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Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798.

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Weiht' ich dir nicht meine schönsten Kräfte?
Dachte dein bey jedem Tagsgeschäfte,
Dein, wann Schlummer meine Wimper schloss?
Dein, sobald des Morgens Rosenschimmer
Mich umstrahlten? dein, wenn seine Flimmer
Blass der Vollmond in mein Fenster goss?
O, wie oft an deine Brust gesunken,
Und vom Kelch der Liebe wonnetrunken,
Sehnt' ich mich, erst ewig dein zu seyn!
Heute, heute hab' ich dich erwunden;
Und vollendet sind der Prüfung Stunden,
Und mein Walder ist nun ewig mein!
Walder, Walder, du mein Theurerrungner,
Mein nun ganz Umfangner, mein nun ganz Um-
schlungner,
Und du fürchtest, deiner Gattin Arm
Werde minder innig dich umschmiegen?
Minder traut ihr Herz sich zu dir fügen?
Ihre Brust dir klopfen minder warm?
Walder nein, mit jedes Morgens Spriessen
Will ich inniger mich an dich schliessen;
Will mich näher dir, mein Edler, nahn.
Wie die Rebe um den Ulmbaum ranket,
Mit ihm steigt und mit ihm niederschwanket,
Will ich dich in Freud' und Leid umfahn.

Weiht' ich dir nicht meine schönsten Kräfte?
Dachte dein bey jedem Tagsgeschäfte,
Dein, wann Schlummer meine Wimper schloss?
Dein, sobald des Morgens Rosenschimmer
Mich umstrahlten? dein, wenn seine Flimmer
Blass der Vollmond in mein Fenster goss?
O, wie oft an deine Brust gesunken,
Und vom Kelch der Liebe wonnetrunken,
Sehnt' ich mich, erst ewig dein zu seyn!
Heute, heute hab' ich dich erwunden;
Und vollendet sind der Prüfung Stunden,
Und mein Walder ist nun ewig mein!
Walder, Walder, du mein Theurerrungner,
Mein nun ganz Umfangner, mein nun ganz Um-
schlungner,
Und du fürchtest, deiner Gattin Arm
Werde minder innig dich umschmiegen?
Minder traut ihr Herz sich zu dir fügen?
Ihre Brust dir klopfen minder warm?
Walder nein, mit jedes Morgens Spriessen
Will ich inniger mich an dich schliessen;
Will mich näher dir, mein Edler, nahn.
Wie die Rebe um den Ulmbaum ranket,
Mit ihm steigt und mit ihm niederschwanket,
Will ich dich in Freud' und Leid umfahn.

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[244/0262] Weiht' ich dir nicht meine schönsten Kräfte? Dachte dein bey jedem Tagsgeschäfte, Dein, wann Schlummer meine Wimper schloss? Dein, sobald des Morgens Rosenschimmer Mich umstrahlten? dein, wenn seine Flimmer Blass der Vollmond in mein Fenster goss? O, wie oft an deine Brust gesunken, Und vom Kelch der Liebe wonnetrunken, Sehnt' ich mich, erst ewig dein zu seyn! Heute, heute hab' ich dich erwunden; Und vollendet sind der Prüfung Stunden, Und mein Walder ist nun ewig mein! Walder, Walder, du mein Theurerrungner, Mein nun ganz Umfangner, mein nun ganz Um- schlungner, Und du fürchtest, deiner Gattin Arm Werde minder innig dich umschmiegen? Minder traut ihr Herz sich zu dir fügen? Ihre Brust dir klopfen minder warm? Walder nein, mit jedes Morgens Spriessen Will ich inniger mich an dich schliessen; Will mich näher dir, mein Edler, nahn. Wie die Rebe um den Ulmbaum ranket, Mit ihm steigt und mit ihm niederschwanket, Will ich dich in Freud' und Leid umfahn.

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Zitationshilfe: Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen02_1798/262>, abgerufen am 05.05.2024.