Kopisch, August: Der Träumer. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–67. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.und Gespenstern und Teufelsschlangen und Theaterdrachen, die sie von allen Seiten zu verschlingen drohten. Er machte sich eben vom Takelwerk eines römischen Schiffes los, als ein junger freundlicher Mann mit dem Kopf aus der Thür sah: Giovanni! -- Sacchetti! und die Jünglinge lagen sich in den Armen. Herzensfreund, besuchst du mich einmal? Sei willkommen! Womit kann ich dienen? Lieber Sacchetti, ich komme hier mit meinem Freunde, dem Herrn Notar Ciccio Camarano, rette mir das Leben; du kannst es! Wie, das Leben? will dich Jemand umbringen? Mit dieser Herculeskeule stehe ich dir bei, wer bringt dich um? rief Sacchetti und ergriff eine papier'ne Keule. Die Liebe; hilf mir du! Von Herzen gern, wenn ich kann! rief Sacchetti und führte die Freunde in eine Malerwerkstatt, worin es noch wunderlicher aussah, als vor der Thür. Alles stand voll von Räderwerk und Teufelsspuk und Feerei. Ueberall stolperte man über Stricke, Kloben und Winden, Farbentöpfe, Pinsel und gerollte Leinewanden. . . . Hier ist wenig Platz, rief Sacchetti: ihr müßt Geduld haben, kommt hier hinan! Damit führte er sie einige Stufen hinauf, und sie nahmen auf Wolken vor einer vergoldeten Sonne Platz. So, setzen wir uns hier! In diesem Himmel, vor dieser hellen Sonne und Gespenstern und Teufelsschlangen und Theaterdrachen, die sie von allen Seiten zu verschlingen drohten. Er machte sich eben vom Takelwerk eines römischen Schiffes los, als ein junger freundlicher Mann mit dem Kopf aus der Thür sah: Giovanni! — Sacchetti! und die Jünglinge lagen sich in den Armen. Herzensfreund, besuchst du mich einmal? Sei willkommen! Womit kann ich dienen? Lieber Sacchetti, ich komme hier mit meinem Freunde, dem Herrn Notar Ciccio Camarano, rette mir das Leben; du kannst es! Wie, das Leben? will dich Jemand umbringen? Mit dieser Herculeskeule stehe ich dir bei, wer bringt dich um? rief Sacchetti und ergriff eine papier'ne Keule. Die Liebe; hilf mir du! Von Herzen gern, wenn ich kann! rief Sacchetti und führte die Freunde in eine Malerwerkstatt, worin es noch wunderlicher aussah, als vor der Thür. Alles stand voll von Räderwerk und Teufelsspuk und Feerei. Ueberall stolperte man über Stricke, Kloben und Winden, Farbentöpfe, Pinsel und gerollte Leinewanden. . . . Hier ist wenig Platz, rief Sacchetti: ihr müßt Geduld haben, kommt hier hinan! Damit führte er sie einige Stufen hinauf, und sie nahmen auf Wolken vor einer vergoldeten Sonne Platz. So, setzen wir uns hier! In diesem Himmel, vor dieser hellen Sonne <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0050"/> und Gespenstern und Teufelsschlangen und Theaterdrachen, die sie von allen Seiten zu verschlingen drohten. Er machte sich eben vom Takelwerk eines römischen Schiffes los, als ein junger freundlicher Mann mit dem Kopf aus der Thür sah: Giovanni! — Sacchetti! und die Jünglinge lagen sich in den Armen.</p><lb/> <p>Herzensfreund, besuchst du mich einmal? Sei willkommen! Womit kann ich dienen?</p><lb/> <p>Lieber Sacchetti, ich komme hier mit meinem Freunde, dem Herrn Notar Ciccio Camarano, rette mir das Leben; du kannst es!</p><lb/> <p>Wie, das Leben? will dich Jemand umbringen? Mit dieser Herculeskeule stehe ich dir bei, wer bringt dich um? rief Sacchetti und ergriff eine papier'ne Keule.</p><lb/> <p>Die Liebe; hilf mir du!</p><lb/> <p>Von Herzen gern, wenn ich kann! rief Sacchetti und führte die Freunde in eine Malerwerkstatt, worin es noch wunderlicher aussah, als vor der Thür. Alles stand voll von Räderwerk und Teufelsspuk und Feerei. Ueberall stolperte man über Stricke, Kloben und Winden, Farbentöpfe, Pinsel und gerollte Leinewanden. . . . Hier ist wenig Platz, rief Sacchetti: ihr müßt Geduld haben, kommt hier hinan! Damit führte er sie einige Stufen hinauf, und sie nahmen auf Wolken vor einer vergoldeten Sonne Platz. So, setzen wir uns hier! In diesem Himmel, vor dieser hellen Sonne<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0050]
und Gespenstern und Teufelsschlangen und Theaterdrachen, die sie von allen Seiten zu verschlingen drohten. Er machte sich eben vom Takelwerk eines römischen Schiffes los, als ein junger freundlicher Mann mit dem Kopf aus der Thür sah: Giovanni! — Sacchetti! und die Jünglinge lagen sich in den Armen.
Herzensfreund, besuchst du mich einmal? Sei willkommen! Womit kann ich dienen?
Lieber Sacchetti, ich komme hier mit meinem Freunde, dem Herrn Notar Ciccio Camarano, rette mir das Leben; du kannst es!
Wie, das Leben? will dich Jemand umbringen? Mit dieser Herculeskeule stehe ich dir bei, wer bringt dich um? rief Sacchetti und ergriff eine papier'ne Keule.
Die Liebe; hilf mir du!
Von Herzen gern, wenn ich kann! rief Sacchetti und führte die Freunde in eine Malerwerkstatt, worin es noch wunderlicher aussah, als vor der Thür. Alles stand voll von Räderwerk und Teufelsspuk und Feerei. Ueberall stolperte man über Stricke, Kloben und Winden, Farbentöpfe, Pinsel und gerollte Leinewanden. . . . Hier ist wenig Platz, rief Sacchetti: ihr müßt Geduld haben, kommt hier hinan! Damit führte er sie einige Stufen hinauf, und sie nahmen auf Wolken vor einer vergoldeten Sonne Platz. So, setzen wir uns hier! In diesem Himmel, vor dieser hellen Sonne
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Zitationshilfe: | Kopisch, August: Der Träumer. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–67. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kopisch_traeumer_1910/50>, abgerufen am 16.07.2024. |