und nachher als Märtirerin ihrer Wissenschaft verbrannt wurde.
Die Frau Kindbetterin kehrte sich zwar nicht sonderlich an diese Sage der Frau Stripps, behielt aber doch ihre Worte in einem feinen gu- ten Herzen. Der Kindsvater Peter Schlunz aber erklärte alles rundaus für Dummerey; denn er war ein halber Freigeist, ging weder zur Messe, noch zur Kirche, achtete weder Qua- tember noch Fasttage, sondern fraß ohne Unter- terschied, was ihm vorkam, sof sich auch, wenn er es haben konnte, selbst auf Sonn- und Hei- ligentagen toll und voll, trieb dabei seine Schlot- fegerskunst oft sehr nachlässig und machte ne- benbei sich kein Gewissen daraus, wenn er ge- legentlich aus den Schorsteinen Würste und Speckseiten, oder von den Kornböden und Vor- rathskammern Getraide und trocknes Obst mau- sen konnte.
Elsabens Erziehung.
Elsabe bekam nach und nach mehr Geschwister, welche alle dem Bilde des Meisters Kneif
und nachher als Maͤrtirerin ihrer Wiſſenſchaft verbrannt wurde.
Die Frau Kindbetterin kehrte ſich zwar nicht ſonderlich an dieſe Sage der Frau Stripps, behielt aber doch ihre Worte in einem feinen gu- ten Herzen. Der Kindsvater Peter Schlunz aber erklaͤrte alles rundaus fuͤr Dummerey; denn er war ein halber Freigeiſt, ging weder zur Meſſe, noch zur Kirche, achtete weder Qua- tember noch Faſttage, ſondern fraß ohne Unter- terſchied, was ihm vorkam, ſof ſich auch, wenn er es haben konnte, ſelbſt auf Sonn- und Hei- ligentagen toll und voll, trieb dabei ſeine Schlot- fegerskunſt oft ſehr nachlaͤſſig und machte ne- benbei ſich kein Gewiſſen daraus, wenn er ge- legentlich aus den Schorſteinen Wuͤrſte und Speckſeiten, oder von den Kornboͤden und Vor- rathskammern Getraide und trocknes Obſt mau- ſen konnte.
Elſabens Erziehung.
Elſabe bekam nach und nach mehr Geſchwiſter, welche alle dem Bilde des Meiſters Kneif
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und nachher als Maͤrtirerin ihrer Wiſſenſchaft
verbrannt wurde.
Die Frau Kindbetterin kehrte ſich zwar nicht
ſonderlich an dieſe Sage der Frau Stripps,
behielt aber doch ihre Worte in einem feinen gu-
ten Herzen. Der Kindsvater Peter Schlunz
aber erklaͤrte alles rundaus fuͤr Dummerey; denn
er war ein halber Freigeiſt, ging weder zur
Meſſe, noch zur Kirche, achtete weder Qua-
tember noch Faſttage, ſondern fraß ohne Unter-
terſchied, was ihm vorkam, ſof ſich auch, wenn
er es haben konnte, ſelbſt auf Sonn- und Hei-
ligentagen toll und voll, trieb dabei ſeine Schlot-
fegerskunſt oft ſehr nachlaͤſſig und machte ne-
benbei ſich kein Gewiſſen daraus, wenn er ge-
legentlich aus den Schorſteinen Wuͤrſte und
Speckſeiten, oder von den Kornboͤden und Vor-
rathskammern Getraide und trocknes Obſt mau-
ſen konnte.
Elſabens Erziehung.
Elſabe bekam nach und nach mehr Geſchwiſter,
welche alle dem Bilde des Meiſters Kneif
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Kortum, Carl Arnold: Die Jobsiade. Bd. 3. Dortmund, 1799, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kortum_jobsiade03_1799/216>, abgerufen am 16.02.2025.
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