Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798.Denken will ich euer, bis die Parze Meines Lebens schlanken Stengel knickt. Bis der Jüngling mit gesenkter Kerze Zu Elisiums Sängern mich entrückt; Bis am wogenbrechenden Gestade, Wo ich wallte meine letzten Pfade, Meine Urn die traurende Najade Mit Seelilien und Lotos schmückt. Und mich ahnet, dass nicht lange, lange Jene Zone mich gefangen hält. Mächtig ahnets mich und süss und bange, Dass der Fremdling, der die Brust mir schwellt, Den schon lange dieser Kerker enget, Der schon lange rastlos aufwärts dränget, Bald vielleicht die morsche Hülle sprenget, Und empor sich schwingt zu bessrer Welt. O des Trostes! o des Vollgenusses! Aller Thorheit, aller Eitelkeit, Alles Siechens, alles Überdrusses, Alles Tands und alles Zwangs entfreyt -- In den sonnenvollen Himmelzonen, In des Empyräums Regionen, Mit den Sokraten und den Platonen Lustzuwandeln durch die Ewigkeit! L 2
Denken will ich euer, bis die Parze Meines Lebens schlanken Stengel knickt. Bis der Jüngling mit gesenkter Kerze Zu Elisiums Sängern mich entrückt; Bis am wogenbrechenden Gestade, Wo ich wallte meine letzten Pfade, Meine Urn die traurende Najade Mit Seelilien und Lotos schmückt. Und mich ahnet, dass nicht lange, lange Jene Zone mich gefangen hält. Mächtig ahnets mich und süss und bange, Dass der Fremdling, der die Brust mir schwellt, Den schon lange dieser Kerker enget, Der schon lange rastlos aufwärts dränget, Bald vielleicht die morsche Hülle sprenget, Und empor sich schwingt zu bessrer Welt. O des Trostes! o des Vollgenusses! Aller Thorheit, aller Eitelkeit, Alles Siechens, alles Überdrusses, Alles Tands und alles Zwangs entfreyt — In den sonnenvollen Himmelzonen, In des Empyräums Regionen, Mit den Sokraten und den Platonen Lustzuwandeln durch die Ewigkeit! L 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0179" n="163"/> </l> <lg n="17"> <l>Denken will ich euer, bis die Parze</l><lb/> <l>Meines Lebens schlanken Stengel knickt.</l><lb/> <l>Bis der Jüngling mit gesenkter Kerze</l><lb/> <l>Zu Elisiums Sängern mich entrückt;</l><lb/> <l>Bis am wogenbrechenden Gestade,</l><lb/> <l>Wo ich wallte meine letzten Pfade,</l><lb/> <l>Meine Urn die traurende Najade</l><lb/> <l>Mit Seelilien und Lotos schmückt.</l> </lg><lb/> <lg n="18"> <l>Und mich ahnet, dass nicht lange, lange</l><lb/> <l>Jene Zone mich gefangen hält.</l><lb/> <l>Mächtig ahnets mich und süss und bange,</l><lb/> <l>Dass der Fremdling, der die Brust mir schwellt,</l><lb/> <l>Den schon lange dieser Kerker enget,</l><lb/> <l>Der schon lange rastlos aufwärts dränget,</l><lb/> <l>Bald vielleicht die morsche Hülle sprenget,</l><lb/> <l>Und empor sich schwingt zu bessrer Welt.</l> </lg><lb/> <lg n="19"> <l>O des Trostes! o des Vollgenusses!</l><lb/> <l>Aller Thorheit, aller Eitelkeit,</l><lb/> <l>Alles Siechens, alles Überdrusses,</l><lb/> <l>Alles Tands und alles Zwangs entfreyt —</l><lb/> <l>In den sonnenvollen Himmelzonen,</l><lb/> <l>In des Empyräums Regionen,</l><lb/> <l>Mit den Sokraten und den Platonen</l><lb/> <l>Lustzuwandeln durch die Ewigkeit!</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="sig">L 2</fw><lb/> <l> </l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [163/0179]
Denken will ich euer, bis die Parze
Meines Lebens schlanken Stengel knickt.
Bis der Jüngling mit gesenkter Kerze
Zu Elisiums Sängern mich entrückt;
Bis am wogenbrechenden Gestade,
Wo ich wallte meine letzten Pfade,
Meine Urn die traurende Najade
Mit Seelilien und Lotos schmückt.
Und mich ahnet, dass nicht lange, lange
Jene Zone mich gefangen hält.
Mächtig ahnets mich und süss und bange,
Dass der Fremdling, der die Brust mir schwellt,
Den schon lange dieser Kerker enget,
Der schon lange rastlos aufwärts dränget,
Bald vielleicht die morsche Hülle sprenget,
Und empor sich schwingt zu bessrer Welt.
O des Trostes! o des Vollgenusses!
Aller Thorheit, aller Eitelkeit,
Alles Siechens, alles Überdrusses,
Alles Tands und alles Zwangs entfreyt —
In den sonnenvollen Himmelzonen,
In des Empyräums Regionen,
Mit den Sokraten und den Platonen
Lustzuwandeln durch die Ewigkeit!
L 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |