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Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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Und Jungfraun, die zu ewger Reinigkeit
Sich Gott gelobten; Bräut' und Jünglinge,
Die Lipp' auf Lippen ihren Lebensgeist
Ins All der Liebe heiss ausathmeten.
So däucht' es mir; so klang dem Schwärmenden
Des Schwanes melancholischer Gesang.

Und stiller ward der Schwärmer, lauschete
Und athmete noch leiser, dass ihm nicht
Des Liedes schwächster Laut entschlüpfte. -- Schau!
Da stieg ein Schwarm von Geyern, Kranichen,
Von Störchen, Raben, Kibitz, und was sonst
Unreinen Viehs im blauen Aether schwimmt,
Wildkreischend in die Wolken. Gottes Tag
Verdüsterte der Schwarm; sein Zeterschrey,
Sein heisres Krächzen überwältigte
Des schönen Sängers schmelzenden Gesang.
Und ich ergrimmt' im Geist. Mein Herz erschwoll
In bitterm Unmuth, dass des Kläffers Hohn
Dich, heil'ge Unschuld, vergewaltigte.
Ich wälzte mich am blumenvollen Strand,
Erquetschte Veilchen und Vergissmeinnicht,
Entrauft' erzürnt dem wilden Rosenstrauch
Sein grünes Haar, und streut' es in den Wind.
Nicht so der Schwan. Gross, schweigend und in Ruh
Der Unschuld rudert' er den Fluss entlang.
Sein Schneegefieder glänzte durch die Nacht

Und Jungfraun, die zu ewger Reinigkeit
Sich Gott gelobten; Bräut' und Jünglinge,
Die Lipp' auf Lippen ihren Lebensgeist
Ins All der Liebe heiſs ausathmeten.
So däucht' es mir; so klang dem Schwärmenden
Des Schwanes melancholischer Gesang.

Und stiller ward der Schwärmer, lauschete
Und athmete noch leiser, daſs ihm nicht
Des Liedes schwächster Laut entschlüpfte. — Schau!
Da stieg ein Schwarm von Geyern, Kranichen,
Von Störchen, Raben, Kibitz, und was sonst
Unreinen Viehs im blauen Aether schwimmt,
Wildkreischend in die Wolken. Gottes Tag
Verdüsterte der Schwarm; sein Zeterschrey,
Sein heisres Krächzen überwältigte
Des schönen Sängers schmelzenden Gesang.
Und ich ergrimmt' im Geist. Mein Herz erschwoll
In bitterm Unmuth, daſs des Kläffers Hohn
Dich, heil'ge Unschuld, vergewaltigte.
Ich wälzte mich am blumenvollen Strand,
Erquetschte Veilchen und Vergiſsmeinnicht,
Entrauft' erzürnt dem wilden Rosenstrauch
Sein grünes Haar, und streut' es in den Wind.
Nicht so der Schwan. Groſs, schweigend und in Ruh
Der Unschuld rudert' er den Fluſs entlang.
Sein Schneegefieder glänzte durch die Nacht
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[95/0135] Und Jungfraun, die zu ewger Reinigkeit Sich Gott gelobten; Bräut' und Jünglinge, Die Lipp' auf Lippen ihren Lebensgeist Ins All der Liebe heiſs ausathmeten. So däucht' es mir; so klang dem Schwärmenden Des Schwanes melancholischer Gesang. Und stiller ward der Schwärmer, lauschete Und athmete noch leiser, daſs ihm nicht Des Liedes schwächster Laut entschlüpfte. — Schau! Da stieg ein Schwarm von Geyern, Kranichen, Von Störchen, Raben, Kibitz, und was sonst Unreinen Viehs im blauen Aether schwimmt, Wildkreischend in die Wolken. Gottes Tag Verdüsterte der Schwarm; sein Zeterschrey, Sein heisres Krächzen überwältigte Des schönen Sängers schmelzenden Gesang. Und ich ergrimmt' im Geist. Mein Herz erschwoll In bitterm Unmuth, daſs des Kläffers Hohn Dich, heil'ge Unschuld, vergewaltigte. Ich wälzte mich am blumenvollen Strand, Erquetschte Veilchen und Vergiſsmeinnicht, Entrauft' erzürnt dem wilden Rosenstrauch Sein grünes Haar, und streut' es in den Wind. Nicht so der Schwan. Groſs, schweigend und in Ruh Der Unschuld rudert' er den Fluſs entlang. Sein Schneegefieder glänzte durch die Nacht

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Zitationshilfe: Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen01_1798/135>, abgerufen am 22.11.2024.