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Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798.

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Der Dichter.
Sollte Liebe mit dem Staube modern?
Ihre Flamme kerzengleich verlodern?
Ihre Blüthe blätterngleich verwehn?
Liebe, die in Herzensreinheit flammet,
Liebe, die aus bessern Welten stammet,
Mag nicht gar verlöschen, mag nicht gar vergehn.
Zwar das Auge, das Empfindung blicket,
Zwar die Hand, die sympathetisch drücket,
Zwar der Mund, der Liebe lispelte, wird Staub.
Und der Unschuld helle Morgenröthe
Und die Jugend, die Verschonung flehte,
Wird des mitleidlosen Würgers Raub.
Aber -- Lichtgedanke! Wonneglaube! --
Aus des Aschenkruges stillem Staube
Ringet sich ein lichter Funke los,
Schwingt sich über Grab und Grabestrümmer
Über Aldabarans stille Schimmer
In der ewgen Liebe sichern Schooss.
Liebe rauscht in Edens hellen Palmen;
Liebe jubelt in des Seraphs Psalmen,
Und verschönert der Verklärung Glanz;
Lieb' ist Puls und Herz der Welten alle,
Schürzet Siebensterne, ballet Sonnenballe,
Flicht die Schöpfungen in Einen Kranz.

Der Dichter.
Sollte Liebe mit dem Staube modern?
Ihre Flamme kerzengleich verlodern?
Ihre Blüthe blätterngleich verwehn?
Liebe, die in Herzensreinheit flammet,
Liebe, die aus bessern Welten stammet,
Mag nicht gar verlöschen, mag nicht gar vergehn.
Zwar das Auge, das Empfindung blicket,
Zwar die Hand, die sympathetisch drücket,
Zwar der Mund, der Liebe lispelte, wird Staub.
Und der Unschuld helle Morgenröthe
Und die Jugend, die Verschonung flehte,
Wird des mitleidlosen Würgers Raub.
Aber — Lichtgedanke! Wonneglaube! —
Aus des Aschenkruges stillem Staube
Ringet sich ein lichter Funke los,
Schwingt sich über Grab und Grabestrümmer
Über Aldabarans stille Schimmer
In der ewgen Liebe sichern Schooss.
Liebe rauscht in Edens hellen Palmen;
Liebe jubelt in des Seraphs Psalmen,
Und verschönert der Verklärung Glanz;
Lieb' ist Puls und Herz der Welten alle,
Schürzet Siebensterne, ballet Sonnenballe,
Flicht die Schöpfungen in Einen Kranz.

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[246/0264] Der Dichter. Sollte Liebe mit dem Staube modern? Ihre Flamme kerzengleich verlodern? Ihre Blüthe blätterngleich verwehn? Liebe, die in Herzensreinheit flammet, Liebe, die aus bessern Welten stammet, Mag nicht gar verlöschen, mag nicht gar vergehn. Zwar das Auge, das Empfindung blicket, Zwar die Hand, die sympathetisch drücket, Zwar der Mund, der Liebe lispelte, wird Staub. Und der Unschuld helle Morgenröthe Und die Jugend, die Verschonung flehte, Wird des mitleidlosen Würgers Raub. Aber — Lichtgedanke! Wonneglaube! — Aus des Aschenkruges stillem Staube Ringet sich ein lichter Funke los, Schwingt sich über Grab und Grabestrümmer Über Aldabarans stille Schimmer In der ewgen Liebe sichern Schooss. Liebe rauscht in Edens hellen Palmen; Liebe jubelt in des Seraphs Psalmen, Und verschönert der Verklärung Glanz; Lieb' ist Puls und Herz der Welten alle, Schürzet Siebensterne, ballet Sonnenballe, Flicht die Schöpfungen in Einen Kranz.

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Zitationshilfe: Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen02_1798/264>, abgerufen am 04.05.2024.