von lauter guten Meistern) Peter den Großen,
Madame de Maintenon, Ludwig den
XJV.,
den Dichter Voituͤre, die Kaiserin Maria There-
sia,
neben der huͤbschen Gaͤrtnerstochter von
Meudon, Ludwigs Geliebte, Ninon Lenclos neben
dem Cardinal Richelieu, die Frau von Sevigné
die Koͤnigin Christine von Schweden, die Dich-
terin Deshulieres, und noch hundert andere. —
Mannichfaltig sind auch die Kunstwerke in seinen Stei-
nen aus der bekannten Manufaktur von Florenz; sieben
praͤchtige Tafeln von Porphyr, Marmor und La-
pislazuli,
in welche Figuren von Corallen, Mu-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0155" n="151"/>
nung ist ganz vortrefflich. Villeicht wa&#x0364;re aber die Alle-<lb/>
gorie <hi rendition="#g">noch</hi> wahrer, wenn statt der Leichtgla&#x0364;ubigkeit die<lb/><hi rendition="#g">Schadenfreude</hi> auf dem Thron sa&#x0364;ße, denn <hi rendition="#g">diese</hi><lb/>
ist es eigentlich, die der Verla&#x0364;umdung immer willig ent-<lb/>
gegen kommt. Die Leichtgla&#x0364;ubigkeit mu&#x0364;ßte jedoch mit<lb/>
unter den Hofdamen seyn. &#x2014; Das <hi rendition="#g">Leiden Christi</hi><lb/>
von <hi rendition="#g">Albert Du&#x0364;rer</hi> zeichnet sich durch Reichthum und<lb/>
erstaunlichen Fleiß aus; so wie ein <hi rendition="#g">armer Betru&#x0364;b-<lb/>
ter</hi> von <hi rendition="#g">Lucas von Leyden,</hi> durch große Wahr-<lb/>
heit. &#x2014; Kunstreich ist ein Relief von Elfenbein, von<lb/><hi rendition="#g">van Opstal,</hi> den <hi rendition="#g">Raub der Sabinerinnen</hi><lb/>
darstellend, und sinnreich <hi rendition="#g">Lebru&#x0364;ns</hi> Zeichnungen von<lb/><hi rendition="#g">Menschen- und Thierko&#x0364;pfen,</hi> durch welche er<lb/>
die Aehnlichkeiten der Menschen- und Thier-Physiogno-<lb/>
mien zu beweisen suchte. &#x2014; Eine kuriose Jdee hat <hi rendition="#g">Pous-<lb/>
sin</hi> gehabt, als er einen <hi rendition="#g">Philosophen</hi> zeichnete,<lb/>
der seine Wissenschaftslehre auf dem <hi rendition="#g">Ru&#x0364;cken</hi> eines<lb/>
Ju&#x0364;nglings niederschreibt. &#x2014; Aeußerst interessant sind<lb/>
die in große Rahmen gefaßten <hi rendition="#g">Miniatu&#x0364;ren,</hi> weil sie<lb/>
fast Alle beru&#x0364;hmte Personen darstellen. Hier findet man<lb/>
(von lauter guten Meistern) <hi rendition="#g">Peter den Großen,<lb/>
Madame de Maintenon, Ludwig den</hi> XJV.,<lb/>
den Dichter <hi rendition="#g">Voitu&#x0364;re,</hi> die Kaiserin <hi rendition="#g">Maria There-<lb/>
sia,</hi> neben der hu&#x0364;bschen <hi rendition="#g">Ga&#x0364;rtnerstochter</hi> von<lb/>
Meudon, Ludwigs Geliebte, <hi rendition="#g">Ninon Lenclos</hi> neben<lb/>
dem Cardinal <hi rendition="#g">Richelieu,</hi> die Frau <hi rendition="#g">von Sevigné</hi><lb/>
die Ko&#x0364;nigin <hi rendition="#g">Christine von Schweden,</hi> die Dich-<lb/>
terin <hi rendition="#g">Deshulieres,</hi> und noch hundert andere. &#x2014;<lb/>
Mannichfaltig sind auch die Kunstwerke in seinen Stei-<lb/>
nen aus der bekannten Manufaktur von Florenz; sieben<lb/>
pra&#x0364;chtige Tafeln von <hi rendition="#g">Porphyr, Marmor</hi> und <hi rendition="#g">La-<lb/>
pislazuli,</hi> in welche Figuren von Corallen, Mu-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[151/0155] nung ist ganz vortrefflich. Villeicht waͤre aber die Alle- gorie noch wahrer, wenn statt der Leichtglaͤubigkeit die Schadenfreude auf dem Thron saͤße, denn diese ist es eigentlich, die der Verlaͤumdung immer willig ent- gegen kommt. Die Leichtglaͤubigkeit muͤßte jedoch mit unter den Hofdamen seyn. — Das Leiden Christi von Albert Duͤrer zeichnet sich durch Reichthum und erstaunlichen Fleiß aus; so wie ein armer Betruͤb- ter von Lucas von Leyden, durch große Wahr- heit. — Kunstreich ist ein Relief von Elfenbein, von van Opstal, den Raub der Sabinerinnen darstellend, und sinnreich Lebruͤns Zeichnungen von Menschen- und Thierkoͤpfen, durch welche er die Aehnlichkeiten der Menschen- und Thier-Physiogno- mien zu beweisen suchte. — Eine kuriose Jdee hat Pous- sin gehabt, als er einen Philosophen zeichnete, der seine Wissenschaftslehre auf dem Ruͤcken eines Juͤnglings niederschreibt. — Aeußerst interessant sind die in große Rahmen gefaßten Miniatuͤren, weil sie fast Alle beruͤhmte Personen darstellen. Hier findet man (von lauter guten Meistern) Peter den Großen, Madame de Maintenon, Ludwig den XJV., den Dichter Voituͤre, die Kaiserin Maria There- sia, neben der huͤbschen Gaͤrtnerstochter von Meudon, Ludwigs Geliebte, Ninon Lenclos neben dem Cardinal Richelieu, die Frau von Sevigné die Koͤnigin Christine von Schweden, die Dich- terin Deshulieres, und noch hundert andere. — Mannichfaltig sind auch die Kunstwerke in seinen Stei- nen aus der bekannten Manufaktur von Florenz; sieben praͤchtige Tafeln von Porphyr, Marmor und La- pislazuli, in welche Figuren von Corallen, Mu-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von Au… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen01_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen01_1804/155
Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen01_1804/155>, abgerufen am 22.11.2024.