Venus Rembrandt's, in flamändischer Tracht, mit schönen großen Ohrringen. Wahrlich wären dem Jungen, der vor ihr steht, nicht ein Paar Flügel an- geleimt, keine Seele würde errathen, daß er einen Amor vorstellen soll. Da lob' ich mir das herrliche Fami- liengemälde des weniger berühmten Ostade. Drei solche Rembrandtische Venus gäb' ich dafür hin.
Ein kleines, von der Zeit gemißhandeltes Bild soll ein Turnier vorstellen und Rubens zum Verfasser haben. Es gehört eine starke Einbildungskraft dazu, sowohl den Gegenstand als den Verfasser zu erkennen. -- Du, mit dem sanften Gesicht, Elisabeth von Bourbon, Geliebte des Dom Carlos; mehr noch als Rubens Pinsel macht Schillers Meisterwerk dich mir interessant, und nur jene lebhaft dargestellten stillen Freuden der Häuslichkeit von Steen, kön- nen meinen Blick von dir abziehen. Man hänge dieses Bild neben das der heil. Agathe, der die Brustwarzen abgekniffen werden, und frage sich dann, ob man lie- ber Steen oder Sebastiano's Freund seyn möch- te? --
Sehr dramatisch hat Terburg eine etwas lockere Scene behandelt, wo ein dicker Soldat, ein jovialischer Zechbruder, einem Mädchen Geld bietet, das zwar ver- schämt die Augen nieder - aber das Geld nicht ausschlägt. -- Das Portrait eines alten Hausmeisters der Maler- Academie zu Antwerpen (von Cornelius Vos) ist von einer hinreißenden Wahrheit; und die Micheline (von Barocci) von einer unaussprechlichen Lieblichkeit. Hat diese schöne Pilgerinn wirklich so ausgesehen, so wird ihre Heiligkeit sie schwerlich vor profaner Liebe geschützt haben. -- Um so empörender ist abermals das Mär-
Venus Rembrandt's, in flamaͤndischer Tracht, mit schoͤnen großen Ohrringen. Wahrlich waͤren dem Jungen, der vor ihr steht, nicht ein Paar Fluͤgel an- geleimt, keine Seele wuͤrde errathen, daß er einen Amor vorstellen soll. Da lob' ich mir das herrliche Fami- liengemaͤlde des weniger beruͤhmten Ostade. Drei solche Rembrandtische Venus gaͤb' ich dafuͤr hin.
Ein kleines, von der Zeit gemißhandeltes Bild soll ein Turnier vorstellen und Rubens zum Verfasser haben. Es gehoͤrt eine starke Einbildungskraft dazu, sowohl den Gegenstand als den Verfasser zu erkennen. — Du, mit dem sanften Gesicht, Elisabeth von Bourbon, Geliebte des Dom Carlos; mehr noch als Rubens Pinsel macht Schillers Meisterwerk dich mir interessant, und nur jene lebhaft dargestellten stillen Freuden der Haͤuslichkeit von Steen, koͤn- nen meinen Blick von dir abziehen. Man haͤnge dieses Bild neben das der heil. Agathe, der die Brustwarzen abgekniffen werden, und frage sich dann, ob man lie- ber Steen oder Sebastiano's Freund seyn moͤch- te? —
Sehr dramatisch hat Terburg eine etwas lockere Scene behandelt, wo ein dicker Soldat, ein jovialischer Zechbruder, einem Maͤdchen Geld bietet, das zwar ver- schaͤmt die Augen nieder - aber das Geld nicht ausschlaͤgt. — Das Portrait eines alten Hausmeisters der Maler- Academie zu Antwerpen (von Cornelius Vos) ist von einer hinreißenden Wahrheit; und die Micheline (von Barocci) von einer unaussprechlichen Lieblichkeit. Hat diese schoͤne Pilgerinn wirklich so ausgesehen, so wird ihre Heiligkeit sie schwerlich vor profaner Liebe geschuͤtzt haben. — Um so empoͤrender ist abermals das Maͤr-
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Venus Rembrandt's, in flamaͤndischer Tracht,
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Jungen, der vor ihr steht, nicht ein Paar Fluͤgel an-
geleimt, keine Seele wuͤrde errathen, daß er einen Amor
vorstellen soll. Da lob' ich mir das herrliche Fami-
liengemaͤlde des weniger beruͤhmten Ostade. Drei
solche Rembrandtische Venus gaͤb' ich dafuͤr hin.
Ein kleines, von der Zeit gemißhandeltes Bild soll
ein Turnier vorstellen und Rubens zum Verfasser
haben. Es gehoͤrt eine starke Einbildungskraft dazu,
sowohl den Gegenstand als den Verfasser zu erkennen. —
Du, mit dem sanften Gesicht, Elisabeth von
Bourbon, Geliebte des Dom Carlos; mehr noch als
Rubens Pinsel macht Schillers Meisterwerk dich mir
interessant, und nur jene lebhaft dargestellten stillen
Freuden der Haͤuslichkeit von Steen, koͤn-
nen meinen Blick von dir abziehen. Man haͤnge dieses
Bild neben das der heil. Agathe, der die Brustwarzen
abgekniffen werden, und frage sich dann, ob man lie-
ber Steen oder Sebastiano's Freund seyn moͤch-
te? —
Sehr dramatisch hat Terburg eine etwas lockere
Scene behandelt, wo ein dicker Soldat, ein jovialischer
Zechbruder, einem Maͤdchen Geld bietet, das zwar ver-
schaͤmt die Augen nieder - aber das Geld nicht ausschlaͤgt.
— Das Portrait eines alten Hausmeisters der Maler-
Academie zu Antwerpen (von Cornelius Vos) ist von
einer hinreißenden Wahrheit; und die Micheline (von
Barocci) von einer unaussprechlichen Lieblichkeit. Hat
diese schoͤne Pilgerinn wirklich so ausgesehen, so wird
ihre Heiligkeit sie schwerlich vor profaner Liebe geschuͤtzt
haben. — Um so empoͤrender ist abermals das Maͤr-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von Au… [mehr]
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von August von Kotzebue erschienen 1804 in einer einbändigen Ausgabe im Frölich-Verlag, Berlin. Im gleichen Jahr wurde diese Ausgabe als zweibändige Ausgabe in einem Band im Titel als "unveränderte Auflage" bezeichnet, herausgegeben. Das Deutsche Textarchiv hat den Text der 3. unveränderten Auflage im Rahmen einer Kuration herausgegeben.
Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen01_1804/149>, abgerufen am 08.07.2024.
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