Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kortum, Carl Arnold: Die Jobsiade. Bd. 3. Dortmund, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite

Nahm, dies bemerkte Er schon einige Zeit,
Augenscheinlich ab an Lebhaftigkeit.

3. Zwar versah sie ziemlich alle Geschäfte,
Es fehlten Ihr auch eigentlich dazu keine
Kräfte
Und sie befolgte treulich spät und früh,
Die beste Aufsicht in der Oekonomie.
4. Allein, sie schien oft in Gedanken zerstreuet,
Ward durch gewöhnliche Sachen nicht erfreuet,
Und man sah, daß sie nicht so gar flink,
Wie vormals, in allem zu Werke gieng.
5. Auch Seufzer so wohl publice als im Stillen,
Entstiegen oft der Brust ohne ihrem Willen,
Wenn sie bei ihrem Spinnrädchen saß,
Oder gar indem sie trank oder aß.
6. Ja, man sah nicht selten auf ihrem Backen-
päärchen,
Hangen einige perlfarbene Zährchen,
Und ihre klaren blauen Aeugelein,
Waren oft roth, naß und unrein.
7. Auch hörte man einigemal in ihrer Schlafkam-
mer,
Des Nachts ein heimliches Stöhnen und Ge-
jammer;
Und dennoch sagte oder klagte sie,
Ihr dringendes heimliches Anliegen nie.
8. Auch

Nahm, dies bemerkte Er ſchon einige Zeit,
Augenſcheinlich ab an Lebhaftigkeit.

3. Zwar verſah ſie ziemlich alle Geſchaͤfte,
Es fehlten Ihr auch eigentlich dazu keine
Kraͤfte
Und ſie befolgte treulich ſpaͤt und fruͤh,
Die beſte Aufſicht in der Oekonomie.
4. Allein, ſie ſchien oft in Gedanken zerſtreuet,
Ward durch gewoͤhnliche Sachen nicht erfreuet,
Und man ſah, daß ſie nicht ſo gar flink,
Wie vormals, in allem zu Werke gieng.
5. Auch Seufzer ſo wohl publice als im Stillen,
Entſtiegen oft der Bruſt ohne ihrem Willen,
Wenn ſie bei ihrem Spinnraͤdchen ſaß,
Oder gar indem ſie trank oder aß.
6. Ja, man ſah nicht ſelten auf ihrem Backen-
paͤaͤrchen,
Hangen einige perlfarbene Zaͤhrchen,
Und ihre klaren blauen Aeugelein,
Waren oft roth, naß und unrein.
7. Auch hoͤrte man einigemal in ihrer Schlafkam-
mer,
Des Nachts ein heimliches Stoͤhnen und Ge-
jammer;
Und dennoch ſagte oder klagte ſie,
Ihr dringendes heimliches Anliegen nie.
8. Auch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="2">
            <pb facs="#f0051" n="29"/>
            <l>Nahm, dies bemerkte Er &#x017F;chon einige Zeit,</l><lb/>
            <l>Augen&#x017F;cheinlich ab an Lebhaftigkeit.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="3">
            <l>3. Zwar ver&#x017F;ah &#x017F;ie ziemlich alle Ge&#x017F;cha&#x0364;fte,</l><lb/>
            <l>Es fehlten Ihr auch eigentlich dazu keine</l><lb/>
            <l>Kra&#x0364;fte</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;ie befolgte treulich &#x017F;pa&#x0364;t und fru&#x0364;h,</l><lb/>
            <l>Die be&#x017F;te Auf&#x017F;icht in der Oekonomie.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="4">
            <l>4. Allein, &#x017F;ie &#x017F;chien oft in Gedanken zer&#x017F;treuet,</l><lb/>
            <l>Ward durch gewo&#x0364;hnliche Sachen nicht erfreuet,</l><lb/>
            <l>Und man &#x017F;ah, daß &#x017F;ie nicht &#x017F;o gar flink,</l><lb/>
            <l>Wie vormals, in allem zu Werke gieng.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="5">
            <l>5. Auch Seufzer &#x017F;o wohl publice als im Stillen,</l><lb/>
            <l>Ent&#x017F;tiegen oft der Bru&#x017F;t ohne ihrem Willen,</l><lb/>
            <l>Wenn &#x017F;ie bei ihrem Spinnra&#x0364;dchen &#x017F;aß,</l><lb/>
            <l>Oder gar indem &#x017F;ie trank oder aß.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="6">
            <l>6. Ja, man &#x017F;ah nicht &#x017F;elten auf ihrem Backen-</l><lb/>
            <l>pa&#x0364;a&#x0364;rchen,</l><lb/>
            <l>Hangen einige perlfarbene Za&#x0364;hrchen,</l><lb/>
            <l>Und ihre klaren blauen Aeugelein,</l><lb/>
            <l>Waren oft roth, naß und unrein.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="7">
            <l>7. Auch ho&#x0364;rte man einigemal in ihrer Schlafkam-</l><lb/>
            <l>mer,</l><lb/>
            <l>Des Nachts ein heimliches Sto&#x0364;hnen und Ge-</l><lb/>
            <l>jammer;</l><lb/>
            <l>Und dennoch &#x017F;agte oder klagte &#x017F;ie,</l><lb/>
            <l>Ihr dringendes heimliches Anliegen nie.</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">8. Auch</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[29/0051] Nahm, dies bemerkte Er ſchon einige Zeit, Augenſcheinlich ab an Lebhaftigkeit. 3. Zwar verſah ſie ziemlich alle Geſchaͤfte, Es fehlten Ihr auch eigentlich dazu keine Kraͤfte Und ſie befolgte treulich ſpaͤt und fruͤh, Die beſte Aufſicht in der Oekonomie. 4. Allein, ſie ſchien oft in Gedanken zerſtreuet, Ward durch gewoͤhnliche Sachen nicht erfreuet, Und man ſah, daß ſie nicht ſo gar flink, Wie vormals, in allem zu Werke gieng. 5. Auch Seufzer ſo wohl publice als im Stillen, Entſtiegen oft der Bruſt ohne ihrem Willen, Wenn ſie bei ihrem Spinnraͤdchen ſaß, Oder gar indem ſie trank oder aß. 6. Ja, man ſah nicht ſelten auf ihrem Backen- paͤaͤrchen, Hangen einige perlfarbene Zaͤhrchen, Und ihre klaren blauen Aeugelein, Waren oft roth, naß und unrein. 7. Auch hoͤrte man einigemal in ihrer Schlafkam- mer, Des Nachts ein heimliches Stoͤhnen und Ge- jammer; Und dennoch ſagte oder klagte ſie, Ihr dringendes heimliches Anliegen nie. 8. Auch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kortum_jobsiade03_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kortum_jobsiade03_1799/51
Zitationshilfe: Kortum, Carl Arnold: Die Jobsiade. Bd. 3. Dortmund, 1799, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kortum_jobsiade03_1799/51>, abgerufen am 21.11.2024.