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Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798.

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Aber, bis wir dort uns wiederschauen,
Denket auch in meiner Ferne mein!
Denket mein, die ihr in diesen Auen
Mich umfinget sonder Schmink' und Schein!
Wann ihr wandelt, wo die hohen Rüstern
In des Abends Säusel schaurig lüstern,
Längs der weissen Kirchhofmauer flistern,
Meine Theuern, so gedenket mein!
Wann ihr irret in den alten Trümmern,
Wo im weitverheerten Burgrevier
Blasse Schatten auf dem Schutte wimmern,
Aller Kraft beraubt und aller Zier;
Wann dann in den dunkeln Fliedergängen
Leise Schauer euch die Brust beengen,
Und Erinn'rungen euch überdrängen,
Meine Trauten, o so sprecht von mir!
Wann ihr auf der Zisa braunen Gipfeln
Arm in Arm euch sonnt im Abendstrahl;
Wann es sauset in den Tannenwipfeln,
Und es dampft in Hochdorfs Wiesenthal;
Wann ihr starr dann in das Spätroth blicket,
Dann euch inniger die Hände drücket,
Dann euch hier und da ein Nelkchen pflücket:
Meine Theuern, denkt auch mein einmal!

Aber, bis wir dort uns wiederschauen,
Denket auch in meiner Ferne mein!
Denket mein, die ihr in diesen Auen
Mich umfinget sonder Schmink' und Schein!
Wann ihr wandelt, wo die hohen Rüstern
In des Abends Säusel schaurig lüstern,
Längs der weissen Kirchhofmauer flistern,
Meine Theuern, so gedenket mein!
Wann ihr irret in den alten Trümmern,
Wo im weitverheerten Burgrevier
Blasse Schatten auf dem Schutte wimmern,
Aller Kraft beraubt und aller Zier;
Wann dann in den dunkeln Fliedergängen
Leise Schauer euch die Brust beengen,
Und Erinn'rungen euch überdrängen,
Meine Trauten, o so sprecht von mir!
Wann ihr auf der Zisa braunen Gipfeln
Arm in Arm euch sonnt im Abendstrahl;
Wann es sauset in den Tannenwipfeln,
Und es dampft in Hochdorfs Wiesenthal;
Wann ihr starr dann in das Spätroth blicket,
Dann euch inniger die Hände drücket,
Dann euch hier und da ein Nelkchen pflücket:
Meine Theuern, denkt auch mein einmal!

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[162/0178] Aber, bis wir dort uns wiederschauen, Denket auch in meiner Ferne mein! Denket mein, die ihr in diesen Auen Mich umfinget sonder Schmink' und Schein! Wann ihr wandelt, wo die hohen Rüstern In des Abends Säusel schaurig lüstern, Längs der weissen Kirchhofmauer flistern, Meine Theuern, so gedenket mein! Wann ihr irret in den alten Trümmern, Wo im weitverheerten Burgrevier Blasse Schatten auf dem Schutte wimmern, Aller Kraft beraubt und aller Zier; Wann dann in den dunkeln Fliedergängen Leise Schauer euch die Brust beengen, Und Erinn'rungen euch überdrängen, Meine Trauten, o so sprecht von mir! Wann ihr auf der Zisa braunen Gipfeln Arm in Arm euch sonnt im Abendstrahl; Wann es sauset in den Tannenwipfeln, Und es dampft in Hochdorfs Wiesenthal; Wann ihr starr dann in das Spätroth blicket, Dann euch inniger die Hände drücket, Dann euch hier und da ein Nelkchen pflücket: Meine Theuern, denkt auch mein einmal!

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Zitationshilfe: Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen02_1798/178>, abgerufen am 23.04.2024.