"Mildere Lüfte schmeicheln um uns; ein blaurer Himmel "Äugelt auf uns herab, und eine freundlichre Sonne. "Diese Blumen nicken mir zu, gleich liebenden Wesen; "Diese Blätter flistern um mich, wie kosende Zungen; "Jene Vögelein flöten mich an, wie fühlende Seelen. "Köstlicher mundet der Palme Saft, die ambrosische Traube, "Als die Milch und das Obst, das mich dort unten gespeiset. "Seliger fühl' ich mich, Traute, an deinem Busen, als einstens "Auf der Gebärerin Schooss und in dem Arm des Erzeugers. "Dennoch denk' ich noch oft mit heimverlangender Wonne "An die wenigen flüchtigen Monden (sie dünken mich Stunden), "Die ich im Arm des Vaters gelebt, auf dem Schoosse der Mutter, "Und im Kreise geliebter Gespielen. Ach, sage mir, Gute, "Vater und Mutter hatten mich lieb. Ach, sollten bisweilen
„Mildere Lüfte schmeicheln um uns; ein blaurer Himmel „Äugelt auf uns herab, und eine freundlichre Sonne. „Diese Blumen nicken mir zu, gleich liebenden Wesen; „Diese Blätter flistern um mich, wie kosende Zungen; „Jene Vögelein flöten mich an, wie fühlende Seelen. „Köstlicher mundet der Palme Saft, die ambrosische Traube, „Als die Milch und das Obst, das mich dort unten gespeiset. „Seliger fühl' ich mich, Traute, an deinem Busen, als einstens „Auf der Gebärerin Schooss und in dem Arm des Erzeugers. „Dennoch denk' ich noch oft mit heimverlangender Wonne „An die wenigen flüchtigen Monden (sie dünken mich Stunden), „Die ich im Arm des Vaters gelebt, auf dem Schoosse der Mutter, „Und im Kreise geliebter Gespielen. Ach, sage mir, Gute, „Vater und Mutter hatten mich lieb. Ach, sollten bisweilen
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„Mildere Lüfte schmeicheln um uns; ein blaurer
Himmel
„Äugelt auf uns herab, und eine freundlichre
Sonne.
„Diese Blumen nicken mir zu, gleich liebenden
Wesen;
„Diese Blätter flistern um mich, wie kosende
Zungen;
„Jene Vögelein flöten mich an, wie fühlende
Seelen.
„Köstlicher mundet der Palme Saft, die ambrosische
Traube,
„Als die Milch und das Obst, das mich dort unten
gespeiset.
„Seliger fühl' ich mich, Traute, an deinem Busen,
als einstens
„Auf der Gebärerin Schooss und in dem Arm des
Erzeugers.
„Dennoch denk' ich noch oft mit heimverlangender
Wonne
„An die wenigen flüchtigen Monden (sie dünken
mich Stunden),
„Die ich im Arm des Vaters gelebt, auf dem Schoosse
der Mutter,
„Und im Kreise geliebter Gespielen. Ach, sage mir,
Gute,
„Vater und Mutter hatten mich lieb. Ach, sollten
bisweilen
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Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen02_1798/369>, abgerufen am 25.11.2024.
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