Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite
"Ach Mutter vergebt, Herzmutter verzeiht!
"Ritter Ingild, der Wackre, hat um mich gefreyt."
"Ritter Ingild, der Kecke, thät um dich
freyn?
"Was gab er dir denn für die Ehre dein?"
"Er gab mir ein rothseidenes Kleid.
"Ach, aber ich trug es mit Jammer und Leid.
"Er gab mir ein Paar silberspangige Schuh.
"Ach aber, sie la'n mir nicht Rast noch Ruh.
"Er gab mir eine Harfe von Gold,
"Die meinen Jammer beschwichtigen sollt.
"Nun, Tochter, ich schwöre beym heiligen
Gott!
"Ihr beyde müsst sterben den schmählichsten Tod.
"Ritter Ingild muss hangen hoch oben auf Gaal,
"Und brennen musst du tief unten im Thal."
Schön Sidselil nahm ihre Harfe gut,
Zu schwichtigen ihren traurigen Muth.
Sie schlich wohl hin im Mondenschein
Vor Ritter Ingilds Kämmerlein.
„Ach Mutter vergebt, Herzmutter verzeiht!
„Ritter Ingild, der Wackre, hat um mich gefreyt.“
„Ritter Ingild, der Kecke, thät um dich
freyn?
„Was gab er dir denn für die Ehre dein?“
„Er gab mir ein rothseidenes Kleid.
„Ach, aber ich trug es mit Jammer und Leid.
„Er gab mir ein Paar silberspangige Schuh.
„Ach aber, sie la'n mir nicht Rast noch Ruh.
„Er gab mir eine Harfe von Gold,
„Die meinen Jammer beschwichtigen sollt.
„Nun, Tochter, ich schwöre beym heiligen
Gott!
„Ihr beyde müſst sterben den schmählichsten Tod.
„Ritter Ingild muſs hangen hoch oben auf Gaal,
„Und brennen muſst du tief unten im Thal.“
Schön Sidselil nahm ihre Harfe gut,
Zu schwichtigen ihren traurigen Muth.
Sie schlich wohl hin im Mondenschein
Vor Ritter Ingilds Kämmerlein.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0268" n="226"/>
            <lg n="5">
              <l>&#x201E;Ach Mutter vergebt, Herzmutter verzeiht!</l><lb/>
              <l>&#x201E;Ritter Ingild, der Wackre, hat um mich gefreyt.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>&#x201E;Ritter Ingild, der Kecke, thät um dich</l><lb/>
              <l>freyn?</l><lb/>
              <l>&#x201E;Was gab er dir denn für die Ehre dein?&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>&#x201E;Er gab mir ein rothseidenes Kleid.</l><lb/>
              <l>&#x201E;Ach, aber ich trug es mit Jammer und Leid.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="8">
              <l>&#x201E;Er gab mir ein Paar silberspangige Schuh.</l><lb/>
              <l>&#x201E;Ach aber, sie la'n mir nicht Rast noch Ruh.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="9">
              <l>&#x201E;Er gab mir eine Harfe von Gold,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Die meinen Jammer beschwichtigen sollt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="10">
              <l>&#x201E;Nun, Tochter, ich schwöre beym heiligen</l><lb/>
              <l>Gott!</l><lb/>
              <l>&#x201E;Ihr beyde mü&#x017F;st sterben den schmählichsten Tod.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="11">
              <l>&#x201E;Ritter Ingild mu&#x017F;s hangen hoch oben auf Gaal,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Und brennen mu&#x017F;st du tief unten im Thal.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="12">
              <l>Schön Sidselil nahm ihre Harfe gut,</l><lb/>
              <l>Zu schwichtigen ihren traurigen Muth.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="13">
              <l>Sie schlich wohl hin im Mondenschein</l><lb/>
              <l>Vor Ritter Ingilds Kämmerlein.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[226/0268] „Ach Mutter vergebt, Herzmutter verzeiht! „Ritter Ingild, der Wackre, hat um mich gefreyt.“ „Ritter Ingild, der Kecke, thät um dich freyn? „Was gab er dir denn für die Ehre dein?“ „Er gab mir ein rothseidenes Kleid. „Ach, aber ich trug es mit Jammer und Leid. „Er gab mir ein Paar silberspangige Schuh. „Ach aber, sie la'n mir nicht Rast noch Ruh. „Er gab mir eine Harfe von Gold, „Die meinen Jammer beschwichtigen sollt. „Nun, Tochter, ich schwöre beym heiligen Gott! „Ihr beyde müſst sterben den schmählichsten Tod. „Ritter Ingild muſs hangen hoch oben auf Gaal, „Und brennen muſst du tief unten im Thal.“ Schön Sidselil nahm ihre Harfe gut, Zu schwichtigen ihren traurigen Muth. Sie schlich wohl hin im Mondenschein Vor Ritter Ingilds Kämmerlein.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen01_1798/268
Zitationshilfe: Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen01_1798/268>, abgerufen am 25.11.2024.