bens dem Tode zu entrinnen strebt. -- Theolon ist ein unberühmter Name, aber er verdiente wohl berühmter zu seyn, wenn er mehrere Bilder hinterlassen hat, von gleichem Werthe als den Kopf einer alten Frau, den ich für vortrefflich halte. -- Von Vandyk's le- bendigen Bildern ist hier eine große Sammlung, und keines darunter, das nicht seinen Ruhm bewährte. Vor allen gefiel mir ein ex Voto, wo die Darbringer des Gelübdes, Mann und Frau, vor der heiligen Jungfrau knieen, und das Jesuskind sie himmlisch, freundlich auf- nimmt. Himmlisch, sagte ich? Nein ein wenig ir- disch, denn der kleine Christus läßt sich herab, dem Manne den Bart zu streicheln. --
Da hängt ein Portrait, von einem Deutschen Na- mens Faes gemalt, ein ähnliches Portrait, wie man sagt; wer sollte aber wohl in dieser Physiognomie den Protector Cromwell suchen? -- Viel leserli- cher haben Holbein oder die Natur, das Gesicht des Kanzlers Thomas Morus geliefert. Diesem Man- ne traue ich es zu, daß er seinen Nacken kaltblütig un- ter das Beil gebogen. -- Noch ein Paar andere Bil- der von Holbein, ein junges Weib mit dem Schleier, die Hände über den Knieen verschränkend, und Eras- mus, Verfasser des Lobes der Narrheit, werden jedem wie mir Vergnügen gewähren. Soll aber das Vergnü- gen in herzliches Lachen übergehen, so trete man vor das Bohnenfest (fete des rois) von Jordans. Mann kann, ohne mit zu lachen, es durchaus keine Minute mit ansehen, wie die sämmtlichen Gäste lachend auf den trinkenden Bohnen-König schauen. -- Sehr unbefrie- digend ist mir Lairesse's Herkules zwischen Wollust und Tugend vorgekommen, und sehr komisch eine dicke
bens dem Tode zu entrinnen strebt. — Theolon ist ein unberuͤhmter Name, aber er verdiente wohl beruͤhmter zu seyn, wenn er mehrere Bilder hinterlassen hat, von gleichem Werthe als den Kopf einer alten Frau, den ich fuͤr vortrefflich halte. — Von Vandyk's le- bendigen Bildern ist hier eine große Sammlung, und keines darunter, das nicht seinen Ruhm bewaͤhrte. Vor allen gefiel mir ein ex Voto, wo die Darbringer des Geluͤbdes, Mann und Frau, vor der heiligen Jungfrau knieen, und das Jesuskind sie himmlisch, freundlich auf- nimmt. Himmlisch, sagte ich? Nein ein wenig ir- disch, denn der kleine Christus laͤßt sich herab, dem Manne den Bart zu streicheln. —
Da haͤngt ein Portrait, von einem Deutschen Na- mens Faes gemalt, ein aͤhnliches Portrait, wie man sagt; wer sollte aber wohl in dieser Physiognomie den Protector Cromwell suchen? — Viel leserli- cher haben Holbein oder die Natur, das Gesicht des Kanzlers Thomas Morus geliefert. Diesem Man- ne traue ich es zu, daß er seinen Nacken kaltbluͤtig un- ter das Beil gebogen. — Noch ein Paar andere Bil- der von Holbein, ein junges Weib mit dem Schleier, die Haͤnde uͤber den Knieen verschraͤnkend, und Eras- mus, Verfasser des Lobes der Narrheit, werden jedem wie mir Vergnuͤgen gewaͤhren. Soll aber das Vergnuͤ- gen in herzliches Lachen uͤbergehen, so trete man vor das Bohnenfest (fête des rois) von Jordans. Mann kann, ohne mit zu lachen, es durchaus keine Minute mit ansehen, wie die saͤmmtlichen Gaͤste lachend auf den trinkenden Bohnen-Koͤnig schauen. — Sehr unbefrie- digend ist mir Lairesse's Herkules zwischen Wollust und Tugend vorgekommen, und sehr komisch eine dicke
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bens dem Tode zu entrinnen strebt. — Theolon ist ein
unberuͤhmter Name, aber er verdiente wohl beruͤhmter
zu seyn, wenn er mehrere Bilder hinterlassen hat, von
gleichem Werthe als den Kopf einer alten Frau,
den ich fuͤr vortrefflich halte. — Von Vandyk's le-
bendigen Bildern ist hier eine große Sammlung, und
keines darunter, das nicht seinen Ruhm bewaͤhrte. Vor
allen gefiel mir ein ex Voto, wo die Darbringer des
Geluͤbdes, Mann und Frau, vor der heiligen Jungfrau
knieen, und das Jesuskind sie himmlisch, freundlich auf-
nimmt. Himmlisch, sagte ich? Nein ein wenig ir-
disch, denn der kleine Christus laͤßt sich herab, dem
Manne den Bart zu streicheln. —
Da haͤngt ein Portrait, von einem Deutschen Na-
mens Faes gemalt, ein aͤhnliches Portrait, wie
man sagt; wer sollte aber wohl in dieser Physiognomie
den Protector Cromwell suchen? — Viel leserli-
cher haben Holbein oder die Natur, das Gesicht des
Kanzlers Thomas Morus geliefert. Diesem Man-
ne traue ich es zu, daß er seinen Nacken kaltbluͤtig un-
ter das Beil gebogen. — Noch ein Paar andere Bil-
der von Holbein, ein junges Weib mit dem Schleier,
die Haͤnde uͤber den Knieen verschraͤnkend, und Eras-
mus, Verfasser des Lobes der Narrheit, werden jedem
wie mir Vergnuͤgen gewaͤhren. Soll aber das Vergnuͤ-
gen in herzliches Lachen uͤbergehen, so trete man vor das
Bohnenfest (fête des rois) von Jordans. Mann
kann, ohne mit zu lachen, es durchaus keine Minute
mit ansehen, wie die saͤmmtlichen Gaͤste lachend auf den
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digend ist mir Lairesse's Herkules zwischen Wollust
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von Au… [mehr]
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von August von Kotzebue erschienen 1804 in einer einbändigen Ausgabe im Frölich-Verlag, Berlin. Im gleichen Jahr wurde diese Ausgabe als zweibändige Ausgabe in einem Band im Titel als "unveränderte Auflage" bezeichnet, herausgegeben. Das Deutsche Textarchiv hat den Text der 3. unveränderten Auflage im Rahmen einer Kuration herausgegeben.
Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen01_1804/148>, abgerufen am 08.07.2024.
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