Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798.Salem. Ich weiss es, ich glaub' es; ich kenne deinLieben. Auch werd' ich so schmerzlich dich schwerlich be- trüben. Doch, wenn ich den Becher der Liebe vergällte, Den Rücken dir kehrte, und fremde mich stellte; Dann würden dich höhnen die jauchzenden Rotten, Sie würden mit giftiger Lache dein spotten. Du würdest wohl anfangs dich härmen und grämen, Bald aber des wankenden Liebsten dich schämen. Sulamith. Mein Salem, du kannst nicht von Herzen be-trüben; Das wüsst ich -- drum würd' ich nicht müde, zu lieben. Ich würde dir folgen mit Seufzen und Sehnen; Ich würde dich flehen mit blutigen Thränen. Salem. Doch, wenn ich nun wimmern und flehen dichliesse, Und zornig hinab zum Abgrund dich stiesse; Dann würdest du denken: Er hat mich verlassen! Und drunten mit grimmigem Hasse mich hassen. Salem. Ich weiſs es, ich glaub' es; ich kenne deinLieben. Auch werd' ich so schmerzlich dich schwerlich be- trüben. Doch, wenn ich den Becher der Liebe vergällte, Den Rücken dir kehrte, und fremde mich stellte; Dann würden dich höhnen die jauchzenden Rotten, Sie würden mit giftiger Lache dein spotten. Du würdest wohl anfangs dich härmen und grämen, Bald aber des wankenden Liebsten dich schämen. Sulamith. Mein Salem, du kannst nicht von Herzen be-trüben; Das wüſst ich — drum würd' ich nicht müde, zu lieben. Ich würde dir folgen mit Seufzen und Sehnen; Ich würde dich flehen mit blutigen Thränen. Salem. Doch, wenn ich nun wimmern und flehen dichlieſse, Und zornig hinab zum Abgrund dich stieſse; Dann würdest du denken: Er hat mich verlassen! Und drunten mit grimmigem Hasse mich hassen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0395" n="349"/> <lg n="16"> <head><hi rendition="#g">Salem</hi>.</head><lb/> <l>Ich weiſs es, ich glaub' es; ich kenne dein</l><lb/> <l>Lieben.</l><lb/> <l>Auch werd' ich so schmerzlich dich schwerlich be-</l><lb/> <l>trüben.</l><lb/> <l>Doch, wenn ich den Becher der Liebe vergällte,</l><lb/> <l>Den Rücken dir kehrte, und fremde mich stellte;</l> </lg><lb/> <lg n="17"> <l>Dann würden dich höhnen die jauchzenden</l><lb/> <l>Rotten,</l><lb/> <l>Sie würden mit giftiger Lache dein spotten.</l><lb/> <l>Du würdest wohl anfangs dich härmen und grämen,</l><lb/> <l>Bald aber des wankenden Liebsten dich schämen.</l> </lg><lb/> <lg n="18"> <head><hi rendition="#g">Sulamith</hi>.</head><lb/> <l>Mein Salem, du kannst nicht von Herzen be-</l><lb/> <l>trüben;</l><lb/> <l>Das wüſst ich — drum würd' ich nicht müde, zu</l><lb/> <l>lieben.</l><lb/> <l>Ich würde dir folgen mit Seufzen und Sehnen;</l><lb/> <l>Ich würde dich flehen mit blutigen Thränen.</l> </lg><lb/> <lg n="19"> <head><hi rendition="#g">Salem</hi>.</head><lb/> <l>Doch, wenn ich nun wimmern und flehen dich</l><lb/> <l>lieſse,</l><lb/> <l>Und zornig hinab zum Abgrund dich stieſse;</l><lb/> <l>Dann würdest du denken: Er hat mich verlassen!</l><lb/> <l>Und drunten mit grimmigem Hasse mich hassen.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [349/0395]
Salem.
Ich weiſs es, ich glaub' es; ich kenne dein
Lieben.
Auch werd' ich so schmerzlich dich schwerlich be-
trüben.
Doch, wenn ich den Becher der Liebe vergällte,
Den Rücken dir kehrte, und fremde mich stellte;
Dann würden dich höhnen die jauchzenden
Rotten,
Sie würden mit giftiger Lache dein spotten.
Du würdest wohl anfangs dich härmen und grämen,
Bald aber des wankenden Liebsten dich schämen.
Sulamith.
Mein Salem, du kannst nicht von Herzen be-
trüben;
Das wüſst ich — drum würd' ich nicht müde, zu
lieben.
Ich würde dir folgen mit Seufzen und Sehnen;
Ich würde dich flehen mit blutigen Thränen.
Salem.
Doch, wenn ich nun wimmern und flehen dich
lieſse,
Und zornig hinab zum Abgrund dich stieſse;
Dann würdest du denken: Er hat mich verlassen!
Und drunten mit grimmigem Hasse mich hassen.
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