Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 3. Leipzig, 1802.Holde Tochter, spross und schosse, Fröhlich, wie die Bins' am Teiche, Wie die Feldros' im Gesträuche, Wie der Waizenhalm im May. Aber rastlos sey dein Sorgen Spät am Abend, früh am Morgen, Dass der Leib nur schöne Fassung Einer schönern Seele sey. Nie von hohlem Schein geblendet, Noch vom Netz des Trug's umwoben, Noch von falschem Wahn verschroben, Bleibe frommer Einfalt treu. Feindinn jedes Rollenspieles, Jedes lügenden Gefühles, Wie der Äther klar und offen, Wie der Lichtstrahl frank und frey. Höre, Tochter, was ich bitte: Wahr' in kindlichem Gemüthe Lebenslänglich deine Güte, Deine Wahrheit, Zucht und Huld, Deine Ehrfurcht für das Sollen, Deine Gnügsamkeit im Wollen, Deine Innigkeit im Lieben, Deine schweigende Geduld. Holde Tochter, sproſs und schosse, Fröhlich, wie die Bins' am Teiche, Wie die Feldros' im Gesträuche, Wie der Waizenhalm im May. Aber rastlos sey dein Sorgen Spät am Abend, früh am Morgen, Daſs der Leib nur schöne Fassung Einer schönern Seele sey. Nie von hohlem Schein geblendet, Noch vom Netz des Trug's umwoben, Noch von falschem Wahn verschroben, Bleibe frommer Einfalt treu. Feindinn jedes Rollenspieles, Jedes lügenden Gefühles, Wie der Äther klar und offen, Wie der Lichtstrahl frank und frey. Höre, Tochter, was ich bitte: Wahr' in kindlichem Gemüthe Lebenslänglich deine Güte, Deine Wahrheit, Zucht und Huld, Deine Ehrfurcht für das Sollen, Deine Gnügsamkeit im Wollen, Deine Innigkeit im Lieben, Deine schweigende Geduld. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0148" n="128"/> <lg n="5"> <l>Holde Tochter, sproſs und schosse,</l><lb/> <l>Fröhlich, wie die Bins' am Teiche,</l><lb/> <l>Wie die Feldros' im Gesträuche,</l><lb/> <l>Wie der Waizenhalm im May.</l><lb/> <l>Aber rastlos sey dein Sorgen</l><lb/> <l>Spät am Abend, früh am Morgen,</l><lb/> <l>Daſs der Leib nur schöne Fassung</l><lb/> <l>Einer schönern Seele sey.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Nie von hohlem Schein geblendet,</l><lb/> <l>Noch vom Netz des Trug's umwoben,</l><lb/> <l>Noch von falschem Wahn verschroben,</l><lb/> <l>Bleibe frommer Einfalt treu.</l><lb/> <l>Feindinn jedes Rollenspieles,</l><lb/> <l>Jedes lügenden Gefühles,</l><lb/> <l>Wie der Äther klar und offen,</l><lb/> <l>Wie der Lichtstrahl frank und frey.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Höre, Tochter, was ich bitte:</l><lb/> <l>Wahr' in kindlichem Gemüthe</l><lb/> <l>Lebenslänglich deine Güte,</l><lb/> <l>Deine Wahrheit, Zucht und Huld,</l><lb/> <l>Deine Ehrfurcht für das Sollen,</l><lb/> <l>Deine Gnügsamkeit im Wollen,</l><lb/> <l>Deine Innigkeit im Lieben,</l><lb/> <l>Deine schweigende Geduld.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [128/0148]
Holde Tochter, sproſs und schosse,
Fröhlich, wie die Bins' am Teiche,
Wie die Feldros' im Gesträuche,
Wie der Waizenhalm im May.
Aber rastlos sey dein Sorgen
Spät am Abend, früh am Morgen,
Daſs der Leib nur schöne Fassung
Einer schönern Seele sey.
Nie von hohlem Schein geblendet,
Noch vom Netz des Trug's umwoben,
Noch von falschem Wahn verschroben,
Bleibe frommer Einfalt treu.
Feindinn jedes Rollenspieles,
Jedes lügenden Gefühles,
Wie der Äther klar und offen,
Wie der Lichtstrahl frank und frey.
Höre, Tochter, was ich bitte:
Wahr' in kindlichem Gemüthe
Lebenslänglich deine Güte,
Deine Wahrheit, Zucht und Huld,
Deine Ehrfurcht für das Sollen,
Deine Gnügsamkeit im Wollen,
Deine Innigkeit im Lieben,
Deine schweigende Geduld.
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Zitationshilfe: | Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 3. Leipzig, 1802, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen03_1802/148>, abgerufen am 03.07.2024. |