Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798.Süsser der Nachtigall Flöten, als aller Tumult der Einstens sass sie in ihrer vertraulichsten Laube. Das Geissblatt Duftete rings um sie her. Der Abend mit bräun- lichem Arme Hielt die Schöpfung umfangen, wie seine Braut der Verlobte. Sinnend sass sie und still, in ihrer geheimen Ge- danken Reine Ruhe gehüllt. Da stahlen sich klagende Töne Mit dem Hauche der Nacht zu ihr hin. Aus moo- siger Hütte Jenseit des Gartenwalles wehten sie her. Ihr Ge- lispel Schwebt' auf dem Fittig der Harfenklänge zur Laube des Fräuleins. "Warum bist du so schön in deinen thauenden Locken, Röthlicher Abend? Dein Freund jammert im einsamen Thal. Süſser der Nachtigall Flöten, als aller Tumult der Einstens saſs sie in ihrer vertraulichsten Laube. Das Geiſsblatt Duftete rings um sie her. Der Abend mit bräun- lichem Arme Hielt die Schöpfung umfangen, wie seine Braut der Verlobte. Sinnend saſs sie und still, in ihrer geheimen Ge- danken Reine Ruhe gehüllt. Da stahlen sich klagende Töne Mit dem Hauche der Nacht zu ihr hin. Aus moo- siger Hütte Jenseit des Gartenwalles wehten sie her. Ihr Ge- lispel Schwebt' auf dem Fittig der Harfenklänge zur Laube des Fräuleins. „Warum bist du so schön in deinen thauenden Locken, Röthlicher Abend? Dein Freund jammert im einsamen Thal. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="11"> <pb facs="#f0307" n="261"/> <l>Süſser der Nachtigall Flöten, als aller Tumult der</l><lb/> <l>Konzerte,</l><lb/> <l>Schöner die sternige Nacht, als der kerzenstrahlende</l><lb/> <l>Tanzsaal.</l> </lg><lb/> <lg n="12"> <l>Einstens saſs sie in ihrer vertraulichsten Laube.</l><lb/> <l>Das Geiſsblatt</l><lb/> <l>Duftete rings um sie her. Der Abend mit bräun-</l><lb/> <l>lichem Arme</l><lb/> <l>Hielt die Schöpfung umfangen, wie seine Braut</l><lb/> <l>der Verlobte.</l><lb/> <l>Sinnend saſs sie und still, in ihrer geheimen Ge-</l><lb/> <l>danken</l><lb/> <l>Reine Ruhe gehüllt. Da stahlen sich klagende</l><lb/> <l>Töne</l><lb/> <l>Mit dem Hauche der Nacht zu ihr hin. Aus moo-</l><lb/> <l>siger Hütte</l><lb/> <l>Jenseit des Gartenwalles wehten sie her. Ihr Ge-</l><lb/> <l>lispel</l><lb/> <l>Schwebt' auf dem Fittig der Harfenklänge zur Laube</l><lb/> <l>des Fräuleins.</l> </lg><lb/> <lg n="13"> <l>„Warum bist du so schön in deinen thauenden</l><lb/> <l>Locken,</l><lb/> <l>Röthlicher Abend? Dein Freund jammert</l><lb/> <l>im einsamen Thal.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [261/0307]
Süſser der Nachtigall Flöten, als aller Tumult der
Konzerte,
Schöner die sternige Nacht, als der kerzenstrahlende
Tanzsaal.
Einstens saſs sie in ihrer vertraulichsten Laube.
Das Geiſsblatt
Duftete rings um sie her. Der Abend mit bräun-
lichem Arme
Hielt die Schöpfung umfangen, wie seine Braut
der Verlobte.
Sinnend saſs sie und still, in ihrer geheimen Ge-
danken
Reine Ruhe gehüllt. Da stahlen sich klagende
Töne
Mit dem Hauche der Nacht zu ihr hin. Aus moo-
siger Hütte
Jenseit des Gartenwalles wehten sie her. Ihr Ge-
lispel
Schwebt' auf dem Fittig der Harfenklänge zur Laube
des Fräuleins.
„Warum bist du so schön in deinen thauenden
Locken,
Röthlicher Abend? Dein Freund jammert
im einsamen Thal.
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