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Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798.

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Noch stand ich aufgelöst in ahnungtrunknes
Staunen;
Da hört' ichs mir ins Ohr, wie Geistgeflister
raunen:
"Knie nieder und bet' an!" Ich kniet' ins falbe
Moos,
Und also rang es sich aus meinem Innern los:
"O du -- wie nenn' ich dich, dem alle Busen
wallen,
"Und alle Herzen glühn, und alle Zungen lallen --
"Zeus, Tien, Manitu, Allfader, Brama,
Foh,
Eloah, Allah, O!"
"Sey, wer du seyst, du bist! Ja, Wesen
aller Wesen,
"Ich glaube, dass du bist! Ich glaub' und bin ge-
nesen!
"Ruhlechzend lehnt an dir der Grübelns müde Geist,
"Den rastlos der Begriff in ewgem Wirbel reisst.
"Mag gleich dein Wie und Wo kein Syllogism
erklügeln,
"Kein Seherblick erspähn, kein Vedam uns entsie-
geln,
"Mag faseln der Epopt, und spötteln der So-
phist --
Ich glaube, dass du bist!

Noch stand ich aufgelöst in ahnungtrunknes
Staunen;
Da hört' ichs mir ins Ohr, wie Geistgeflister
raunen:
„Knie nieder und bet' an!“ Ich kniet' ins falbe
Moos,
Und also rang es sich aus meinem Innern los:
„O du — wie nenn' ich dich, dem alle Busen
wallen,
„Und alle Herzen glühn, und alle Zungen lallen —
Zeus, Tien, Manitu, Allfader, Brama,
Foh,
Eloah, Allah, O!“
„Sey, wer du seyst, du bist! Ja, Wesen
aller Wesen,
„Ich glaube, dass du bist! Ich glaub' und bin ge-
nesen!
„Ruhlechzend lehnt an dir der Grübelns müde Geist,
„Den rastlos der Begriff in ewgem Wirbel reisst.
„Mag gleich dein Wie und Wo kein Syllogism
erklügeln,
„Kein Seherblick erspähn, kein Vedam uns entsie-
geln,
„Mag faseln der Epopt, und spötteln der So-
phist —
Ich glaube, dass du bist!

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[288/0308] Noch stand ich aufgelöst in ahnungtrunknes Staunen; Da hört' ichs mir ins Ohr, wie Geistgeflister raunen: „Knie nieder und bet' an!“ Ich kniet' ins falbe Moos, Und also rang es sich aus meinem Innern los: „O du — wie nenn' ich dich, dem alle Busen wallen, „Und alle Herzen glühn, und alle Zungen lallen — „Zeus, Tien, Manitu, Allfader, Brama, Foh, Eloah, Allah, O!“ „Sey, wer du seyst, du bist! Ja, Wesen aller Wesen, „Ich glaube, dass du bist! Ich glaub' und bin ge- nesen! „Ruhlechzend lehnt an dir der Grübelns müde Geist, „Den rastlos der Begriff in ewgem Wirbel reisst. „Mag gleich dein Wie und Wo kein Syllogism erklügeln, „Kein Seherblick erspähn, kein Vedam uns entsie- geln, „Mag faseln der Epopt, und spötteln der So- phist — Ich glaube, dass du bist!

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Zitationshilfe: Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen02_1798/308>, abgerufen am 04.05.2024.